Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
eine Dame in meiner Verfassung außerhalb ihres eigenen Gartentores zeigen würde?«
»Du meinst, sie würden dich nicht ausgehen lassen? Aber was machst du für Übungen?«
»Übungen? Oh, ich pflücke zum Beispiel Blumen im Garten«, erklärte sie mit schalkhaftem Lächeln. »Selbstverständlich in Begleitung eines unserer Mädchen, die mir wie ein Schatten folgt und dafür sorgt, daß mich nicht etwa ein Grashüpfer erschreckt.«
Fred Upjohn ließ sich auf einem der zierlichen Stühle nieder, die eigentlich nicht für Figuren wie ihn gedacht waren. Seine Augen schweiften über sie hinweg. »Ich muß daran denken«, sagte er, »als deine Mutter mit dir im gleichen Zustand war, mußte sie täglich drei Mahlzeiten für sechs Männer kochen.«
»Meine Mutter«, sagte Eleanor lächelnd, »war auch nicht mit Kester Larne verheiratet.« Sie beugte sich zu ihm vor. »Pa«, sagte sie, »zieh doch nicht so ein Gesicht. Mir fehlt nichts. Ich ersticke fast in Magnolien, aber ich kann nicht sagen, daß es mir mißfällt.«
Fred hockte reichlich ungeschickt auf dem kleinen Stuhl, offenbar fürchtete er selbst, das zierliche Möbel würde unter ihm zerbrechen.
»Ich habe den Eindruck, daß das alles nicht im geringsten zu dir paßt«, sagte er langsam.
Eleanor biß auf ihren Finger und lachte ihn an.
»Aber du bist das eleganteste Mädchen geworden, das ich jemals gesehen habe«, fügte Fred hinzu.
Was sind wir für Menschen, daß uns unsere tiefsten Freuden zum Lachen reizen! dachte Eleanor. Sie vermochte dem Vater Tiefe und Weite ihres Glückes nicht zu erklären. Sie konnte ihm nicht sagen, was sie fühlte, wenn Kester ins Zimmer trat und ein flüchtiges Lächeln mit ihr tauschte. Kester und sie neckten sich oft, lachten über ihre gegenseitigen Fehler und waren dabei stets in geheimem Einverständnis. Sie konnte Fred nicht bewußt machen, was sie empfand, wenn sie in Kesters Armen lag. Aber eigentlich sollte Fred das alles auch so begreifen. Daß er es anscheinend nicht begriff, verwirrte und verletzte sie. Ich bin der erste Mensch, der es unternommen hat, seinen Zorn zu reizen, dachte sie, da darf ich mich nicht über sein Mißvergnügen wundern. So schlimm es war, im Grunde war sie erleichtert, als er ging. Daß es so war, bedrückte sie tief; es machte sie schuldig vor ihrem Gefühl.
III
D as Kind wurde im Oktober geboren. Kester benahm sich so, wie jeder, der ihn kannte, es hätte voraussagen können: er lief aufgeregt durch das Haus, durchquerte mit langen Schritten die Halle, weigerte sich, zu essen, wurde krank vom Geruch des Chloroforms, betrat in den ungeeignetsten Augenblicken das Entbindungszimmer, um sich zu vergewissern, daß Eleanor nicht im Sterben liege und gab sich redliche Mühe, allen anderen lästig zu fallen. Als die Schwester gegen sechs Uhr nachmittags erschien, um ihm mitzuteilen, daß ihm eine Tochter geboren worden sei, stöhnte er: »Gott sei Dank! Sie wenigstens wird so etwas nie durchmachen müssen!« Damit stürzte er in das Schlafzimmer und mußte von Dr. Purcell gewaltsam zurückgehalten werden, daß er Eleanor nicht durch Küsse ersticke.
Als Eleanor leise murmelte: »Bitte, laß mich jetzt etwas allein, ich möchte ein wenig ruhen«, war er überzeugt, daß sie ihn nicht mehr liebe, verließ, von seelischen Qualen völlig zerrüttet, den Raum, ohne seine eben geborene Tochter auch nur eines Blickes zu würdigen, rief seinen Vetter und guten Freund Neal Sheramy an und ging mit ihm fort, um sein Leid im Alkohol zu ertränken. Bei Sonnenaufgang mußte er von Cameo in leicht zerrüttetem Zustand zu Bett gebracht werden.
Eleanor lag in dem großen Prunkbett unter dem rotseidenen Baldachin und nahm erfreut und beglückt die ihr dargebrachten Huldigungen entgegen. Sie freute sich herzlich, ihre Eltern zu sehen; sie machten einen so kraftvollen Eindruck und gaben sich so offen, lachten über die verschwenderische Eleganz ihrer Umgebung und erinnerten sie daran, daß sie in einem Zelt geboren war. Hier, in der abgeschiedenen Ruhe von Ardeith, erschienen sie Eleanor so erfrischend wie ein herzhafter Sommerwind; zugleich wurde ihr glückhaft bewußt, welch unbesiegbare Erbschaft sie ihrem eben geborenen Kind übergeben konnte. Die Upjohns nahmen den Nachtzug zurück nach der Stadt. Obgleich Eleanor müde war, bat sie die Schwester, Kester zu rufen.
Die Schwester brachte ihn und ließ sie mit ihm allein. Er setzte sich zu ihr an das Bett, und sie sagte ihm, daß sie nun wisse, wie sie das
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