Love
kön nen.«
Die Signalleuchte des Anrufbeantworters in ihrem Büro in der Scheune hatte geblinkt, und in dem Fenster NICHT ABGE HÖRTE NACHRICHTEN hatte eine rote 1 gestanden, aber als Lisey die Abspieltaste gedrückt hatte, waren nur drei Sekun den Schweigen zu hören gewesen, dann leises Atemholen und das Klicken, mit dem aufgelegt wurde. Theoretisch konnte sich einfach jemand verwählt haben; viele Leute legten einfach auf, wenn sie die falsche Nummer erwischt hatten, aber sie wusste, dass das nicht der Fall gewesen war.
Nein. Das war Dooley gewesen.
Lisey lehnte sich in den Schreibtischsessel zurück, fuhr mit einem Finger über den Hartgummigriff des Revolvers, nahm ihn dann in die Hand und klappte die Trommel zur Seite. Das war ganz einfach, wenn man es ein paarmal geübt hatte. Sie steckte Patronen in die Bohrungen und klappte die Trommel wieder hoch. Mit einem endgültigen kleinen Klicken rastete sie ein.
Im Raum gegenüber lachte Amanda über irgendetwas in dem Film. Lisey lächelte selbst ein wenig. Sie glaubte nicht, dass Scott dies alles genau geplant hatte; er hatte nicht einmal seine eigenen Bücher geplant, so komplex manche von ihnen auch gewesen waren. Zu viel Planung, hatte er gesagt, verderbe ihm den ganzen Spaß. Er hatte behauptet, wenn er ein Buch schreibe, nehme er einen im Gras liegenden leuchtend bunten Faden auf und folge ihm, um zu sehen, wohin er führe. Manchmal riss der Faden, sodass man mit leeren Händen dastand. Aber manchmal – wenn man Glück hatte, wenn man kühn war, wenn man nicht lockerließ – führte er einen zu einem Schatz. Und der Schatz war nie das Geld, das man mit einem Buch verdiente; der Schatz war das Buch. Lisey vermutete, dass die Roger Dashmiels dieser Welt das nicht glaubten und die Joseph Woodbodys dachten, es müsste etwas Großartigeres – etwas Weihevolleres – sein, aber sie hatte mit ihm zusammengelebt und wusste, dass Scott recht hatte. Ein Buch zu schreiben glich einer Bool-Jagd. Was er ihr nie erzählt hatte (aber sie hatte es wohl immer vermutet), war die Tatsache, dass der Faden, wenn er nicht riss, unweigerlich zum Strand zurückführte. Wieder an den Pool, zu dem wir alle hinabgehen, um zu trinken, unsere Netze auszuwerfen, zu schwimmen und manchmal zu ertrinken.
Und hat er es gewusst? Hat er zuletzt gewusst, das dies das Ende war?
Sie setzte sich etwas gerader auf, während sie sich zu erin nern versuchte, ob Scott versucht hatte, sie davon abzuhal ten, ihn auf dieser Reise zum Pratt zu begleiten: einem klei nen, aber angesehenen geisteswissenschaftlichen College, an dem er zum ersten und letzten Mal aus The Secret Pearl gele sen hatte. Mitten während des anschließenden Empfangs war er zusammengebrochen. Neunzig Minuten später hatte sie im Flugzeug gesessen, und einer der anwesenden Gäste – ein Herzchirurg, den seine Frau zu Scotts Lesung geschleppt hat te –, hatte eine Notoperation vorgenommen, um ihm das Leben zu retten oder zumindest so lange zu erhalten, bis er in ein größeres Krankenhaus verlegt werden konnte.
Hat er es gewusst? Hat er versucht, mich am Mitreisen zu hindern, weil er gewusst hat, was kam?
Eigentlich glaubte sie das nicht, aber als Professor Meade angerufen hatte, hatte sie da nicht sofort kapiert, dass Scott gewusst hatte, dass irgendetwas im Anmarsch war? Wenn nicht der Long Boy, dann dies? War das nicht der Grund da für, dass ihre finanziellen Angelegenheiten so mustergültig geregelt gewesen waren, alle notwendigen Papiere bereitgele gen hatten? Hatte er nicht deshalb so gründlich in Hinblick auf Amandas zukünftige Probleme vorgesorgt?
Ich denke, es wäre ratsam, gleich abzureisen, sobald Sie Ihr Einverständnis zur Operation erteilt haben, hatte Professor Meade gesagt. Und genau das hatte sie getan, indem sie den Charterflugdienst, mit dem sie manchmal flogen, angerufen hatte, nachdem sie mit einer anonymen Stimme in der Verwaltung des Bowling Green Community Hospital gesprochen hatte. Der Angestellten gegenüber identifizierte sie sich als Scott Landons Ehefrau Lisa und erteilte Dr. Jantzen die Erlaubnis, eine Thorakotomie (ein Wort, das sie kaum richtig aussprechen konnte) und »alle damit zusammenhängenden Eingriffe« vorzunehmen. Bei der Charterfluggesellschaft war sie selbstsicherer gewesen. Sie wollte die schnellste verfügbare Maschine. War die Gulfstream schneller als der Learjet? Gut, dann die Gulfstream.
In der Fernsehnische, im Schwarz-Weiß-Land von Die letzte Vorstellung, wo Anarene
Weitere Kostenlose Bücher