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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schmerz nachlässt.«
    19 Weil sie in ihrer Hausapotheke keine Mullbinde findet, die sie zufriedenstellt, reißt Lisey schließlich lange Streifen von einem Bettlaken ab. Das Laken ist alt, aber sie betrauert es trotzdem – beim Lohn einer Serviererin (durch kümmerliche Trinkgelder der verlorenen Jungs und kaum höhere von Professoren, die mittags in Pat's Café essen, nur unwesentlich aufgebessert) kann sie es sich kaum leisten, ihren Wäscheschrank zu plündern. Aber als sie an die sich kreuzenden Schnitte in seiner Handfläche – und die tiefere, längere Kieme in seinem Unterarm – denkt, zögert sie nicht.
    Kaum hat Scotts Kopf das Kissen auf seiner Seite ihres lachhaft schmalen Bettes berührt, als er auch schon schläft. Lisey glaubt, dass sie selbst noch einige Zeit wach liegen und über die Dinge nachgrübeln wird, die er ihr erzählt hat. Stattdessen schläft auch sie fast augenblicklich ein.
    Nachts wacht sie zweimal auf, zum ersten Mal, weil sie pin keln muss. Neben ihr ist das Bett leer. Einer Schlafwandlerin gleich tappt sie zum Bad, rafft unterwegs dahin schon mal das übergroße T-Shirt der University of Maine, das sie als Nacht hemd trägt, hoch und sagt: »Scott, beeil dich, okay, ich hab's wirklich …« Aber als sie ins Bad kommt, zeigt das Nachtlicht, das sie immer brennen lässt, ihr einen leeren Raum. Scott ist nicht da. Auch der Klositz ist nicht hochgeklappt, wie er ihn sonst immer zurücklässt.
    Lisey muss plötzlich nicht mehr. Auf einmal hat sie ent setzliche Angst, dass er von den Schmerzen aufgewacht ist, sich an alles erinnert hat, was er ihr erzählt hatte, und die – wie wurden sie in Chucks Insider gleich wieder genannt? – wiedergefundenen Erinnerungen ihn zermalmt haben.
    Sind sie tatsächlich wiedergefunden … oder hatte er diese Dinge bisher einfach für sich behalten? Das weiß sie nicht mit Bestimmtheit, aber sie weiß, dass sein kurzer Rückfall in die Kindersprache ihr sehr unheimlich war … und wenn er nun wieder zum Parks Greenhouse hinuntergegangen ist, um die Sache zu Ende zu bringen? Diesmal an der Kehle statt an der Hand?
    Sie wendet sich dem düsteren Rachen der Küche zu – das Apartment besteht nur aus Schlafzimmer, Küche und Bad – und sieht ihn zusammengerollt in ihrem Bett liegen. Er schläft wie immer in nahezu fötaler Haltung, die Knie fast bis zur Brust hochgezogen, die Stirn an die Wand gelegt (wenn sie im kommenden Herbst ausziehen, wird sich dort ein schwacher, aber erkennbarer Fleck abzeichnen – Scotts Mal). Sie hat ihm schon öfter erklärt, dass er mehr Platz hätte, wenn er außen schlafen würde, aber das will er nicht. Jetzt bewegt er sich ein wenig, die Sprungfedern quietschen, und in dem durchs Fenster einfallenden Licht einer Straßenlaterne kann Lisey ein dunkles Haarbüschel über sein Gesicht fallen sehen.
    Eben war er nicht im Bett.
    Aber er liegt darin, sogar auf der Innenseite. Wenn sie daran zweifelt, könnte sie eine Hand unter das Haarbüschel schieben, auf dem ihr Blick ruht, und sein Gewicht spüren.
    Vielleicht habe ich nur geträumt, er wäre fort?
    Das klingt vernünftig – halbwegs –, aber als sie zurück ins Bad geht und sich aufs Klo setzt, denkt sie wieder: Er war fort. Als ich aufgestanden bin, war das verdammte Bett leer.
    Als sie fertig ist, klappt sie den Sitz hoch, denn wenn er nachts aufsteht, ist er bestimmt zu verschlafen, um daran zu denken. Anschließend geht sie wieder ins Bett. Bis sie es er reicht, schläft sie schon fast wieder. Er ist jetzt neben ihr, und allein darauf kommt es an. Bestimmt kommt's nur darauf an.
    2O Beim zweiten Mal wacht sie nicht von allein auf.
    »Lisey.«
    Das ist Scott, der sie rüttelt.
    »Lisey, kleine Lisey.«
    Sie kämpft dagegen an, sie hat einen anstrengenden Tag –
    Teufel, eine anstrengende Woche – hinter sich, aber er lässt nicht locker.
    »Lisey, wach auf!«
    Sie macht sich darauf gefasst, dass ihr Morgenlicht in die Augen stechen wird, aber es ist noch dunkel. »Scott. Isnlos?« Sie will fragen, ob er wieder blutet, ob der Verband, den sie
    angelegt hat, verrutscht ist, aber diese Gedanken erscheinen ihrem vernebelten Verstand zu groß und zu kompliziert. Isnlos wird genügen müssen.
    Sein Gesicht hängt über ihr, ist hellwach. Er wirkt aufge regt, scheint aber nicht verzweifelt zu sein oder Schmerzen zu haben. Er sagt: »So können wir nicht weiterleben.«
    Das macht sie wacher, weil es sie ängstigt. Was will er damit sagen? Dass er Schluss machen

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