Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Im übrigen sah sie sich von Stund an, ihren verärgerten Protesten zum Trotz, auf den ängstlich behüteten Platz einer braven Frau und werdenden Mutter verbannt, von der jegliche Aufregung ferngehalten werden mußte. Und zu ihrem Erstaunen fand sie, daß dies nicht einmal ein unangenehmer Platz sei. Es war so angenehm, von allen Seiten verehrt und bedient zu werden und Kesters liebenswürdige Huldigungen entgegenzunehmen. Er brachte ihr alles, was er sah und was ihm gefiel, ohne Rücksicht darauf, ob sie Verwendung dafür haben würde oder nicht. Als er fand, daß sie in ihrem gegenwärtigen Zustande viel zu zerbrechlich und gefährdet sei, um sich über Gebühr zu bewegen, ließ er ihr einen besonderen Telefonanschluß an das Bett legen. Damit nicht genug, erkundigte er sich jeden Tag mehrmals, ob sie irgend etwas wünsche oder benötige, und dies so eifrig, daß sie schließlich den Mut fand, eine Bitte auszusprechen, mit der sie sich herumtrug, seit sie von der Hochzeitsreise zurückgekehrt waren.
Sie ärgerte sich fortgesetzt über Kesters Unordentlichkeit und hatte andererseits oft beobachtet, daß Kester sich über ihre Bemühungen, die Ordnung wiederherzustellen, gleicherweise ärgerte. Und da dieser Zustand unabänderlich schien, sah sie voraus, daß bei weiterer Benutzung eines gemeinsamen Schlafzimmers das beiderseitige Ärgernis eines Tages in einen Sturm ausarten würde. »Ich will mich mit dir nicht über Belanglosigkeiten streiten«, sagte sie, »aber es ist nun einmal so, daß ich nicht an einem Ort leben kann, der immer aussieht, als wäre die chinesische Armee durchgezogen. Gibt es für diesen Zustand keine Abhilfe, dann will ich mich in Geduld fassen, aber ich vermag nicht recht einzusehen, warum ich in einem Haus mit soviel unbenutzten Räumen nicht ein eigenes Schlafzimmer haben kann. Würdest du sehr viel dagegen haben, wenn ich ein eigenes Schlafzimmer benützte?«
Sie waren eben dabei, sich anzukleiden. Kesters Hemd hing baumelnd am Kronleuchter, und der Fußboden war mit seiner am Vorabend ausgezogenen Unterwäsche bedeckt. Eleanor stand in der Mitte des Zimmers und sah mit verzweifelten Blicken in das Chaos.
Kester lachte. Warum sollte sie nicht ihren eigenen Schlafraum haben? »Aber ja«, sagte er, »selbstverständlich. Ich werde froh sein, deinen Ordnungsanwandlungen nicht mehr ausgeliefert zu sein.« Aber nicht sie müsse umziehen, fuhr er fort, vielmehr würde er sich das Zimmer der Halle gegenüber einrichten lassen. Es sei zwar nicht sonderlich groß, biete aber jede Bequemlichkeit.
Eleanor dankte erfreut; ihr heimlicher Verdruß schwand dahin.
Während der heißen Sommertage lebte sie in ruhiger Trägheit dahin. Der junge Dr. Purcell, der Bruder Violets und der Sohn des alten Doktors, der schon Kester und dessen Vater zur Welt geholfen hatte, kam ein bis zweimal in der Woche vorbei, aber seine Besuche waren mehr gesellschaftlicher als beruflicher Art. Er saß mit Kester bei einem eisgekühlten Drink zusammen und plauderte über die Baumwollernte, über verschiedene Whiskyarten und über die großen und kleinen Ereignisse in der Nachbarschaft.
Eleanor mochte Dr. Purcell gern; er war klug und humorvoll und verstand es, seine ärztlichen Besuche amüsant abzuwickeln.
Nur einmal wurde sie aus ihrem Gleichmut gerissen. Das war, als ihr Vater nach Ardeith kam, um sie zu besuchen. Seine Arbeit hatte ihn für ein paar Tage den Strom heraufgeführt. Er sah Eleanor aufmerksam an, die, in einen weißen Satin-Morgenrock gehüllt, ihm gegenüber im Sofa lehnte. Er wurde bestürzt über dem, was er sah, umarmte Eleanor und fragte, warum sie es ihn nicht habe wissen lassen, wenn es ihr nicht gut ginge. Kester hatte ihm irgendwelchen Unsinn erzählt, den er nicht begriffen hatte, und nun saß er also da und wollte wissen, was daran sei.
Eleanor sah sein Gesicht und mußte unwillkürlich lachen. »Lieber Pa«, sagte sie, »starr mich doch nicht so an. Ich bin eine Blume des alten Südens und im Begriff, der Ardeith-Plantage einen Erben zu schenken.«
»Fühlst du dich wirklich wohl?« fragte Fred mit zitternder Besorgnis in der Stimme.
»Aber ja, Papa, sei nicht so aufgeregt. Ich fühle mich vollkommen wohl.«
»Sei nur ja vorsichtig«, sagte Fred. »Wenn du beispielsweise auf die Idee kämest, mit dem Zug nach New Orleans zu fahren, würde ich mir Sorgen machen.«
»Mit dem Zug?« Eleanor sah ihn mit gespieltem Entsetzen an. »Aber lieber Mr. Upjohn, du denkst doch nicht etwa, daß sich
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