love sheriffs
mit jedem Streit. Mit Max, Crocks, Tanja, der Teuser, mit jedem. Und wenn meine Eltern wieder zurück sind, kracht es bestimmt auch da. Ich kriege nichts auf die Reihe. Ich hüte gerade mal ein paar Wochen das Haus meiner Eltern und es hat sie bereits eine Lampe, einen Gartentisch und einen Mercedes gekostet. Ach ja, und den Sekretär habe ich auch noch beschädigt. Ich bin eine Naturkatastrophe im Körper einer Frau. Pia, die Zerstörung.
»Ich freue mich, dass du mir helfen wirst«, sagt Ilona und lächelt mich an.
»Wie?«
»Es ist schön, jemanden an meiner Seite zu wissen. Und dann sogar einen richtigen Sheriff. Hast du auch einen Stern?«
Sie meint es bestimmt nett, aber ich komme mir immer veralbert vor, wenn man mich auf diese idiotische Betitelung anspricht.
»Nein, habe ich nicht«, lüge ich. »Das ist doch nur so eine Bezeichnung. Ich bin auch nicht bewaffnet.«
»Na, das will ich doch hoffen! Ich möchte nicht, dass meinem Mann etwas passiert. Ich liebe ihn nämlich. Obwohl ich mich manchmal frage, warum eigentlich.«
»Keine Sorge«, beruhige ich sie. »Dein Mann wird meinen Besuch höchstwahrscheinlich überleben.«
Nach der Hausbesichtigung ziehe ich ins Gästezimmer ein. Während ich meinen Koffer auspacke, erzählt Ilona mir von ihrem Mann. Wie sie sich im Aquazoo kennengelernt haben, wo sie beide regelmäßig zur Entspannung die Fische beobachteten. Wie aufmerksam, hilfsbereit, verständnisvoll und verliebt er gewesen ist. Wie er sich nach der Hochzeit und mit zunehmendem Erfolg in der Agentur allmählich in einen anderen Mann verwandelt hat, unaufmerksam, wenig hilfsbereit, ohne Verständnis für die Bedürfnisse anderer und mehr in sich selbst und seine Karriere verliebt als in seine Frau.
»Hast du ihm eigentlich von mir erzählt?«, frage ich dazwischen.
»Nein, ich habe kein Wort gesagt, wie abgemacht.«
»Gut, wir werden ihn überraschen.«
»Er wird nicht gerade erfreut sein über Besuch«, befürchtet Ilona und wickelt nervös eine Haarsträhne um ihren Zeigefinger. »Überraschungsbesuche hasst er. Besonders wenn es jemand aus meinem Freundeskreis ist, der mehrere Tage bleiben will.«
»Das macht nichts«, sage ich händereibend. »Er soll mich ruhig hassen.«
»Und wenn er dich rausschmeißt?«
»Ich bin doch dein Gast«, sage ich.
»Aber es ist sein Haus.«
Ich schüttle ungläubig den Kopf. »Oh, Ilona, ich glaube, es war höchste Zeit, dass ich gekommen bin. Es ist euer Haus, nicht nur seins. Aber benehmen musst du dich natürlich, als wäre es dein Haus und als würdest du ihn nur aus Mitleid hier wohnen lassen. Ich glaube, bei dir muss ich ganz von vorne anfangen. Und keine Angst, er wird es nicht wagen, mich vor die Tür zu setzen. Dafür werde ich sorgen.«
»Und wie willst du das anstellen?«
»Da habe ich schon eine Idee.« Zuversichtlich blinzle ich ihr zu. »Hast du Verbandszeug im Haus?«
Später am Nachmittag, nachdem ich mich frisch gemacht, mit meinem Chefredakteur telefoniert und Tanja meine tägliche Entschuldigung auf die Mailbox gesprochen habe, treffe ich mich mit Ilona im Wintergarten. Bei Earl-Grey-Tee aus Meißner Porzellantassen und Biskuits auf einem Silberteller betreiben wir, zwei englische Ladys zur Teatime, gepflegt Konversation. Im Prinzip so ähnlich wie ein ganz gewöhnlicher Kaffeetratsch, nur eben viel vornehmer.
Ilona zeigt mir ihr Hochzeitsalbum. Auf den Fotos macht sie ein Gesicht, als wäre sie die glücklichste Frau auf Erden, und zum Zeitpunkt der Aufnahme war sie das vielleicht sogar. Ihr Mann macht ein Gesicht, als wäre er mehr oder weniger zufrieden mit sich und der Welt - mit sich mehr, mit der Welt weniger.
Mir fällt auf, dass Richard einen halben Kopf kleiner ist als Ilona. Ich schätze ihn auf höchstens ein Meter siebzig. Das erklärt natürlich einiges. Kleine Männer verspüren ja oftmals den Drang, die ganze Welt zu beherrschen mit Ausnahme der Waschmaschine. Napoleon, Hitler, Stalin, Mao - das waren alles keine Riesen. Und vermutlich hat sich auch Dschingis Khan bei Regen unter sein Pferd gestellt.
»Oh, Gott, ist es schon so spät?«, ruft Ilona plötzlich bestürzt. »Mein Mann kommt ja schon in einer Stunde. Ich muss sofort anfangen mit Kochen. Wie konnte ich nur so die Zeit vergessen? Magst du Heilbutt?«
Sie schnappt sich die leeren Teetassen und will schon loslaufen, vermutlich geradewegs in die Küche und an den Herd, als ich sie auf ihren Platz zurückziehe.
»Du hast Besuch«, sage ich. »Heute wird
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