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Love and Disaster

Love and Disaster

Titel: Love and Disaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Graf
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Widerstrebend ließ ich Jans Hand los und setzte mich ordentlich hin. Der Sicherheitsabstand zwischen uns war wiederhergestellt.
    „Die Beleuchtung muss verändert werden, im hinteren Bereich des Raumes ist es viel zu dunkel.“
Anja Sonnenfeld stöckelte auf sagenhaft hohen Absätzen ins Büro. Ihre Stimme klang dunkel und ziemlich sexy, wenn man sich den scharfen Unterton, mit dem sie sprach, wegdachte. Sie hatte edle Gesichtszüge, die durch ihr streng zurückgekämmtes und zu einem schlichten Knoten aufgesteckten Haar noch zusätzlich betont wurden. Sie war eine dieser perfekten Frauen, neben denen man sich auf Anhieb klein und unsichtbar fühlte.
„Ich kümmere mich sofort um das Licht“, antwortete Harro, der hinter ihr her lief, wie ein kleiner Hund.
Ich stand auf und ging auf sie zu. Sie taxierte mich kühl, ihr Blick verweilte auf meinem Gesicht, dann kniff sie ihre mandelförmigen, graugrünen Augen leicht zusammen und reichte mir die Fingerspitzen einer perfekt manikürten Hand.
„Anja Sonnenfeld“, sagte sie und lächelte geschäftsmäßig unverbindlich. „Sie sind die Schriftstellerin, die Herr Haase angekündigt hat?“
„Carolin Brendel“, antwortete ich ebenso unverbindlich. „Ja, ich werde zur Vernissage zirka eine halbe Stunde lang aus meinem Buch lesen.“
Anja wandte sich zu ihrem Mann um, der noch immer bei seinem Sohn saß. Ich fand ihr Verhalten befremdlich, sie hatte weder nach ihrem Kind gesehen, noch sich nach seinem Befinden erkundigt.
„Jan, ich halte das für keine gute Idee mehr. Die Leute sollten sich auf dich und die Bilder konzentrieren und nicht durch andere Dinge abgelenkt werden.“
Sie setzte sich auf die Kante von Harros Schreibtisch und schlug ihre langen Beine übereinander. Überfreundlich, als würde sie einen lästigen Vertreter abfertigen, sagte sie:
„Meine liebe Frau Brendel, es tut mir sehr leid, Ihnen sagen zu müssen, dass die Lesung nicht stattfinden wird. Sie werden das sicher verstehen, wir wollen schließlich Bilder verkaufen und nicht Ihre Bücher. Wir werden Ihnen natürlich eine entsprechende Entschädigung zahlen.“
Ehe ich etwas erwidern konnte, war Jan aufgesprungen.
„Vielleicht habe ich dazu auch etwas zu sagen, Anja? Natürlich wird Carolin morgen Abend lesen.“
Anjas Stimme wurde gefühlte drei Oktaven höher und um einige Dezibel lauter.
„Ach, wird sie? Das bestimmst du nicht, Jan. Falls du es vergessen hast, wir haben eine Vereinbarung. Ich mische mich nicht ein, wie und was du malst, aber ich regle das Geschäftliche und dort mischst du dich nicht ein. Wenn ich sage, dass diese Schriftstellerlesung nicht stattfindet, dann ist das so. Wenn sie wenigstens einen Namen hätte und Publikum bringen würde, aber so? Ich lasse nicht zu, dass jemand auf unsere Kosten seine Karriere vorantreibt.“
Mitten in ihre Tirade hinein begann Darius zu weinen. In dem kleinen Büro schien plötzlich die Luft zu kochen. Jan und Anja standen sich gegenüber wie Kampfhähne, die ihre Sporen wetzten und gleich aufeinander losgehen würden. Harro hatte sich hinter seinem Schreibtisch in Sicherheit gebracht und sagte gar nichts mehr.
Mir reichte es, ich hatte genug gehört. Ich klemmte mir meine Handtasche unter den Arm, ging zu Harro, der hilflos in der Ecke stand.
„Tut mir leid Harro, aber unter diesen Umständen verzichte ich auf die Lesung, danke für das Angebot. Alles Gute für morgen Abend, ich rufe dich an.“
Ich nickte Jan und seiner Furie kurz zum Abschied zu und ging mit hoch erhobenem Kopf hinaus. Was war sie bloß für ein Miststück? Wie konnte man so wunderschön und gleichzeitig so abgefuckt sein? Als hätte ich es nötig, meine Karriere auf dem Rücken anderer anzukurbeln. Zudem war die Lesung nicht meine Idee gewesen, sondern auf ihrem eigenen Mist gewachsen.
    Ich war auf dem Weg zum Parkplatz, als Jan plötzlich neben mir auftauchte. Er hatte seinen Sohn auf dem Arm, der immer noch in Harros Decke gewickelt war und leise schniefte.
„Ich schäme mich so, ich weiß nicht, was in Anja gefahren ist“, Jan klang bitter. „Sie hat sich noch nie so benommen, wenn Geschäftspartner dabei waren, es tut mir wahnsinnig leid, Carolin.“
„Halb so wild, mach dir keine Sorgen“, ich rang mir ein Lächeln ab. „Ich habe Schlimmeres überstanden, glaub mir.“
Ich sah ihn lange an und prägte mir seine Gesichtszüge genau ein. Für mich war klar, dass ich Abschied nahm. Ich hob die Hände, ließ sie in seinen Haaren versinken, zog ihn zu mir

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