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Love and Disaster

Love and Disaster

Titel: Love and Disaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Graf
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Auge, wie er in der Schmuddelkneipe in Krakau langsam und geschmeidig aus der Ecke, in der er lehnte, auf mich zukam. Mit zitternden Knien stand ich auf.
Harro flitzte um ihn herum, stellte sich zwischen uns und sagte, überschwänglich wie immer:
„Caro, darf ich dir den begnadeten Maler Jan Sonnenfeld vorstellen, der unserer Galerie zu neuem Glanze verhelfen wird.“
Er wandte sich zu Jan, der vor mir stehen geblieben war und mein Gesicht mit seinen Blicken verschlang.
„Und Ihnen, Herr Sonnenfeld, möchte ich Carolin Brendel vorstellen, sie ist die vielversprechende neue Autorin, die am morgigen Abend unsere Vernissage mit einer Lesung aus ihrem ersten Roman bereichern wird.“
Jan reichte mir die Hand, ich ergriff sie und spürte mein Herz wie verrückt in meiner Brust hämmern. Alles um mich herum drehte sich, krampfhaft versuchte ich, die Tränen wegzublinzeln, die mir schon wieder in den Augen standen.
Draußen klingelte das Telefon, Harro entschuldigte sich und wies beim Hinausgehen auf die Zeichnung neben der Tür:
„Caro, sieh mal, das könntest glatt du sein, hast du das bemerkt?“
    „Jedes Mal, wenn ich dich sehe, bist du traurig“, Jans Stimme umfing mich warm und hüllte mich ein. Ich schluckte und konnte nicht antworten.
„Ich habe mir oft vorgestellt, wie es wohl sein würde, wenn wir uns wiedersehen.“ Er hielt meine Hand noch immer und hob die andere zu meiner Wange. Ich wich ihm aus, zog meine Hand aus seiner und trat ein Stück zurück, ein kläglicher Versuch, mich zusammenzureißen und meine Stimme wieder unter Kontrolle zu bringen.
„Du hast mich gezeichnet“, war alles, was ich halb krächzend herausbrachte. Er lächelte wehmütig.
„Du sahst so schön aus, während du schliefst, ich musste einfach.“
Ich versuchte zu lächeln und räusperte mich ein paar Mal, um wieder normal sprechen zu können.
„Entschuldige“, sagte ich. „Ich … ich stehe ein wenig neben mir. Vor ein paar Minuten erst habe ich das Bild entdeckt und versucht zu realisieren, was hier gerade passiert … dann bist du plötzlich da, ich kann das gar nicht so schnell verarbeiten.“
Er war ernst, seine Augen lächelten zwar immer noch, doch ich bemerkte einen Anflug von Unsicherheit in seinem Gesicht.
„Jan“, sagte ich leise. „Dein Name ist Jan …“
Meine Stimme brach, ich hatte mich wohl doch nicht so fest in der Gewalt, wie ich dachte. Er war unglaublich schnell bei mir, zog mich an sich und umarmte mich.
„Und ich hatte die ganzen Jahre Angst, dass du mich vergessen hast“, murmelte er leise.
Ich sank in seine Umarmung, ließ mich hineinfallen. Er roch noch genauso wie damals, ich erinnerte mich sofort daran. Meine Beine gaben nach, Jan hielt mich fest und wir setzten uns auf die Bank.
Ich schüttelte, noch immer ungläubig, ihn hier neben mir zu haben, den Kopf und sah ihn an.
„Diese Nacht in Krakau kam mir lange Zeit vor wie ein Traum, so unwirklich, nicht real. Die Wucht der Gefühle damals, ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, ich habe lange versucht, es zu verstehen, damit fertigzuwerden. Wie hätte ich dich jemals vergessen können.“
„Du hast es also auch so empfunden“, Jan hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt, sein Griff verstärkte sich. „Warum nur bist du weggelaufen?“
Harros Rückkehr enthob mich einer Antwort. Ihm klappte die Kinnlade herunter, als er uns so vertraut nebeneinander auf der Bank sitzen sah.
„Wir kennen uns, Harro“, erklärte ich ihm. „Wir hatten nur nicht erwartet, uns ausgerechnet hier und heute wiederzusehen.“
Harro hob erstaunt eine  Augenbraue, natürlich bemerkte er meine roten Augen, er warf  mir einen fragenden Blick zu, sagte dann aber nur:
„Das eben am Telefon war Ihre Frau, Herr Sonnenfeld, ich soll Ihnen ausrichten, dass sie in etwa fünfzehn Minuten hier sein wird, außerdem hat sie für siebzehn Uhr eine kleine Pressekonferenz organisiert, Sie möchten sich bitte darauf einstellen. Caro, wenn du noch Zeit hast, könnten wir dann gleich noch den Ablauf für die Vernissage besprechen, wenn sie da ist.“
Harro hatte, ohne es zu wissen, mit einer Keule ausgeholt und auf den Punkt getroffen. Das Gute daran war, das mein Denkvermögen wieder einsetzte.
„Natürlich habe ich noch Zeit, Harro“, entgegnete ich. „Entschuldigt mich bitte, ich bin gleich wieder zurück.“
    Ich schnappte meine Handtasche, floh in den Waschraum, verriegelte die Tür und setzte mich auf den geschlossenen Toilettendeckel.
‚Tief durchatmen

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