Love me, angel (Junge LIebe ) (German Edition)

die Angst nach, die ich ab und zu habe. Der Gedanke, dass mich jemand hier in der Schule ins Koma geprügelt hat ... Aber es ist nur der Gedanke. Mitbekommen habe ich ja nicht wirklich was. Die Angst lässt sich auf jeden Fall in den Griff bekommen. Und bislang sind alle sehr nett zu mir, auch wenn mein Schwulsein jetzt so eine Art offenes Geheimnis ist.
    „Alles in Ordnung", sage ich.
    Der Dornfels nickt zufrieden.
    „Sind wir fertig?"
    Er schaut mich einen Moment lang an, dann sagt er: „Ja."
    Erleichtert springe ich auf und bin schon an der Tür, als der Dornfels mich noch mal zurückhält.
    „Ja?", frage ich und befürchte, dass er jetzt doch noch auf die Szene im Lehrerklo zu sprechen kommt.
    „Ich hab dir noch keine Antwort auf deine Frage gegeben."
    Ich schaue ihn irritiert an. „Was für eine Frage?"
    „Ob ich schwul bin?"
    „Ist doch klar, oder?", sage ich frech.
    Der Dornfels grinst. „Ja." Dann fügt er nach einer kurzen Pause noch an: „Ich weiß daher, wie das in deinem Alter so läuft, oder kann es mir zumindest gut vorstellen. Wenn also wieder was sein sollte, ich bin gern dein persönlicher Vertrauenslehrer."
    Ich schlucke. „Geht klar."
    „Gut, und jetzt verschwinde!" Der Dornfels grinst mich kopfschüttelnd an. „Mann, Mann, Mann ..."
    Trotzdem bleibe ich noch stehen. Ich nehme all meinen Mut zusammen und spreche endlich aus, weshalb ich eigentlich hier bin: „Tut mir leid, was ich da - gemacht hab."
    Jetzt sieht der Dornfels wieder ernst aus. Oh Mann, vielleicht hätte ich mir das doch lieber sparen sollen?
    „Entschuldigung angenommen", sagt er aber schließlich und ich drehe mich erleichtert um und gehe. Mit einem breiten Grinsen laufe ich nach draußen. Ich hab's doch gewusst! Der Dornfels! Allerdings beschließe ich, die umwerfende Neuigkeit für mich zu behalten. Irgendwie kommt mir die Offenheit vom Dornfels wie ein Vertrauensbeweis vor. Und Vertrauen habe ich vorerst genug zerstört ...
    Etwa zehn Minuten später betrete ich das Eiscafé. Der Besitzer begrüßt mich nett und sagt, dass ich hinten durchgehen soll. Bastian und Maike haben sich auf der Terrasse in eine gemütliche Ecke verkrochen - und Sven sitzt dabei, als hätte man ihm eine Strafe aufgebürdet. Sicher ist er genervt, weil die beiden Verliebten nicht die Finger voneinander lassen können und er sich fühlt, wie das berühmte fünfte Rad. Aber als er mich sieht, strahlt er plötzlich über das ganze Gesicht. Dieses wunderschöne schiefe Lächeln! Ich liebe seinen zurückstehenden Zahn, der ist total individuell. Mein Freund! Und als ich an den Tisch komme, steht Sven auf und zieht mich unerwartet in seine Arme. In aller Öffentlichkeit gibt er mir einen Kuss mitten auf den Mund. Ich bin ein wenig erschrocken und will - nein, ich wehre mich nicht. Es ist einfach zu schön, im Leben anzukommen.