Love me, angel (Junge LIebe ) (German Edition)
mich an. Irgendwie hinterfrage ich das gar nicht mehr, weil ich froh bin, dass es plötzlich wieder eine Richtung gibt, in die ich gehen kann. Also ziehe ich mich an und staune über die noblen Klamotten. Als ich mich im Spiegel angucke, sehe ich aus wie ein Model. Dann kommt Andy noch mit Gel an und reibt und zupft an meinen Haaren rum. Ich bin total erstaunt.
„Was ist das für eine Party?", frage ich, aber Andy reicht mir den Spiegel und schon wieder ist das Koks da. Eigentlich will ich gar nicht, weil ich doch genau weiß, dass man so was nicht macht. Und ich entscheide mich auch dagegen, als ich das Brennen auf der Nasenschleimhaut spüre. Bitter läuft es mir den Rachen hinunter, wie gestern, nur dass ich es jetzt wirklich mitbekomme.
Dann stehe ich vor dem Spiegel und mir gehört die Welt. Es kommt mir so vor, als könnte ich erst jetzt richtig sehen, weil ich vorher nur geschlafen habe. Aber vielleicht habe ich das ja auch ...
Später sitzen wir im Taxi und fahren irgendwohin. Andy streichelt die ganze Zeit mein Bein und erzählt Dinge, die so unglaublich viel Sinn machen und mich das ganze Leben verstehen lassen. Und immer wenn ich was dazu sage, ist es, als hätte ich die Sprache ganz neu erfunden, als könnte ich mühelos Andys gescheite Ausführungen noch toppen. Keine Frage, wir sind intelligent, auch wenn wir heute nicht in der Schule waren.
Bevor wir aussteigen, zieht Andy mich an sich und flüstert: „Unter zwei Hunnis geht nichts, klar?"
Ich nicke, weil ich das absolut verstehen kann. Heute sind wir Dressmen und da ist das Leben teuer. Nichts kostet heute unter zweihundert Taler.
Andy grinst und ich grinse mit und verstanden habe ich nichts.
Die Party findet in einer noblen Villa statt und alle Gäste sind männlich. Na, das ist mal ein komischer Zufall. Aber ich weiß sofort, dass am anderen Ende der Welt ein ebensolches Haus stehen muss, nur mit Frauen.
Wir werden sehr förmlich begrüßt und es macht Spaß, sich in dieser Gesellschaft zu bewegen, die es zu schätzen weiß, wie man sich benimmt. Ich spüre, dass ich von Begrüßung zu Begrüßung immer größer werde, bis ich es schließlich selbst bin, der die Leute Willkommen heißt, weil das ja schließlich nur meine Party sein kann. Das Leben ist schön.
Ich trinke zum ersten Mal in meinem Leben Champagner. Und ein Mann Mitte dreißig schenkt ihn mir persönlich ein, weil er nicht glauben kann, dass es für mich das erste Mal ist. Dann redet er mit mir über Golf. Obwohl ich nichts davon verstehe, fühle ich mich bestens unterhalten, weil es eine Freude ist, die Zähne des Mannes aufblitzen zu sehen.
Andy ist heute Abend ganz galant. Er hilft einem älteren Mann die Treppe hoch in den ersten Stock. Ich schaue hinterher, weil ich kaum glauben kann, dass das Andy ist, der plötzlich Manieren hat wie in einem Schwarzweißfilm.
„Ich könnte Ihnen auch die obere Etage vorführen, wenn Ihnen danach ist", lenkt mein Gesprächspartner wieder meine Aufmerksamkeit auf sich.
„Oh", mache ich, „lohnt sich das denn? Die Gesellschaft findet doch vornehmlich hier unten statt, oder?" Allein wie die Worte aus meinem Mund fließen, es ist eine Freude.
„Oben findet man eher die privaten Arrangements", antwortet der Mann und zwinkert mir zu. Und jetzt verstehe ich auch, was Andy damit meint, hier arbeiten zu müssen. Jetzt kann ich Mausi und Sven mit Stolz erzählen, dass sie recht haben! Ach, wenn die beiden nur hier sein könnten ...
„Wir können allerdings auch in den Garten gehen", sagt der Mann, der zielstrebig mit mir ein privates Arrangement anstrebt. Schlecht sieht er nicht aus und Champagner einschenken kann er.
„Sehr gern", antworte ich und fühle mich wie Sissi, die man zum Tanz führt. Die Luft ist mild und der Garten entpuppt sich als lauschiges Plätzchen, wo man hier und da eine Bank findet, die sich besitzen lässt.
„Wenn ich fragen darf, wie lange sind Sie schon im Geschäft?" Mein Begleiter scheint mir von der neugierigen Sorte. Jetzt stellt er schon Fragen, die ich selbst nicht beantworten kann.
„Wie meinen?", frage ich also zurück und gebe mir Mühe, wenn schon nicht schlau, dann doch zumindest gut auszusehen.
Jetzt bricht der Typ die Etikette. „Wie lange du schon als Call-Boy arbeitest", raunt er mir zu.
Tue ich das? Ich bin ein wenig überrascht. Ja, Andy macht das vielleicht, aber ich ... Ich bin doch nur auf dieser Party, weil er mich mitgenommen hat und ...
„Bist du überhaupt volljährig?", fragt
Weitere Kostenlose Bücher