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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Jeanne Abadie mit Namen, ließ sie sie mitgehen.
    Die drei Gefährtinnen, die den Gebirgsbach hinaufkletterten, um trockenes Holz zu sammeln, befanden sich einer Grotte gegenüber, die in das Innere eines großen Felsens hineinführte, den die Bewohner des Landes Massabielle nannten ...«
    Als Pierre beim Vorlesen zu dieser Stelle gekommen war, hielt er, das Blatt umwendend, inne und ließ das kleine Buch zurücksinken. Die Kindlichkeit der Erzählung und all die leeren, nichtigen Redereien machten ihn ungeduldig, ihn, der die vollständigen Akten über diese außerordentliche Geschichte in den Händen gehabt, der mit leidenschaftlichem Eifer die unbedeutendsten Einzelheiten geprüft hatte und tief in seinem Herzen innige Liebe und unendliches Mitleid für Bernadette hegte. Er hatte sich gerade wieder gesagt, daß er die entscheidende Untersuchung, deretwegen er einst davon geträumt hatte, nach Lourdes zu gehen, schon am folgenden Tage würde beginnen können.
    Und von neuem erwachte all seine Wißbegierde. Er hätte gar zu gerne diese wunderbare Geschichte zerlegt und erklärt. Sie log gewiß nicht, sie hatte die Erscheinung gehabt, Stimmen gehört wie Jeanne d'Arc, und wie Jeanne d'Arc befreite sie, nach der Ansicht der Katholiken, Frankreich. Welches war die Kraft, die sie und ihr Werk hervorgebracht hatte? Wie hatte die Vision bei diesem Kinde entstehen, wie hatte sie alle gläubigen Seelen in solche Aufregung versetzen können, daß sich die Wunder der Urzeit wieder erneuerten und man fast eine neue Religion stiftete in einer heiligen Stadt, mit einem Male um Millionen erbaut und überschwemmt von gläubigen Menschenmassen, wie man sie seit der Zeit der Kreuzzüge nicht mehr gesehen hatte?
    Er las nicht weiter vor, sondern erzählte das, was er wußte, das, was er erraten und sich selbst hinzugedacht hatte. Er kannte das Land, die Sitten und die Gebräuche sehr genau, dank der langen Gespräche, die er mit seinem Freunde, dem Doktor Chassaigne, darüber geführt hatte. Er besaß eine wohltuende Leichtigkeit des Sprechens und ein durch und durch reines Feuer aufrichtiger Begeisterung, Gaben, die er schon vom Seminar her in sich fühlte, ohne daß er jemals Gebrauch davon gemacht hätte. Als man in dem Wagen sah, daß er die Geschichte viel besser und viel ausführlicher kannte als das kleine Buch, und daß er sie mit einer so begeisterten Stimme vortrug, steigerte sich die Aufmerksamkeit von neuem, und die schmerzensreichen Gemüter, die nach Glück dürsteten, gaben sich ihm mit ganzer Seele hin.
    Zuerst kam die Kindheit Bernadettes, die sie in Bartrès verbracht hatte. Sie war dort bei ihrer Amme, der Frau Lagûes, die, nachdem ihr neugeborenes Kind gestorben war, den Soubirous' die Gefälligkeit erwiesen hatte, ihr Kind zu nähren und bei sich zu behalten. Dieses Dorf von vierhundert Seelen lag eine Meile von Lourdes entfernt, weit ab von allen Verkehrswegen, mitten im Grünen verborgen. Der Weg führte steil abwärts, die wenigen Häuser standen in ziemlicher Entfernung voneinander, mitten auf Grasflächen, die mit Walnuß- und Kastanienbäumen bepflanzt waren, während klare Bäche, die niemals schwiegen, den Abhängen plätschernd folgten. Die kleine, alte, romanische Kirche stand, alles beherrschend, auf einem mit den Gräbern des Friedhofes bedeckten Hügel. Nach allen Seiten steigen bewaldete Abhänge wellenförmig empor. Das Dörfchen ist wie ein Loch in dem blühenden Pflanzenteppich voll köstlichen Wohlgeruchs und tiefen Grüns. Bernadette, die, nachdem sie ein großes Mädchen geworden war, ihren Unterhalt damit bezahlte, daß sie die Schafe hütete, führte diese monatelang auf den waldigen Abhängen umher, ohne daß sie einer menschlichen Seele begegnete. Nur zuweilen erblickte sie von dem Gipfel eines Hügels den Pic du Midi oder den Pic de Viscos. Sie sah auch, wie andere, in Dunst gehüllte Berge sich riesenhaft vergrößerten und zu unklaren und verschwommenen Erscheinungen wurden. Das Haus der Lagûes war ein einsames, stilles Haus, das letzte im Dorfe. Eine Wiese breitete sich davor aus, bepflanzt mit Apfel- und Birnbäumen. In dem niedrigen und feuchten Hause befanden sich zur Rechten und Linken der Holztreppe, die auf den Speicher führte, zwei große, mit Steinplatten belegte Räume, deren jeder vier bis fünf Betten enthielt. Die kleinen Mädchen schliefen zusammen und schlummerten jeden Abend in der Betrachtung der schönen, an die Wand geklebten Bilder ein, während die große Uhr in

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