Lovers (German Edition)
sage nichts.
Hat Jack etwa heute Morgen schon mit ihr geredet? Oder ist er gestern Nacht noch von meinem Bett in ihres gewechselt? Nein, bestimmt nicht. Sie war doch nebenan bei Charles, oder?
Mir wird bewusst, dass ich keine Ahnung habe.
Und dass ich kein Recht habe, sie das zu fragen.
Meine Stimmung erreicht einen neuen Tiefpunkt.
Ich bleibe etwas hinter den anderen zurück, während wir die Straße entlang zu dem Bereich an der Santa Barbara Avenue schlendern, an dem sich der Bauernmarkt befindet. Weiße Markisen werfen ihre Schatten auf die Stände, aber sobald wir den Markt betreten, sehe ich überall nur noch Farben. Obst und Gemüse, Blumen, Gläser mit hausgemachter Marmelade und Honig vom Imker, frisch gebackenes Brot. Endlich entdecke ich einen mobilen Kaffeestand.
“Ich muss hier unbedingt was holen!”, rufe ich.
“Ich auch”, sagt Leo und stellt sich an.
Viviane winkt uns abwesend zu. Sie und Patrice beugen sich gerade über einen Tisch, auf dem Pfirsiche präsentiert werden, und Patrice hat schon begonnen, mit dem Händler zu feilschen. Ich stehe in der Warteschlange hinter Leo. Der Kaffeeduft lässt mich fast sabbern. Zum Glück ist Leo heute Morgen ziemlich schweigsam. Ich weiß nicht, ob ich ein normales Gespräch führen könnte.
Ich warte und reibe mir die juckenden Augen. Nur am Rand nehme ich meine Umgebung war, denn ich bin nur von dem Gedanken beseelt, endlich einen Becher Kaffee zu bekommen. Ich bin launisch und ungeduldig. Schlafmangel tut mir nie besonders gut, aber heute geht es mir sogar noch schlechter. Ich will lieber nicht darüber nachdenken. Nein, eigentlich will ich gar nicht nachdenken.
Eine Hand legt sich auf meine Schulter. Als ich mich umdrehe, steht Audrey hinter mir. Sie legt den Arm um meine Schultern. “Und?”, sagt sie leise. “Wirst du mir davon erzählen?”
“Was soll ich dir denn erzählen?” Ich weiß natürlich sofort, was sie meint.
“Über dich und Jack.”
“Du scheinst es ja schon zu wissen.”
“Wir sind heute früh aber ziemlich zugeknöpft, kann das sein?”
Sie lächelt, aber ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt. Ich zucke nur mit den Schultern.
“Also gut, Süße”, sagt sie. “Du hast natürlich das Recht, mir nichts davon zu erzählen. Aber das heißt ja nicht, dass ich mein Erlebnis nicht mit dir teile.” Sie grinst und rückt etwas näher. “Charles ist wirklich erstaunlich”, flüstert sie. “Der Mann kann ewig. Ich kann echt kaum mehr laufen. Und er ist wirklich ein großartiger Typ. Ich glaube, ich mag ihn wirklich.”
Ich vermute, das ist ein Geständnis, wie Audrey es jedes Mal nach der ersten Nacht mit einem Mann vom Stapel lässt.
Ich bin heute wirklich unausstehlich.
“Das ist schön, Audrey”, sage ich.
Sie sieht mich an und blinzelt. Irgendwie sieht sie verletzt aus.
“Gott, tut mir leid, Audrey. Ich glaube, ich bin einfach noch müde.”
“Ist schon in Ordnung.” Sie ist wieder ganz weich und streichelt meine Haare. Dann fragt sie: “Mit dir ist alles in Ordnung?”
“Ja, ich glaube schon.”
“Armes Mädchen. Lass dich nicht von ihm beherrschen. Das soll keiner, weißt du?”
“Ich werde dran denken.”
Ich denke wieder an unser Gespräch zurück, bei dem sie mir erklärt hat, ich dürfe niemandem erlauben, Macht über mich zu bekommen. Sie hat natürlich recht. Jack hat im Grunde dasselbe zu mir gesagt. Und ich muss aufhören, mich ständig zu fragen, ob das wirklich so offensichtlich ist, dass ich den Menschen gestatte, Macht über mich auszuüben, wenn beide mir das unabhängig voneinander sagen.
Sie lehnt sich zu mir herüber. Ihre Lippen sind direkt an meinem Ohr, und sie flüstert: “Von niemandem außer von mir.” Sanft küsst sie mich auf die Wange.
Ich erbebe. Die Lust schneidet wie eine winzige Scherbe in meine Haut und kitzelt mich. Sie lässt mich strahlen.
Aber im nächsten Moment ist Audrey schon wieder weg. Sie tritt an einen der Stände und bleibt stehen, um einen Strauß Sonnenblumen zu betrachten. Ich atme tief ein und versuche, nicht zu stammeln, als Leo sich zu mir umdreht und mich fragt, ob ich nur Kaffee möchte oder auch etwas Gebäck.
“Eigentlich habe ich keinen Hunger. Aber vielleicht wollen die anderen ja noch was.”
“Stimmt. Hältst du mir den Platz frei? Ich frage sie.”
Ich schließe die Augen und befehle meinem Herz, nicht mehr so irrwitzig in meiner Brust zu hämmern. Und mein Magen soll gefälligst auch aufhören, so aufgeregt zu flattern.
Leo
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