Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
unheimlich, wie sie sich nebeneinander in einer Reihe niederließen. Sie betrachteten mich mit offensichtlicher Feindseligkeit, und ich dankte dem Himmel für die Anwesenheit von Mrs. Larne, die mit ihnen über die Sonntagsschule sprach. Am Abend fragte ich Kester, warum um alles in der Welt die drei alten Damen ›Mädchen‹ genannt würden. Es glimmte in seinen Augen, und er erzählte mir in seiner sarkastischen Art ihre Geschichte:
Das Haus der Durhams fing eines Nachts Feuer. Da waren die drei Töchter alte Jungfern rund um die Fünfzig. Als ihr noch lebender Vater am folgenden Tag von dem aufregenden Ereignis erzählte, sagte er: ›Meine Frau und ich waren vollkommen ruhig, aber die Kinder waren ein wenig aufgeregt.‹ Die Kinder waren die drei Fünfzigjährigen. –
Beim Schein der Lampe pflegen wir zu Abend zu essen. Danach zieht sich Kesters Mutter taktvoll zurück. Entweder geht sie in ihr Zimmer und liest ›Barbaras Sieg‹, oder sie besucht eine ihrer zahllosen Freundinnen, um eine Partie Bridge zu spielen. Kester und ich haben dann jedenfalls Gelegenheit, uns über die Leute zu amüsieren, mit denen ich tagsüber zusammengetroffen bin. –
Lieber Pa, ich sehe dich vor mir, wie du die Nase rümpfst, und ich höre förmlich deinen Stoßseufzer: ›Das ist nun meine Tochter, die Logarithmen im Kopf behalten kann!‹ Aber laß es gut sein, Pa. Die bisherige Zeit meiner Ehe ist eine solche Kette nicht abreißender Wunder, daß ich dir nichts darüber sagen kann, ausgenommen, daß ich glücklich bin und daß ich richtig gehandelt habe. Ich glaube nicht, daß ein Mensch glücklicher sein kann, als ich es gegenwärtig bin.«
Eleanor war in der Tat überrascht über die nicht abreißende Kette von Besucherinnen. Anscheinend hatten sich die zahllosen Freundinnen Lysianes vor der Hochzeit die Köpfe über Kesters unbekannte Braut zerbrochen; nun mußte man doch wenigstens sehen, wer da in die Larne-Familie aufgenommen worden war. Eleanor fand die feierliche Förmlichkeit, in der diese Besuche sich abzuwickeln pflegten, ein wenig lächerlich, aber da es nun ihr Schicksal geworden war, ihr Leben auf Ardeith zu verbringen, ging sie allmählich daran, sich ihre Besucherinnen ein wenig aufmerksamer anzusehen und im stillen eine geheime Auswahl zu treffen. Das war durchaus nicht einfach, denn die meisten dieser Damen glichen einander auf eine sonderbare Weise, wenn sie ihr da gegenübersaßen mit ihren strahlenden Augen und ihrem puppenhaften Lächeln. Immerhin verstand sie es auf geschickte Weise, einige von ihnen auszuzeichnen. So die junge Mrs. Neal Sheramy von der Silberwald-Plantage, die hübsch und ein bißchen zerbrechlich war und empfindlich hustete – wahrscheinlich hatte sie die Schwindsucht –; oder Kesters Cousine Sylvia St. Clair, eine etwa vierzigjährige Dame mit einem fleckigen Hals und einem Gesicht wie Essigwasser. Sylvia war nicht sehr angenehm, aber sie verstand so amüsant zu schwätzen, machte geheimnisvolle Andeutungen über ihre eigene unglücklich verlaufene Ehe, klatschte über jedermann und versuchte immer wieder, Eleanor vertrauliche Fragen zu stellen, die diese zwar nicht ungeschickt abzuwehren verstand, die sie aber immer wieder insgeheim amüsierten.
Dann war da noch Violet Purcell, ein dunkles, lebhaftes Mädchen in einem lavendelfarbenen Kleid und einer schwarzen Federboa. Sie pflegte ihre Sätze mit Epigrammen zu spicken, von einer bittersüßen Heiterkeit, die nachdenklich stimmte.
Grundsätzlich kümmerte sich Eleanor nicht weiter um die Angelegenheiten ihrer Besucherinnen, aber sie lieferten ihr und Kester amüsante Gesprächsstoffe für den Abend. Kester hatte viel Sinn für Humor und ein fast untrügliches Gefühl für Menschen; er verstand sehr viel treffender und scharfsinniger zu urteilen als seine Mutter.
Nachdem Lysiane endlich nach New Orleans zurückgekehrt war, sah sich Eleanor mit ihren kleinen Repräsentationspflichten allein. Aber sie hatte sich nun schon recht gut in den Stil von Ardeith hineingefunden. Sie gaben kleinere und größere Gesellschaften und besuchten ähnliche Veranstaltungen bei Verwandten und Freunden, und lange Abende verbrachten sie allein zu zweien, ohne jemals in Verlegenheit zu geraten, worüber sie sich unterhalten sollten. Gleich nach der Baumwollernte richtete Kester den Arbeitern ein Fest im Freien aus, bei dem ganze Tiere auf dem Rost gebraten wurden. Er und Eleanor traten dann gemeinsam mit ein paar Freunden als Gastgeber und
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