Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Ehrengäste auf, thronten hoheitsvoll mitten unter den Schwarzen auf großen Baumwollballen und ließen sich mit Bier und Sandwiches bedienen. Anschließend wurden sie dann in einem Wagen zum Herrenhaus zurückgefahren, um hier mit ihren eigenen Gästen die Nacht zu durchtanzen.
An dem Tag, da Woodrow Wilson zum Präsidenten gewählt wurde, erschien Kester unerwartet mit einem ganzen Schwarm von Gästen, um das Wahlergebnis zu feiern. Eleanor, an solche Stegreifpartys nicht gewöhnt, nahm ihn beiseite und fragte ihn ratlos, wie, um alles in der Welt, sie so viele Menschen unvorbereiteter Weise denn verpflegen solle. Kester begriff offenbar gar nicht, was sie meinte, jedenfalls ging er nicht auf ihre Frage ein; er lachte sie an und rief, gänzlich von dem Tagesereignis in Anspruch genommen: »Vermont, Utah und Eleanor waren sämtlich für Taft, aber es hat nicht geholfen.« Damit verschwand er in der Küche. Eleanor folgte ihm, heftig protestierend. Sie habe keineswegs für Taft gestimmt, versicherte sie, sie sei durchaus für Wilson, aber darum ginge es jetzt nicht; vielmehr handele es sich darum, wie sie aus heiterem Himmel ein Abendessen für mehr als zehn Personen herbeizaubern solle. Aber dies schien nun hier in der Tat kein Problem; Kester schwatzte bereits mit Mammy, der Köchin. Mammy war immer schon, solange er denken konnte, in Ardeith gewesen, sie verstand sich auf solche Dinge. »Geh zu unseren Gästen, Eleanor«, sagte er, »und kümmere dich bitte nicht mehr um diese Dinge; ich versichere dir, daß sie geregelt werden.«
Drinnen fand sie die Gäste bereits um das Klavier versammelt. Sie sangen mit fröhlichen Stimmen, Violet Purcell begleitend, die die Tasten bearbeitete. Kester kam mit einem Tablett voller Getränke herein und warf Eleanor einen neckenden Blick zu. Sie flüsterte ihm zu: »Wird Mammy wirklich damit fertig?«
»Aber selbstverständlich«, antwortete er und wandte sich den Gästen zu: »Wünscht jemand einen Drink?«
Sie wünschten. Sie tranken, lärmten und lachten und verlegten sich schließlich aufs Tanzen. Neal Sheramy flüsterte ihr zu: »Es ist wie immer reizend in Ardeith, Eleanor.« Kein Zweifel, sie waren es gewöhnt, auf diese Weise hier einzufallen; offenbar war das schon immer so gewesen. Sie erinnerte sich, daß Lysiane ihr schon im Anfang gesagt hatte, Kester habe immer das Haus voller Gäste.
Violet spielte mit Hingabe und Temperament den › Mississippi-Dippi-Dip ‹, und Eleanor tanzte mit Neal Sheramy, bis sie beide außer Atem waren, dann setzte sie sich zu Neals kleiner Frau, die zu zerbrechlich schien, um sich so anstrengende Tänze leisten zu können. Eleanor dankte dem Himmel für ihre derbe Gesundheit und freute sich herzlich, in der Lage zu sein, Geselligkeiten dieser Art zu veranstalten.
Als schließlich die Glocke zum Abendessen rief, gingen sie in das Speisezimmer. Sie fanden einen reichgedeckten Tisch. Es gab Omeletten, ein Käse-Soufflé, eine Platte Schinken, heißes Biskuit und eingemachtes Obst. Staunend sah Eleanor, wie mühelos sich solche Herrlichkeiten in so kurzer Zeit auf Ardeith beschaffen ließen, und ebenso verblüfft nahm sie wahr, daß jeder der Gäste das offenbar gewöhnt war. Da ließ sie denn alle Sorgen und Bedenken fallen und gab sich der ausgelassenen Fröhlichkeit der Stunde hin. Kester sagte ihr hinterher, er könne zu jeder beliebigen Zeit beliebig viele Gäste einladen; Schwierigkeiten irgendwelcher Art gäbe es da nicht.
Dann und wann war Eleanor gezwungen, ein sehr offizielles und sehr förmliches Mittagessen zu geben. Dann thronte sie sehr hoheitsvoll hinter dem glänzenden Damast und dem spiegelnden Silber, hatte das Haar modisch aufgetürmt und den Hals mit antiken Juwelen geschmückt, die Kester eigens zu diesem Zweck aus den Tresoren des Kellergewölbes heraufgeholt hatte. Aber meist handelte es sich bei den Gesellschaften auf Ardeith um vergnügliche und ungezwungene Zusammenkünfte wie die zuvor beschriebene, wo nach Phonographenplatten getanzt wurde oder Violet Purcell auf dem Klavier moderne Schlager spielte. Kesters Freunde bildeten durchweg eine vergnügte, sorglose und unbekümmerte Bande. Die meisten hatten sehr schöne Stimmen, und alle verfügten sie über ausgezeichnete Manieren. Sie waren meistens von Kind auf mit Kester befreundet und taten allesamt ihr bestes, seine Frau in ihren Kreis hineinfinden zu lassen. Eleanor wußte oft mit ihren harmlosen Neckereien nichts Rechtes anzufangen, aber sie gab sich alle
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