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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verrückt ist wie eine Scheißhausratte und Sie ihn nicht zurückpfeifen können. Also ja, Professor, ich werde den County-Sheriff anrufen, und jawohl, ich werde der Polizei Ihren Namen nennen, ich werde ihr alles sagen, was dazu beitragen kann, Ihren Freund aufzu spüren, weil er nämlich noch nicht fertig ist, das wissen Sie so gut wie ich, weil er nicht fertig sein will, weil er verdammt viel Spaß daran hat, und das haben Sie nun davon. Sie haben sich das alles selbst eingebrockt, jetzt löffeln Sie es gefälligst auch aus! Okay? Okay?«
    Keine Antwort. Aber sie hörte ein feuchtes Schniefen und wusste, dass der einstige König der Inkunks sich bemühte, nicht zu weinen. Sie legte auf, grapschte sich eine weitere Zigarette vom Fußboden und zündete sie an. Sie griff wieder nach dem Hörer, schüttelte dann aber den Kopf. Die Dienst stelle des Sheriffs würde sie nachher anrufen. Erst wollte sie den silbernen Spaten aus dem BMW holen, und das wollte sie gleich tun, bevor das letzte Licht erlosch und ihr Teil der Welt den Tag mit der Nacht vertauschte.
    Auf dem Hof vor der Scheune – den sie für sich ver mutlich »Vorgarten« nennen würde, bis sie in die Grube sank – war es schon unbehaglich finster, obwohl die Venus, der Wünschestern, erst noch am Himmel erscheinen musste. Wo Scheune und Werkzeugschuppen zusammenstießen, waren die Schatten besonders dunkel, und der BMW stand nur fünf bis sechs Meter von ihnen entfernt. Natürlich hielt Dooley sich nicht in diesen dunklen Schatten versteckt; falls er über haupt hier war, konnte er überall sein: an der Umkleidekabi ne am Pool lehnend, um die Hausecke bei der Küche herum streichend, am Kellerabgang kauernd …
    Bei dieser Vorstellung machte Lisey auf dem Absatz kehrt, aber das Licht reichte noch aus, um ihr zu zeigen, dass beide Seiten des Kellerabgangs frei waren. Und die zweiflüglige Klapptür selbst war abgesperrt, weshalb sie nicht befürchten musste, dass Dooley im Keller war. Es sei denn, er wäre ir gendwie ins Haus gelangt und hätte sich dort unten versteckt, bevor sie heimgekommen war.
    Hör auf Lisey du machst dir selbst …
    Sie verharrte mit den Fingern auf dem Türgriff einer der hinteren Türen des BMW . So blieb sie ungefähr fünf Sekunden lang stehen, dann ließ sie ihre Zigarette aus der anderen Hand fallen und trat den Stummel aus. In den tiefen Schatten des Winkels zwischen Scheune und Werkzeugschuppen stand je mand. Stand dort sehr groß und still.
    Lisey riss die linke hintere Tür auf und schnappte sich den silbernen Spaten aus dem Fußraum vor dem Rücksitz. Die Innenbeleuchtung blieb eingeschaltet, als sie die Tür wieder schloss. Daran hatte sie nicht gedacht. Daran, dass die Innenbeleuchtung von Autos heutzutage noch kurze Zeit brannte, das »Höflichkeitslicht«, wie die Hersteller es nannten, aber sie fand nichts höflich daran, dass Dooley sie sehen konnte, wäh rend sie ihn nicht mehr erkennen konnte, weil das verdamm te Licht sie blendete. Sie trat von dem Wagen weg und hielt dabei den Spatenstiel diagonal vor der Brust. Endlich erlosch das Licht im Innenraum des BMW . Einen Augenblick lang machte das alles noch schlimmer. Unter dem verblassenden Lavendelhimmel konnte sie nur eine Welt aus undeutlichen purpurroten Schatten wahrnehmen und rechnete fest damit, dass er sie im nächsten Moment anfiel, sie »Missus« nannte und fragte, warum sie nicht auf ihn gehört hätte, während seine Hände sich um ihren Hals schlossen und ihren Atem röchelnd ersterben ließen.
    Aber das passierte nicht, und einige Sekunden später ge wöhnten ihre Augen sich wieder ans Dämmerlicht. Nun konn te sie ihn wieder sehen: groß und aufrecht, ernst und still, so stand er dort im Winkel zwischen dem großen und dem klei neren Gebäude. Mit etwas zu seinen Füßen. Irgendein qua dratisches Paket, das ein Koffer sein konnte.
    Großer Gott, er glaubt doch wohl nicht, dass er darin Scotts ganzen Nachlass abtransportieren kann, oder?, dachte sie, während sie einen weiteren vorsichtigen Schritt nach links machte und dabei den silbernen Spaten so fest umklammert hielt, dass ihre Fäuste pochten. »Zack, sind Sie das?« Noch ein Schritt. Zwei. Drei.
    Sie hörte ein Auto kommen und begriff, dass die Scheinwerferstrahlen über den Hof huschen und ihn ihr in voller Größe präsentieren würden. Wenn das geschah, würde er sich auf sie stürzen. Sie holte mit dem silbernen Spaten über der rechten Schulter aus, genau wie sie es im August 1988 getan

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