Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
mir an ihr aufgefallen ist.«
»Was hat sie gesagt?«
»Weiß ich nicht mehr.« Aber ich erinnerte mich genau. Sie sagte, sie sei zwölf und einmal sitzen geblieben, als sei überhaupt nichts dabei, als hätte jeder, der noch nie sitzen geblieben war, etwas versäumt. Und dann, in der Pause, als ich allein beim Mittagessen saß, weil Beth, Caro und Anne Alice mich von ihrem Tisch verbannt hatten (ich weiß nicht mehr genau, warum, irgendwas mit meiner Frisur), kam Julia zu mir. Sie sagte: »Ich bin Julia. Hast du Lust, an Halloween mit mir um die Häuser zu ziehen?«
Und natürlich sagte ich Ja. Wie auch nicht? Julia war so cool, so furchtlos und sie wollte mit mir zusammen sein. Es war das Beste, was mir je passiert war.
»Dann habt ihr euch also angefreundet?«
Ich nickte. »Alle wollten mit ihr befreundet sein, aber ich war ihre beste Freundin.« Ich weiß noch gut, wie siemir das zum ersten Mal sagte. Beth hatte sich gerade an sie herangewanzt: »Julia, weißt du, dass du meine allerbeste Freundin bist?« Aber Julia zuckte nur die Schultern und sagte: »Meine ist Amy.« Beth fiel die Klappe herunter – ein Anblick, den ich nie vergessen werde.
»Dann habt ihr euch also getroffen und seid Freundinnen geworden.« Ich verdrehte die Augen. Ein echtes Genie, diese Laurie, mit ihrer Manie, alles zu wiederholen, was ich gerade gesagt hatte. Und verdammt lästig.
»Richtig«, sagte ich. »Ich dachte, das hätte ich schon gesagt.«
»Was habt ihr zusammen gemacht?«
»Ich war oft bei ihr zu Hause. Ihr Zimmer war … es war toll.« Nicht nur toll – es war genau so, wie ich mir meines immer erträumt hatte. Mit einem Himmelbett und überall Poster an den Wänden. Ich hab’s nie geschafft, meine Poster richtig anzubringen – entweder hingen sie schief oder sie rollten sich an den Ecken ein, bis ich sie irgendwann wieder herunterriss.
Julia fielen solche Dinge gar nicht auf. Wenn sie etwas an ihrer Wand haben wollte, pinnte sie es einfach hin, und als ich das erste Mal bei ihr zu Hause war, legte sie eine CD ein und drehte die Musik auf volle Lautstärke, dann sang und tanzte sie zu der Musik. Ich machte mit und sie kritisierte nicht an mir herum, dass ich irgendwas falsch machte. Sie sagte nur: »He, ist das nicht toll?«
Und da wusste ich, dass wir Freundinnen werden würden – für immer.
»Und ihre Mutter?« Na bitte, da war sie wieder, Laurie,und kreiste mich ein, wartete auf etwas, lauerte darauf, dass ich endlich preisgab, was sie sich in ihren Sitzungen von mir erhoffte. Sie wusste, dass Julias Mom mich hasste. Einmal hat sie mich gefragt, ob es etwas gibt, das mich glücklich macht, und ich darauf: »Julias Mutter hasst mich für das, was passiert ist. Das macht mich glücklich, weil sie recht hat. Weil ich es verdient habe.«
»Also eigentlich mochte Julias Mom mich sogar«, erzählte ich Laurie jetzt. »Schwer zu glauben, was? Aber es stimmt. Ich glaube, im ersten Jahr unserer Freundschaft hoffte sie irgendwie, dass ich einen ›guten Einfluss‹ auf Julia haben würde, dass sie durch mich genauso eine stille graue Maus würde, wie ich es war, bevor ich sie kennenlernte. Julia muss irgendwie Ärger an ihrer alten Schule gekriegt haben, aber was genau, weiß ich nicht, das habe ich nie wirklich erfahren. Ihre Mom hat es nicht erzählt und Julia hat nie darüber gesprochen, was vor ihrem Umzug war. Als hätte sie gar nicht existiert, bevor sie nach Lawrenceville gekommen war.«
»Hast du sie nie danach gefragt?«
»Nein«, sagte ich. Warum auch? Was immer der Grund war, der Julia in mein Leben geführt hatte, mir konnte es nur recht sein. Das Beste, was mir je passiert war.
»Mochtest du Julias Mutter?«
Was für eine absurde Frage. Aber schließlich kam sie ja auch von Laurie. »Ja, klar.«
»Aber Julia hat mit ihr gestritten.«
»Ja«, sagte ich und hätte fast hinzugefügt »Na und?«, aber ich verkniff es mir. Laurie erriet trotzdem meine Gedanken, denn sie sagte nur: »Aber du hattest nie Streit mit deinen Eltern, oder?«
Also wirklich! »Es war nicht so, dass ich Julia um ihre Mom beneidet habe, falls Sie das meinen. Wir sind nur eine Weile gut miteinander ausgekommen.«
»Und was ist dann passiert?«
»Julia ist kein braves Mädchen geworden.«
Laurie nickte. »Und was habt ihr gemacht, wenn ihr bei Julia zu Hause wart?«
»Ach, eigentlich ganz normale Sachen. Zum Beispiel hat sie direkt nach Thanksgiving eine Pyjama-Party gegeben und alle, die eingeladen waren, sind gekommen.
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