Love
anderen, während Daffy Duck aus dem Tal darunter aufsieht. »Dr. Jantzen war tet darauf, mit Ihnen reden zu können. Er hat auf dem Emp fang Erste Hilfe geleistet.«
Lisey blickt noch immer nicht ganz durch, was vermutlich mit daran liegt, dass sie keine Zeit gehabt hat, das Wort THO RAKOTOMIE nachzuschlagen. »Scott … was, ist er ohnmächtig geworden? Umgekippt?«
»Das kann Dr. Jantzen Ihnen bestimmt genau erzählen. Sie wissen, dass er außer der Thorakotomie auch eine parietale Pleuropneumektomie vorgenommen hat?«
Pleuro- was? Es erscheint ihr einfacher, Ja zu sagen. Unter dessen streckt die Schwester, die diktiert hat, eine Hand aus und rüttelt den schlafenden Rothaarigen wach. Als seine Augen sich blinzelnd öffnen, erkennt Lisey, dass sie sein Alter falsch eingeschätzt hat, er ist wahrscheinlich alt genug, um in einer Bar einen Drink zu bekommen, aber bestimmt will ihr niemand erzählen, dass er ihrem Mann den Brustkorb auf gesägt hat. Oder etwa doch?
»Die Operation«, sagt Lisey, ohne zu wissen, wen aus dem Trio sie anspricht. Ihre Stimme klingt deutlich verzweifelt, das gefällt ihr nicht, aber sie kann auch nichts daran ändern. »War sie erfolgreich?«
Die Warner-Bros.-Schwester zögert kurz, und Lisey liest alles, was sie befürchtet, in dem Blick, der ihrem plötzlich ausweicht. Dann kehrt er zurück, und die Krankenschwester sagt: »Dies ist Dr. Jantzen. Er hat auf Sie gewartet.«
3 Nach dem ersten vagen Blinzeln ist Jantzen sofort da. Lisey vermutet, dass das ein Arztding ist – bestimmt auch ein Polizeiding – und Feuerwehrding. Ein Schriftstellerding war es jedenfalls nie. Bevor er seine zweite Tasse Kaffee getrunken hatte, konnte man nicht mal mit ihm reden.
Sie merkt, dass sie gerade in der Vergangenheitsform an ihren Mann gedacht hat, und ein eiskalter Schauer lässt ihr die Nackenhaare zu Berge stehen und überzieht ihre Arme mit einer Gänsehaut. Danach folgt ein Gefühl von Leichtigkeit, das herrlich und entsetzlich zugleich ist. Als ob sie jeden Augenblick wie ein losgeschnittener Kin derballon davonschweben könnte. Zu irgendeinem anderen Ort
(still jetzt kleine Lisey davon darf man nicht reden)
davonschweben. Vielleicht zum Mond. Lisey muss ihre Fingernägel tief in die Handflächen graben, um auf den Bei nen zu bleiben.
Jantzen spricht inzwischen halblaut mit der Warner-Bros. Schwester. Sie hört zu und nickt. »Aber Sie vergessen nicht, das später schriftlich festzuhalten, ja?«
»Bevor die Wanduhr zwei anzeigt«, versichert Jantzen ihr.
»Und Sie wissen bestimmt, dass Sie die Sache so handha ben wollen?«, hakt sie nach – nicht um Einwände zu erheben, errät Lisey, sondern um sicherzugehen, dass sie alles richtig verstanden hat.
»Ganz bestimmt«, versichert er ihr, dann wendet er sich an Lisey und fragt, ob sie bereit sei, ihn nach oben auf die Alton- IS zu begleiten. Dort, sagt er, liege ihr Mann. Lisey erklärt sich ein verstanden. »Nun«, sagt Jantzen mit einem Lächeln, das müde und etwas aufgesetzt wirkt, »hoffentlich haben Sie Ihre Wan derstiefel an. Wir müssen in den vierten Stock.«
Als sie zur Treppe zurückgehen – wieder an YANEZ- THO MAS und VANDERVEAUX- ELIZABETH vorbei –, telefoniert die Warner-Bros.-Schwester. Später wird Lisey begreifen, dass Jantzen sie in dem gemurmelten Gespräch angewiesen hat, oben anzurufen und zu veranlassen, dass Scott vom Beat mungsgerät genommen wird. Das heißt, wenn er wach genug ist, um seine Frau zu erkennen und ihre Abschiedsworte zu hören. Vielleicht sogar selbst ein paar zu sprechen, wenn Gott ihm noch etwas Atem für seine Stimmbänder schenkt. Später wird sie erkennen, dass diese Maßnahme seine Lebenserwar tung von Stunden auf Minuten verkürzt hat, aber Jantzen fand, dass das ein fairer Tausch war, weil diese Stunden Scott seiner Überzeugung nach keinerlei Aussicht auf Genesung gebracht hätten. Später wird ihr klar werden, dass sie ihn praktisch auf eine Isolierstation verfrachtet haben, soweit ein Landkrankenhaus über eine verfügt.
Später.
4 Während sie langsam und gleichmäßig durch das heiße Treppenhaus in den vierten Stock hinaufsteigen, erfährt Lisey, wie wenig Jantzen ihr darüber erzählen kann, was Scott fehlt – wie verdammt wenig er selbst weiß. Die Thora kotomie, sagt er, sei keine Therapie, sondern habe nur dazu gedient, eine Ansammlung von Flüssigkeit zu entfernen; zu gleich sei die in Scotts Lungenhöhlen eingeschlossene Luft entfernt worden.
»Welchen Lungenflügel
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