Love me, angel (Junge LIebe ) (German Edition)
Sven überhaupt mit solchen Leuten herkommt, die einen nach hinten entführen wollen. Aber ich verkneife mir das, weil er mich gerade anlächelt und mir seine leeren Handflächen zeigt. Ich habe keine Ahnung wie, aber er hat es tatsächlich geschafft, das Bacardi-Glas mitten auf der Tanzfläche verschwinden zu lassen. Ich grinse.
Kapitel 9
Irgendwann sind wir zurück bei Tito und Mausi, die sich mehr oder weniger anschweigen. Ich überlege, ob Mausi vielleicht beleidigt ist. Aber plötzlich wandelt sich seine Laune wieder und mit wildem Handgefuchtel fängt er an zu plappern: „Meine Güte, es wird langsam wirklich Zeit, dass es hier losgeht!"
„Du bist doch nur geil auf Angel", sagt Tito nüchtern und gibt damit ein wunderliches Kontrastprogramm zum aufgedrehten Mäuschen ab.
„Ach, laber nicht!", erwidert der auch gleich. „Du bist doch der Erste, der nachher geifernd da hochglotzt!"
„Wer ist denn Angel?", frage ich Sven ins Ohr.
„Ein Gogo-Boy, auf den hier alle stehen", gibt Sven zurück. „Mausi ist ganz verknallt in ihn, hat aber natürlich keine Chance."
„Was wird da geredet?", kreischt Mausi auch schon los. „Ich hab keine Chance?"
Sven duckt sich vor Mausis Angriff. „Schon gut, hab Erbarmen!"
„Ich werd dir sagen, wer Angel ist!", donnert Mausi auch gleich weiter auf mich zu. „Das ist der geilste Typ, den du jemals sehen wirst. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Der ist einfach göttlich! Eine Haut, so rein wie Porzellan und Augen, die dich dahinschmelzen lassen. Und wenn du erst diesen perfekten Arsch gesehen hast, dann ist alles vorbei!" Mausi wirft die Arme in die Luft und verdreht die Augen.
Ich habe plötzlich ein Bild von meiner Tante Hiltrud vor Augen. Ja, die hat auch so eine Haubenfrisur und kann reden ohne Unterlass. Überhaupt wirkt Mausi wie eine aufgedrehte Frau in den Fünfzigern und nicht wie ein gerade mal dreißigjähriger Mann.
„Ich sag dir, wenn Angel auftritt, dann weißt du, warum der Laden hier gegen Mitternacht so voll ist!", schnattert Mausi weiter und gerät ganz außer sich. „Das ist einfach der schönste, schööönste Typ, den man weit und breit finden kann. Ein Engel halt!"
Die Schwärmerei geht mir langsam auf den Keks und ich werfe Sven einen hilfesuchenden Blick zu. Der erbarmt sich auch gleich und relativiert Mausis Lobpreisung ein wenig.
„Also ich kenne keine Engel, die es für Geld machen", sagt er und sorgt damit bei Mausi für entgleisende Gesichtszüge!
„Du willst doch jetzt nicht behaupten, dass Angel ein Stricher ist!", kreischt er empört los. „Zwischen einem Stricher und einem gepflegten Call-Boy liegen immer noch Welten, das kannst du mir glauben!"
Sven grinst. „Aber beide lassen sich für Geld bumsen."
Mausis Mund klappt wieder erschreckend weit auf. Dann dreht er sich mit einem schnittigen Dreh um und redet von jetzt auf gleich angeregt mit Tito. Und wieder mal bin ich vollkommen überrascht von diesem wilden Etwas. Wie kann man denn von einem Moment auf den anderen umschalten? Und tatsächlich hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass sich Mausi und Tito wirklich unterhalten können. Aber jetzt gerade sehen die beiden wirklich fast wie ein Paar aus.
„Das reicht wohl fürs Erste", sagt Sven und zwinkert mir zu. „Manchmal braucht Mausi einfach mal 'nen Dämpfer."
„Stimmt das denn mit Angel?", frage ich, weil mir der Gedanke unverständlich ist, dass hier jemand so bewundert wird, der sein Geld mit Prostitution verdient.
„Na, was Genaues weiß man hier eh nicht", antwortet Sven. „Hier redet ja doch jeder das, was er will. Und ehrlich gesagt, ist es mir auch egal, ob sich die Gogo-Boys hier nach der Show noch das Gehalt aufbessern oder nicht."
„Aha, also übertreibt Madame mal wieder ..."
Sven lacht. „Na ja, in einer Sache hat Mausi sicher nicht Unrecht: Angel sieht verdammt heiß aus."
Und da ist es wieder, dieses schiefe Grinsen - diesmal aber mit einer eindeutig anzüglichen Note, die ich bislang noch nicht an Sven gesehen habe. Komischerweise finde ich die Vorstellung, dass Sven diesen ominösen Angel auch anhimmelt, ziemlich beunruhigend. Wenn ich ehrlich bin, ertappe ich mich dabei, eifersüchtig zu werden. Dabei verbindet Sven und mich nach einem Tag ja noch nicht mal eine Freundschaft, wenn man es genau nimmt ...
„Guck mich nicht so böse an!", sagt mir Sven ins Ohr. Er hält mich dabei an den Schultern und ich habe das Gefühl, ihm jeden Moment in die Arme fallen zu müssen.
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