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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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meinen Sie, Dr. Jantzen?«, fragt sie ihn, und er jagt ihr Angst ein, indem er antwortet: »Beide.«
    5 Dann fragt er sie, wie lange Scott schon krank ist und ob er einen Arzt aufgesucht hat, »bevor seine gegenwär tigen Beschwerden eskaliert sind«. Sie sagt ihm, dass Scott keine gegenwärtigen Beschwerden gehabt hat. Er war nicht krank. In den letzten Tagen ist ihm ein bisschen die Nase gelaufen, und er hat etwas gehustet und geniest, aber das war auch schon alles. Er hat nicht mal Allerest genommen, obwohl er glaubt, dass diese Sache allergisch bedingt ist, was sie ebenfalls denkt. Sie kennt solche Symptome aus eige ner Erfahrung, hat sie jedes Jahr im Spätfrühjahr oder Früh sommer.
    »Kein bellender Husten?«, fragt er kurz vor dem vierten Stock. »Kein bellender, trockener Husten wie der eines starken Rauchers? Tut mir übrigens leid, dass die Aufzüge außer Be trieb sind.«
    »Schon in Ordnung«, erwidert sie und bemüht sich, nicht zu schnaufen und zu keuchen. »Er hatte wie gesagt etwas Hus ten, aber nur ganz leichten. Und er hat früher geraucht, aber inzwischen schon seit Jahren nicht mehr.« Sie überlegt. »Ich glaube, in den letzten Tagen war sein Husten ein wenig stär
    ker, einmal bin ich nachts davon aufgewacht …«
    »Letzte Nacht?«
    »Ja, aber er hat einen Schluck Wasser getrunken, und dann hat der Husten sofort aufgehört.« Jantzen öffnet die Tür zu einem weiteren stillen Krankenhausflur, und Lisey legt ihm eine Hand auf den Arm, damit er stehen bleibt. »Hören Sie – Dinge wie diese Lesung von gestern Abend? Es hat eine Zeit gegeben, da hätte Scott selbst mit vierzig Grad Fieber ein hal bes Dutzend davon durchgestanden. Er hätte sich aus dem Beifall was zusammengebraut und sich das Zeug gespritzt, um die Sache durchzustehen. Aber diese Zeiten sind seit fünf, vielleicht schon sieben Jahren vorbei. Wäre er wirklich krank gewesen, hätte er bestimmt Professor Meade angerufen – er ist der Dekan der Anglistikfakultät – und die verdammte Lesung abgesagt.«
    »Mrs. Landon, bei seiner Einlieferung hatte Ihr Mann ein undvierzig Grad Fieber.«
    Jetzt kann sie Dr. Jantzen, den mit dem wenig glaubwür digen Jungengesicht, nur anstarren, mit stummem Entsetzen und etwas, was nicht ganz Ungläubigkeit ist. Im Lauf der Zeit wird jedoch ein Bild entstehen. Es gibt genügend Aussagen, die sich mit bestimmten Erinnerungen, die nicht restlos un terdrückt bleiben, kombinieren lassen, um ihr alles zu zeigen, was sie sehen muss.
    Scott hat eine Chartermaschine von Portland nach Boston genommen und ist mit United nach Kentucky weitergeflogen. Eine Flugbegleiterin von United, die sich ein Autogramm von ihm geben ließ, erzählte später einem Reporter, Mr. Landon habe »fast ständig« gehustet und sei im Gesicht auffällig rot gewesen. »Als ich ihn gefragt habe, wie's ihm geht«, erklärte sie dem Reporter, »hat er gesagt, das wäre nur eine Sommer grippe, er hätte ein paar Aspirin genommen und würde sich schon wieder besser fühlen.«
    Auch Frederic Borent, der Student, der ihn am Flughafen abgeholt hatte, erwähnte den Husten und berichtete, Scott habe ihn gebeten, bei einer Nite Owl vorbeizufahren, damit er sich Nyquil kaufen könne. »Ich fürchte, ich kriege eine Grippe«, hatte er Borent erklärt. Der Student sagte, er freue sich schon sehr auf die Lesung und frage sich, ob Scott sie durchstehen könne. Scott sagte: »Vielleicht werden Sie über rascht.«
    Das wurde Borent. Und entzückt. Genau wie die meisten Zuhörer, die Scott an diesem Abend hatte. Wie die Bowling Green Daily News berichtete, lieferte er eine »geradezu hyp notisierende« Lesung ab, die nur einige Male durch ein höf liches kleines Hüsteln unterbrochen wurde, das sich durch einen Schluck aus dem bereitstehenden Wasserglas offenbar leicht unterdrücken ließ. Als Jantzen Stunden später mit Lisey spricht, staunt er noch immer über Scotts Vitalität. Und es ist seine Verwunderung in Kombination mit einer Nachricht, die der Dekan der Anglistikfakultät bei seinem Anruf weitergibt, die Liseys sorgfältig instand gehaltenen Verdrängungsvor hang einreißen lassen – zumindest vorübergehend. Nach der Lesung und kurz vor Beginn des Empfangs waren Scotts letz te Worte Meade gegenüber gewesen: »Tun Sie mir einen Ge fallen und rufen Sie meine Frau an? Sagen Sie ihr, dass sie vielleicht herfliegen muss. Sagen Sie ihr, dass ich nach Son nenuntergang möglicherweise etwas Falsches gegessen habe. Das ist ein kleiner Scherz

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