Love me, angel (Junge LIebe ) (German Edition)
zu machen. Wenn ich meine Eins nicht verlieren will, muss wohl ich die ganze Arbeit machen. Wütend drücke ich auf die Auflegentaste und stehe auf.
„Schulkram?", fragt meine Mutter, die gerade mit einem Stapel Wäsche wieder reinkommt.
„Ja", murre ich in einem Tonfall, der klarmacht, dass damit jegliches Nachhaken verboten ist. Missmutig packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg.
Als ich eine halbe Stunde später vor der Haustür stehe, spüre ich, dass mir ganz flau im Magen ist. Ich werde gleich Andys Eltern kennenlernen, die natürlich nichts davon wissen, was ihr Sohn nachts so treibt. Das wird sicher eine ganz komische Sache. Um so überraschter bin ich, dass Andy mir die Tür aufmacht und mich in eine kleine Einzimmerwohnung führt, die er offensichtlich allein bewohnt. Zumindest gibt es vom Flur aus nur drei Türen. Eine zum Bad, eine führt in eine Miniküche und dann gibt es noch ein mittelmäßig großes Zimmer.
„Wohnst du allein?", frage ich überrascht.
„Ja", kommt es wortkarg zurück. „Du kannst dich hinsetzen, wo Platz ist."
Mir wird klar, wie wenig ich überhaupt von Andy weiß. Weil sich ja niemand für ihn zu interessieren scheint, gibt es auch keinerlei Infos, die die Runde machen. Und dass jemand aus der Oberstufe allein wohnt, das hätte sicher sofort bewundernd Kreise gezogen.
„Ähm, wie machst du das denn?", frage ich, während ich mich auf eine schmale Couch setze, die Andy wohl gerade erst zusammengeschoben hat, weil sie ihm auch als Bett dienen muss.
„Was?" Er guckt mich ausdruckslos an.
„Na, allein wohnen", erkläre ich und sehe mich um. Flachbildfernseher, Playstation. Auf dem Boden liegen eine Motorradkluft und zwei Helme. Sieht alles ziemlich cool aus, auch wenn es nicht wirklich aufgeräumt ist. Und groß ist es auch nicht. Dafür nervt aber auch niemand.
„Wie man das so macht", sagt Andy. „Ich krieg Kohle von meinem Alten und der ist froh, dass er mich los ist. Und den Rest verdiene ich mir halt dazu."
Ich muss wieder an Mausi denken, der es nicht schlimm findet, wenn ein so gutaussehender Junge es hin und wieder mal für Geld macht. Und plötzlich sehe ich die coolen Geräte mit anderen Augen.
„Was trinken?", fragt Andy.
„Ähm, nein", sage ich.
„Musik?"
Erst jetzt sehe ich die Boxen, die etwas versteckt neben der Bettcouch stehen. „Klar", sage ich, noch bevor ich mir in Erinnerung rufe, dass ich zum Reden und zum Arbeiten hier bin, nicht zum Musikhören.
Andy nimmt einen grünen iPod vom Couchtisch und sucht etwas aus, dann stellt er den Player in eine Halterung und sofort durchzieht in gemäßigter Lautstärke ein Knurren und Knacken das Zimmer.
„Was ist das denn?", frage ich blöd, weil ich eigentlich mit was anderem gerechnet habe.
„Slam aus der Sci-Fi-Hi-Fi-Reihe."
„Bitte was?"
Andy lässt sich mir gegenüber mit einem Seufzer auf den Sitzsack fallen. „Wenn du dich nicht mit richtiger Mucke auskennst, dann frag doch nicht."
„Richtige Musik ist mit echten Instrumenten, und Gesang schadet auch nicht", sage ich patzig.
Zum ersten Mal zeigt Andy einen Hauch von einem Lächeln. „Bei Gesang kann ich mich nicht konzentrieren."
Ich überlege, ob ich ihm sagen soll, dass ich mich bei dem stumpfen Getucker nicht konzentrieren kann, verzichte aber darauf. Irgendwie passt diese Musik zu Andy - oder zu Angel. Technisch, gefühlskalt und auf eine ziemlich schräge Art auch interessant. Und wieder kann ich nicht leugnen, dass von diesem Jungen eine seltsame Anziehungskraft ausgeht. Es kommt mir vor, als würde Andy in einer ganz anderen Welt leben, die zwar neugierig macht, aber gleichzeitig auch abschreckt.
„Gut, fang ich mal an", sagt Andy und beugt sich geschäftsmäßig vor. „Ich hab keinen Bock, dass irgendwer aus der Stufe im Club auftaucht, okay?"
„Ich hatte nicht vor, jemanden mitzubringen."
„Wer war denn dein Schnuckel?"
Ich schlucke. Mein Schnuckel .
„Ist ja auch egal", redet Andy auch schon weiter. „Bist wohl noch nicht geoutet, was?"
Ich schüttle zaghaft den Kopf.
Wieder zeigt Andy diese Andeutung von einem Lächeln. „Dann haben wir wohl einen Deal."
„Gut", ringe ich mir ab. Zwar ist noch nichts ausgesprochen, aber ich kann auch gern darauf verzichten. Ich finde es total komisch, mit jemandem aus meiner Schule übers Schwulsein reden zu müssen. Dabei würde ich möglicherweise gern die ein oder andere Frage loswerden. Zum Beispiel, ob Andy wirklich anschaffen geht. Aber warum interessiert
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