Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
jederzeit mit uns reden kannst?«
»Ja, ich weiß, dass ich mit euch reden kann«, wiederholte ich mechanisch und sie nickten beide.
Aber es stimmte. Jetzt konnte ich reden und sie würden mir zuhören. Jetzt wollten sie mir zuhören. Es tat weh, weil ich mich all die Jahre so sehr danach gesehnt hatte, dass sie mit mir reden – wirklich mit mir reden, mir wirklich zuhören, aber wenn ich gewusst hätte, um welchen Preis, dann … Oh Gott, wenn ich es doch nur gewusst hätte …
»Bitte, Amy«, sagte Dad. »Es würde uns allen helfen, davon sind deine Mutter und ich überzeugt. Wir wollten bisher nicht in dich dringen, aber wir halten es für wichtig, dass du darüber redest. Es würde uns helfen, dir zu helfen.«
Bitterkeit stieg in mir auf. Jetzt wollten sie mir helfen – jetzt, wo es zu spät war, wo nichts wiedergutgemacht werden konnte. Ich schaute in ihre Gesichter, sah, wie entschlossen sie waren, »Eltern zu sein«, während sie doch bisher nur Colin und Grace sein wollten, die zufällig auch eine Tochter hatten.
»Ich habe sie umgebracht.«
Schweigen. Kein angenehmes Schweigen. Absolute Stille. Es gibt da einen großen Unterschied. Absolute Stille hängt bleischwer in der Luft, drückt dich nieder.
»Aber du hast doch nicht … du hast den Wagen dochnicht gefahren«, sagte Mom. Sie beugte sich vor und legte eine Hand auf mein Knie. »Julia ist gefahren.«
Ich wich zurück. »Ja, aber ich bin schuld. Ich hab ihr gesagt, dass wir nach Hause fahren sollen. Ich bin mit ihr zum Auto gegangen, ich hab ihr gesagt, dass sie einsteigen soll. Dass sie sich anschnallen soll. Dass sie fahren soll.«
»Amy«, sagte Dad, »das bedeutet doch nicht …«
»Doch«, unterbrach ich ihn. »Es ist so. Weil ich dafür gesorgt habe, dass sie von der Party wegwollte. Es war meine Schuld – ich wollte, dass wir gehen, und das haben wir gemacht und dann ist sie …«
Und dann habe ich Julia getötet.
Ich habe ihnen erzählt, wie ich es gemacht habe. Ich habe es ihnen gesagt, weil ich sehen konnte, dass sie mir nicht glaubten.
Und wenn ich es ihnen erzählte, dann mussten sie mir glauben, das wusste ich.
»Wir sind auf eine Party gegangen«, fing ich an. »Kevin, Julias Freund, war angeblich auch dort. Ich bin als Erste rein, um abzuchecken, ob er wirklich da war, und ich hab gesehen, wie er mit einem anderen Mädchen die Treppe raufgegangen ist.«
Ich hatte gewusst, dass das kommen würde. Ich wusste, wie Kevin war. Ich wusste, dass Julia ihn liebte, aber er … er machte weiter mit anderen Mädchen rum und sie wurde dann sauer auf ihn und brüllte ihn an und sagte, dass sie ihn nie wiedersehen wollte.
Aber sie hat sich jedes Mal wieder rumkriegen lassen.Warum? Das ist mir bis heute nicht klar. Sie sagte, sie liebt ihn, aber ehrlich, was ist das schon, Liebe?
Was hat man davon? Julia hat Kevin geliebt und er hat ihr nur wehgetan. Ich wollte, dass sie das einsieht. Sie sollte begreifen, dass sie was Besseres verdient hatte.
Mom und Dad schauten mich an. Nicht direkt verwirrt, sondern eher … eher so, als ob sie sich in Sicherheit wiegten.
Aber da irrten sie sich.
»Ich hab dafür gesorgt, dass Kevin genug Zeit hatte, um das Mädchen herumzukriegen«, fuhr ich fort und redete extra langsam, auch wenn mir die Worte im Mund brannten und mir das Herz versengten. »Ich bin wieder zu Julia raus und hab ihr erzählt, dass er nicht da sei, aber dass ich gehört hätte, dass er noch kommen würde. Also warteten wir.«
Wir warteten und ich trank im Auto, während Julia mit den Fingern aufs Lenkrad trommelte und einen Lovesong mitsang und den Kopf schüttelte, als ich ihr die Flasche hinhielt.
»Als ich betrunken genug war«, erzählte ich weiter, »hab ich ihr gesagt, dass wir jetzt reingehen sollten. Wir sind also rein und natürlich keine Spur von Kevin. Ich sagte ihr, ich hätte von ein paar Mädchen gehört, dass er raufgegangen sei.«
Er war oben, mit einer anderen, wie ich ja genau wusste. Ich wartete nur darauf, dass Julia endlich genug von ihm hatte und begreifen würde, dass er sich niemalsänderte. Dann würde sie ihn mit ein paar Worten in ein Häufchen Asche verwandeln, die Tür zuknallen und alles hinter sich lassen.
Aber so war es nicht. Julia hat alles gesehen und ist in Tränen ausgebrochen. Das wollte ich nicht, ich wollte sie nicht zum Weinen bringen. Ich wollte ihr helfen. Ich wollte ihr Kevin vom Hals schaffen, wollte sie von dieser sogenannten Liebe befreien. Und ich dachte,
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