Lovers (German Edition)
Oliven probieren”, erklärt Jack. “Viviane bekommt sie von jemandem aus der Stadt. Sie sind wirklich lecker. Dieser kleine Hauch Salz ist der perfekte Höhepunkt.”
Er schiebt eine Olive in meinen Mund, und ich kaue. Das Aroma ist bitter und erdig. Wunderbar.
“Du hast recht. Sie ist perfekt.”
Der ganze Tag ist perfekt. Zu perfekt. Ich habe das schreckliche Gefühl, das alles werde man mir früher oder später wieder nehmen. Aber ich versuche, dieses Gefühl zu ignorieren und mich mit dem Geschmack des Essens abzulenken. Mit dem milden Aroma des Weins in meinem Glas und mit Jacks nacktem Körper neben meinem.
“Jack?”
“Mmm, was ist?”
“Jetzt musst du mir eine wahre Geschichte erzählen.”
“Okay.” Er lächelt. Dann sitzt er für einen Moment schweigend da. “Also gut. Eine wahre Geschichte. Als ich noch ein kleiner Junge war, war mein Dad für mich ein Held. Ich meine, ich habe ihn richtig verehrt. Ich bin ihm wie ein kleiner Hund überall hin gefolgt. Alles, was er tat, war Gold. Später erst habe ich erkannt, dass das zum Teil so war, weil er nicht so oft da war. Ich wusste damals nicht, was er gemacht hat und warum er so oft nicht da war. Ich wollte einfach nur, dass er mich wahrnimmt. Ich wollte, dass er auf mich stolz war.
Ich habe ein paar ziemlich dumme Sachen gemacht. Einmal habe ich während seiner Abwesenheit versucht, den Rasen zu mähen. Aber ich war erst acht, und der Rasenmäher war für mich zu stark, weshalb der Rasen danach ziemlich zerrupft aussah und ich die Hälfte der Blumenbeete meiner Mutter abgesäbelt habe.”
Ich lächle ihn an. “Das ist ja süß.”
“Ja, vielleicht.” Er macht eine Pause, stürzt den Wein irgendwie aggressiv herunter, als handle es sich um Whisky oder einen anderen Schnaps. “Aber dann habe ich ein paar Jahre später versucht, mir selbst das Autofahren beizubringen. Da war ich zwölf. Habe kaum die Pedale im Wagen meiner Mom erreicht. Ich wollte ihm einfach zeigen, dass ich ein Mann war, verstehst du? Also fuhr ich rückwärts aus der Einfahrt. Ich wusste nicht, dass er in dem Moment heimkam und gerade in die Zufahrt einbog, als ich zurücksetzte. Ich fuhr direkt in seinen Wagen und habe den Frontkühler beschädigt. Er hat sich die Hand verstaucht und ein Schleudertrauma erlitten. Er war verdammt wütend auf mich.”
“Das tut mir leid, Jack.” Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Sein Gesicht ist irgendwie erstarrt, als wollte er nicht, dass ich sehe, wie verletzt er selbst jetzt noch ist, da er sich erinnert. Aber ich sehe es. Und mir tut sein Schmerz in der Seele weh.
Jack nimmt einen großen Schluck Wein, diesmal aber etwas langsamer. Dann noch einen. “Tja, Kinder machen eben dumme Sachen.”
“Das stimmt.”
“Manchmal auch Erwachsene.”
Er verstummt, und ich sitze einfach bei ihm und nippe an meinem Wein. Ich beobachte ihn. Nacheinander huschen Schatten über seine Miene.
Schließlich frage ich ihn: “Denkst du oft an Sheri, Jack?”
Er zuckt die Schultern. “Nicht so wie an meinen Vater. Also, ich denke an sie nicht wie an eine vergangene Liebe. Das war sie auch nicht für mich, und da lag ja ihr Problem. Aber ich denke oft darüber nach, was für ein Idiot ich war, ja.”
“Du hast sie nie geliebt?”
“Wenn ich sie geliebt hätte, hätte ich sie doch nicht betrogen, oder?”
“Ich weiß nicht. Manche Leute tun das.”
“Hm, kann schon sein. Ich glaube einfach, das kann keine Liebe sein.”
“Was ist Liebe dann?”
“Ich habe keine Ahnung.” Er fährt sich mit der Hand durchs Haar. “Ich vermute, darauf habe ich schlicht keine Antwort.” Er lacht hart auf. “Das ist schon irgendwie absurd, da bin ich fünfunddreißig Jahre alt und habe keine Ahnung, was Liebe ist. Ich weiß nur, was es nicht ist.”
Bei diesem Gespräch fühle ich mich zunehmend unwohl, und ich bin mir nicht ganz sicher, warum das so ist. Eigentlich liebe ich philosophische Herausforderungen. Vielleicht ist es für uns zwei einfach das falsche Thema.
“Wir müssen ja nicht darüber reden. Tut mir leid, Jack.”
“Ach, mach dir deshalb keine Sorgen. Ich war es ja, der plötzlich so morbide Gedanken ins Spiel gebracht hat.”
Er stürzt noch einen Schluck Wein hinunter und leert sein Glas. Er steht auf, schenkt sich nach und gibt mir auch mehr, obwohl ich ihn nicht darum gebeten habe. Dann beginnt er, die Teller und Schüsseln vom Bett auf den kleinen Tisch zu räumen.
“Lass mich dir helfen”, biete ich an.
“Nein,
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