Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Haushaltsbücher ab und gab sich redliche Mühe, Mammy daran zu hindern, ihren Mann und ihre Kinder aus den Beständen der Herrenhausküche zu ernähren. Das war ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen, denn Mammy war nur eine von Zahllosen, und außerdem stellte sie eine nicht zu unterschätzende Macht dar. Es befanden sich insgesamt elf Bedienstete im Hause. Eleanor fand, daß mindestens fünf von ihnen überflüssig seien, aber ihr Vorschlag, sie zu verabschieden, fand bei Kester taube Ohren. Außer den elf liefen noch mehrere Negerjungen im Hause herum. Sie kamen dann und wann von der Plantage herübergeschlendert und erkundigten sich, ob die junge Miß keine Beschäftigung für sie habe; tatsächlich ging es ihnen nur darum, aus Mammys großmütiger Hand ein paar kalte Biskuits oder ähnliche Leckereien zu erhalten. Eleanor richtete in ihrem Haushaltsbuch für diese und ähnliche Dinge eine Spalte ›Sinnlose, leider unvermeidliche Ausgaben‹ ein und ließ die Sachen weiterlaufen. Kester lachte zu ihren Bemühungen, er fand sie wie vieles an ihr töricht, aber reizvoll und war stets geneigt, ihr in Kleinigkeiten nachzugeben.
»Du bist ein erstaunliches Mädchen«, sagte Violet Purcell einmal zu ihr. »Mach nicht so ein unschuldiges Gesicht, geradeso, als wüßtest du gar nicht, daß du mit dem unwiderstehlichsten Herzensbrecher der Vereinigten Staaten verheiratet bist. Erinnerst du dich daran, was Washington Irving einmal geschrieben hat?«
Eleanor schüttelte den Kopf.
Violet zitierte aus dem Gedächtnis: »›Einer, der tausend einfache Herzen gewinnt, mag sich billig rühmen, wem es aber gelingt, den unbestrittenen Sieg über das Herz einer Koketten zu erringen, der ist ein Held.‹ Das Zitat spricht von einem Mann«, sagte sie, »aber du brauchst es nur umzukehren, und es gilt für dich. Eleanor, wie machst du das bloß?«
Eleanor lachte und antwortete, sie wisse es nicht, aber insgeheim war sie entzückt. Daß sie Kester liebte, schien ihr keiner Erklärung zu bedürfen; wie hätte eine Frau ihn nicht lieben sollen? Aber daß Kester sie liebte, das erschien ihr wie ein unfaßbares Wunder. Und sie war dankbar für jeden Beweis seiner Liebe.
Kester unternahm ziemlich häufig Fahrten nach New Orleans, manchmal mit ihr zusammen, zuweilen auch ohne sie. In letzteren Fällen brachte er stets irgendwelche kostbaren, aber ziemlich sinnlosen Geschenke für sie mit: Einsteckkämme mit Bergkristallschmuck, gekreppte Seidenhemden, taftseidene Unterröcke, die beim Schreiten knisterten. Zu Weihnachten schenkte er ihr eine Uhr, die an einer langen Kette um den Hals getragen und in den Gürtel gesteckt wurde. Er hatte ein Kärtchen an die Kette geheftet und darauf in neun Sprachen geschrieben: ›Ich liebe dich!‹ Er hatte einen ganzen Vormittag in der Bibliothek von Tulane zugebracht, um diese Leistung fertigzubringen.
Nach Neujahr entdeckte Eleanor, daß sie ein Kind erwartete. Es verursachte ihr einen gelinden Schrecken, denn obgleich sie selbstverständlich mit Kindern gerechnet hatte, wäre es ihr doch ganz recht gewesen, wenn sie ein bis zwei Jahre sorglosen Eheglücks gehabt hätte, um sich darauf vorzubereiten. Zudem war sie sich durchaus nicht klar darüber, wie Kester die Neuigkeit aufnehmen würde. Er hatte zwar oft geäußert, daß er Kinder liebe, aber sie hatte ihn heimlich im Verdacht, daß er nicht ganz klare Vorstellungen von Wesen und Bedeutung der Vaterschaft habe. Sie selbst hatte als älteste von sechs Geschwistern zu oft das Kindermädchen spielen müssen, um sich engelhaften Vorstellungen und übertriebenen Illusionen hinzugeben.
Aber als sie es Kester mitteilte, zeigte er sich vor Freude ganz aufgeregt. Sogleich erzählte er die Neuigkeit allen seinen Bekannten, mit der naiven Freude eines kleinen Jungen, dem man ein Fahrrad versprochen hat. Er stieg in die Dachkammer hinauf und brachte eine aus Rosenholz geschnitzte Wiege herunter, in der zahllose Larne-Kinder gestrampelt hatten, und stellte sie sechs Monate vor dem erwarteten Ereignis in dem alten Kinderzimmer auf. Und nun strömte es wieder von allen Seiten herbei; die Freunde und Bekannten des Hauses stellten sich ein, um im voraus ihre Glückwünsche und allerlei kleine Geschenke anzubringen. Da gab es silberne Fingerhüte, Musseline und andere Gewebe, die Eleanor in eine Schublade legte, da sie nicht nähen konnte und somit keinerlei Verwendung dafür hatte, zumal die benötigte Babyausstattung komplett in New Orleans bestellt wurde.
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