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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zwischen uns.«
    Lisey vertraut dem jungen Dr. Jantzen ihre schlimms te Angst an, ohne auch nur darüber nachzudenken. »Scott wird daran sterben, nicht wahr?«
    Jantzen zögert, und sie merkt plötzlich, dass er zwar jung, aber durchaus kein Jugendlicher mehr ist. »Ich möchte, dass Sie ihn sehen«, antwortet er nach einem Augenblick, der ihr sehr lang vorkommt. »Und ich möchte, dass er Sie sieht. Er ist bei Bewusstsein, aber das bleibt er vielleicht nicht lange. Kommen Sie bitte mit.«
    Jantzen geht sehr schnell. Er bleibt am Stationszimmer ste hen, und der diensthabende Krankenpfleger sieht von der Zeitschrift Modern Geriatrics auf, die er liest. Jantzen redet mit ihm. Sie sprechen leise, aber auf dem Gang ist es sehr still, und Lisey hört den Pfleger sehr deutlich vier Worte sagen. Sie machen ihr Angst.
    »Er wartet auf sie«, sagt der Krankenpfleger.
    Am anderen Ende des Flurs befindet sich eine geschlossene zweiflüglige Tür, auf der in leuchtendem Orangerot steht:
    ALTON-ISOLIERSTATIO N ZUTRITT NUR NACH ANMELDUN G ALLE VORSICHTSMASSNAHMEN BEACHTE N ZUM EIGENEN SCHUT Z ZU IHREM SCHUT Z MASKEN UND HANDSCHUHE KÖNNE N ERFORDERLICH SEI N
    Links neben der Tür ist ein Waschbecken angebracht, an dem Jantzen sich die Hände wäscht, bevor er Lisey anweist, sei nem Beispiel zu folgen. Rechts liegen auf einer fahrbaren Krankentrage grüne Stoffmasken, Latexhandschuhe in ver siegelten Packungen, gelbe dehnbare Schuhüberzüge in einem
    Karton mit dem seitlichen Stempel PASSEND FÜR ALLE GRÖS SEN und ein ordentlicher Stapel grüner OP-Kleidung. »Isolierstation«, sagt sie. »O mein Gott, Sie glauben wohl, dass mein Mann das gottverdammte Ebola-Virus hat!«
    Jantzen zuckt mit den Schultern. »Wir glauben, dass er irgendeine exotische Lungenentzündung hat, vielleicht sogar die Vogelgrippe, aber wir konnten es noch nicht identifizie ren, und es ist …«
    Er bringt den Satz nicht zu Ende, scheint um Worte ver legen zu sein, deshalb springt Lisey ihm bei. »Sie spielt ihm wirklich übel mit. Wie man so schön sagt.«
    »Eine Maske dürfte reichen, Mrs. Landon, außer Sie haben Schnittwunden. Mir ist nicht aufgefallen, ob Sie …«
    »Ich glaube nicht, dass ich mir Sorgen wegen irgendwelcher Schnittwunden machen muss, und ich brauche keine Maske.« Bevor er Einwände erheben kann, stößt sie die linke Türhälfte auf. »Wäre das Zeug ansteckend, hätte ich es längst.«
    Jantzen folgt ihr in die Alton- IS , während er sich eine der grünen Stoffmasken über Mund und Nase zieht.
    7 Am Ende des Korridors im vierten Stock gibt es nur vier Zimmer, und nur einer der Monitore ist eingeschaltet; aus nur einem der Zimmer dringen das Piepen medizinischer Geräte und das leise, stetige Rauschen ausströmenden Sauer stoffs. Der Name auf dem Monitor unter dem schrecklich hohen Puls – 178 – und dem schrecklich niedrigen Blutdruck – 79 zu 44 – lautet LANDON- SCOTT .
    Die Tür steht halb offen. Auf ihr klebt ein Warnschild, mit einem schwarzen X über einer orangeroten Flamme. Unter diesem eindeutigen Symbol steht in leuchtend roten Lettern die Warnung: KEIN FEUER, KEIN FUNKE . Sie ist keine Schrift stellerin, erst recht keine Dichterin, aber in diesen Worten liest sie alles, was sie darüber wissen muss, wie Dinge enden; die Worte sind der unter ihre Ehe gezogene Strich, wie man einen Strich unter Zahlen zieht, die addiert werden müssen. Kein Feuer, kein Funke.
    Scott, der sie mit seinem gewohnten frechen Abschieds gruß »Seeya later, Lisey-gator!« und wummerndem Retro-Rock von den Flamin' Groovies aus dem CD -Player seines alten Fords verlassen hat, sieht ihr jetzt mit einem Gesicht so blass wie Milchwasser entgegen. Nur seine Augen sind ganz lebendig, und sie scheinen zu brennen. Sie glühen wie die Augen einer im Schornstein feststeckenden Eule. Er liegt auf der Seite. Das Beatmungsgerät ist vom Bett weggeschoben worden, aber sie sieht den Schleim an dem Tubus und weiß
    (still kleine Lisey)
    dass dieser grüne Glibber Bakterien oder Mikroben oder beides enthält, die niemals jemand wird identifizieren kön nen, nicht mal mit dem besten Elektronenmikroskop der Welt und sämtlichen Datenbanken dieses Planeten.
    »He, Lisey …«
    Dieses Flüstern ist kaum hörbar – Bloß 'n Windstoß unter der Tür, hätte der alte Dandy sagen können –, aber sie hört es und geht zu ihm. Um seinen Hals hängt eine durchsichtige Maske, aus der Sauerstoff strömt. Aus seiner Brust sprießen zwei Kunststoffschläuche, und die

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