Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love Alice

Love Alice

Titel: Love Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nataly Elisabeth Savina
Vom Netzwerk:
herumdrapieren.
    »Jetzt müssen sie sich nur noch wohlfühlen«, sage ich, als wir fertig sind.
    Ich frage mich, ob die Froschbabys ihre Mütter vermissen und ob es in Ordnung ist, dass wir sie aus dem Fluss ent führt haben. Als ich Cherrys begeisterte Augen sehe, verkneife ich mir, das laut auszusprechen. Schließlich war es meine Idee, außerdem können wir sie wieder zurückbringen, denke ich.
    In Handtücher gewickelt, inmitten von Cherrys Zeitschriften und Tellern mit Michas Keksen liegen wir da wie zwei Odalisken und trinken Tee.
    »Echten englischen Tee!«, sagt Cherry.
    Ich erzähle ihr von den Kostümbildnern im Theater, die für die Schauspieler jedes Kostüm machen können, völlig gleich, was man sich ausdenkt. Wir versuchen gemeinsam, uns ein unmögliches Kostüm auszudenken, eines, das man nicht herstellen kann. Wir schaffen es nicht. Erbse, Brille und selbst Schuhabsatz sind machbar, allein bei Schatten haben wir den Eindruck, es wäre komplizierter: Man könnte es mit Fledermaus verwechseln.
    »Oder mit grauer Wischmob«, lacht Cherry.
    Dann schleppt sie drei Rollen Krepppapier aus ihrem Zimmer, gelb, grün, pink. Ich schneide die Rollen mit einer großen Haushaltsschere in Streifen und Cherry zieht zwei Gummibänder aus ihren Sommerröcken. Ich sitze zwischen Krepppapierschnipseln und bastele uns Vulkaninsel-Kostüme. Hawaiirock und Hawaiikette sind am einfachsten und gehen am schnellsten.
    Cherry hat keine Geduld, die Papierbänder auseinanderzupfriemeln. Sie will mir unbedingt ein Buch zeigen. Sie hält mir das verblichene Cover mit einem braunen Baum unter die Nase und erklärt, dass sie die bestimmten Stellen ganz unauffällig mit einer Wachskerze markiert hat.
    »Was für Stellen?«, sage ich.
    »Warte«, sagt Cherry ungeduldig. »Ich suche sie. Hier. ›Bei allen Säugetieren, besonders aber bei den dem Menschen nahestehenden Primaten, pflegt das Männchen knapp vor der Begattung die Genitalien des Weibchens zu betasten oder zu lecken.‹«
    Wir schütteln uns mindestens genau so angewidert wie vorhin am Fluss. Ich würde mir das Buch gerne näher ansehen, aber Cherry schmeißt es in die Ecke.
    »Schau mal«, sage ich und halte die ersten fertigen Papierblumen hoch. »Ich bin fast fertig.«
    Cherry sieht mein Werk anerkennend an und springt auf. »Eine Sache noch!«, ruft sie und rennt weg.
    Mit ihren nackten Füßen tänzelt sie zwischen den Bücherstapeln, als könnte sie da blind durchgehen, und kommt mit einer Schallplatte zurück. Hawaii Calls steht auf dem wild geblümten Cover. Wir ziehen uns die Gummizüge um die Hüften, um die ich die bunten Papierschnipsel gebunden habe, und legen uns die Blumenketten um den Hals. Die Schallplatte setzt mit einem raschelnden Ton an. »Aloha oe, aloha oe«, singt eine sehnsüchtige Frauenstimme und Cherry und ich tanzen dazu in Zeitlupe. Wir drehen uns in Krepppapierröcken umeinander wie beim Menuett. Die Blumengirlanden kratzen an der Brust, unsere Röcke rascheln. Wir sind die Eingeborenen, und wehe denen, wenn die uns aus diesem Paradies vertreiben wollen.
    Später bringt mich Cherry nach Hause. Meine Jeans ist noch feucht und voller Schlamm. Das Oberteil, die Jacke und die Chucks habe ich von Cherry geliehen. In der Hand trage ich mein Glas Froschlaich. Ich bin mir sicher, dass ich Ärger kriege. Cherry auch.
    Wir bleiben unter der Treppe in unserem Treppenhaus stehen, da, wo es schön warm ist und niedrig wie in einer Hundehütte. Manchmal steht ein Kinderwagen hier, aber jetzt ist er nicht da. Ich stelle mein Glas vorsichtig ab.
    »Soll ich mit hochkommen?«, fragt Cherry.
    Sie klatscht mit der ausgestreckten Hand gegen den Lichtschalter. Mir fällt erst jetzt auf, wie dunkel es bereits ist.
    »Nein, besser nicht«, sage ich.
    »Ich kann ihr das erklären mit deinen Kleidern«, sagt Cherry.
    »Nein, ist schon gut, es ist schon so spät«, sage ich.
    Ich weiß selbst nicht, ob ich lieber alleine hochmöchte oder noch hier mit Cherry bleiben. Eigentlich möchte ich beides gleichzeitig.
    Das Licht geht automatisch aus. Cherry will zum Schalter und stolpert über meine Füße. Ich höre, wie sie kurz die Luft anhält.
    »Weißt du, bestimmt tuscheln Tuula und Nesrin auch so mit den Jungs in Treppenhäusern«, sagt Cherry.
    Cherry drückt mich an die Wand, wie die Jungs das bei Tuula und Nesrin machen. Sie rückt näher an mich und fängt an, mich überall anzufassen, so wie Andy das bei Tuula tut. »Oh, Tuula, komm schon«, knurrt Cherry

Weitere Kostenlose Bücher