Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
Julia war total beliebt, jeder wollte mit ihr zusammen sein. Wir sind alle lang aufgeblieben und haben bis tief in die Nacht hinein geredet, aber später, als alle anderen schon schliefen, hat Julia Caro aufgeweckt. Wir sind auf den Flur raus und Julia hat Caro die Meinung gesagt und ihr alles an den Kopf geworfen, was sie mir zusammen mit Beth und Anne Alice angetan hatte. Caro brach in Tränen aus, sodass sie mir fast leidtat, aber nur fast. Sie sollte ruhig wissen, wie ich mich immer fühlte, wenn alle auf mir herumhackten.«
»Ist das dieselbe Caro, von der du schon mal gesprochen hast?«
Ich nickte und Laurie kritzelte etwas auf ihren Block, während ich mir in Erinnerung rief, was danach passiert war. Caro stürzte ins Bad und wir schlichen uns runterund haben über sie gelacht. Ich kam mir so toll vor. So frei. Wir saßen eine Weile vor dem Fernseher, dann hat Julia den Schrank geöffnet, in dem ihre Mom den Alkohol aufbewahrte, und gesagt: »Was willst du trinken?«
Ich kann mich noch gut an die Flaschen erinnern: braun, grün, durchsichtig. Es war wie eine Mutprobe, zu der wir uns gegenseitig anstifteten, und jede musste etwas davon probieren. Julia nahm Rum. Ich Wodka. Es schmeckte grässlich und mein Mund und mein Hals brannten wie Feuer. Aber nach einer Weile wurde mir wohlig warm im Bauch, dann im ganzen Körper, und alles war plötzlich heller. Schöner.
Am Ende haben wir uns die besten Stellen aus den Kitschromanen von Julias Mom vorgelesen, bis wir vor Lachen fast erstickten. Wir hatten einen Höllenspaß. Und kurz bevor wir endlich eingeschlafen sind, musste ich Julia schwören, dass wir immer Freundinnen bleiben und uns alles erzählen würden. Ein Versprechen, das mir nicht schwerfiel. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass ich ihr etwas
nicht
erzählen würde.
»Wann habt ihr beide mit dem Trinken angefangen?«, fragte Laurie und ich schaute ihr in die Augen und sagte: »Weiß ich nicht mehr.«
Mehr gab ich nicht preis. Ich konnte mir schon denken, wie sie sich auf diese Erinnerung stürzen und alles total verdrehen würde.
»Okay«, sagte Laurie, aber sie wusste, dass ich log. Ich sah es in ihren Augen. »Und habt ihr viel getrunken?«
»Am Wochenende, manchmal auch ein bisschen bei ihr zu Hause, wenn ihre Mom auf der Piste war, um sich ihren Traummann zu angeln. Ich war jetzt nicht mehr mit Caro und Anne Alice und Beth zusammen und ich war froh darüber, aber eine Zeit lang hatte ich Angst, dass Julia mich vielleicht doch nicht als Freundin haben wollte.«
Im selben Moment, als mir das herausrutschte, wusste ich, dass ich einen Fehler gemacht hatte, denn der wohlwollend-interessierte Blick, den Laurie immer aufsetzte, wich plötzlich echter Neugier. Aber sie sagte nichts, nur: »Warum habt ihr getrunken?«, ein Thema, das inzwischen so ausgelutscht war, dass ich mich fragte, warum sie das alles noch mal hören wollte.
»Weil ich dann Spaß hatte. Gut drauf war. Wenn ich getrunken hatte, war es mir egal, dass meine Eltern mich kaum wahrnahmen. Dass sie nur »gut gemacht« sagten, wenn ich eine glatte Eins nach Hause brachte, und dann wieder mal davonrauschten, um sich bei einem romantischen Abendessen anzuschmachten. Und es war mir auch egal, wenn ich als Einzige über einen Witz lachte, den der letzte Loser in der Klasse gemacht hatte. Mir war alles egal und ich saß mit Julia vor dem Fernseher und blödelte mit ihr herum.«
Wie sich das Trinken dann für mich veränderte, davon erzählte ich Laurie nichts.
Im zweiten Halbjahr in der Achten wurde Julia von einem Neuntklässler zu einem Date eingeladen. Er wollte mit ihr auf eine Party gehen und sie sagte ihm, dass sienur hinkommen würde, wenn ich auch eingeladen wäre. So war Julia zu mir – sie hat immer dafür gesorgt, dass ich mit dazugehörte.
Ich hatte richtigen Bammel vor dieser Party, und als wir hinkamen, wusste ich nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich kam mir total fehl am Platz vor. Ich war die Größte dort, und obwohl ich mein Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, fiel ich trotzdem noch auf oder zumindest bildete ich mir das ein. Außerdem waren wahnsinnig viele Leute da und die Musik war so schrecklich laut – ich war völlig überfordert.
Ich trottete hinter Julia her, bis der Typ, der sie eingeladen hatte, mich anschnauzte, dass ich die Kurve kratzen sollte. Ich wäre am liebsten nach draußen gegangen, weil ich mich so klein und dumm fühlte, wie Beth mich immer hinstellte, aber dann sagte
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