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Luc - Fesseln der Vergangenheit

Luc - Fesseln der Vergangenheit

Titel: Luc - Fesseln der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ross
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fuhr sich über die verschwitzte Stirn und nickte, bis ihm einfiel, dass Scott das im Flur kaum sehen konnte. »Ja. Schon gut.« Trotz seiner Beteuerung wurde die Tür geöffnet und Scott betrat den Raum. »Vorsichtig. Hier liegen Scherben.«
    »Das war nicht zu überhören.«
    Lucs Augen hatten sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt, so dass er das zersplitterte Wasserglas auf dem Boden erkennen konnte. Sein Laken war ein feuchtes Knäuel am Fußende. Gleichmäßig atmend versuchte er seinen rasenden Puls in den Griff zu bekommen. Vergeblich. Jay hatte sich bisher nicht gemeldet. Zusätzlich zur Angst um seinen Bruder kam der Alptraum, der ihn direkt zurück in Warzais Hände katapultiert hätte.
    Er hätte Scott liebend gerne aufgefordert, ihn allein zu lassen, wollte andererseits aber auch nicht auf die Gegenwart seines Freundes verzichten. Der Zwiespalt war typisch für das Chaos, zu dem sein geordnetes Leben sich entwickelt hatte.
    Scott ließ ihn nicht aus den Augen, als er sich in den Sessel und damit auf Lucs Kleidung vom Vortag setzte. »Brauchst du irgendwas? Wasser? Was Stärkeres?«
    »Mir reicht die aktuelle Uhrzeit.« Sie hatten einen Vier-Stunden-Rhythmus zwischen Wachen und Schlafen vereinbart, um auf ungebetene Besucher vorbereitet zu sein, aber die hereinbrechende Morgendämmerung vor dem Fenster deutete darauf hin, dass Scott ihren Plan eigenmächtig geändert hatte.
    »Halb fünf, und ehe du dich aufregst: Ich habe die letzten Wochen genug geschlafen und faul herumgelegen. Du warst völlig fertig und bist es im Prinzip noch. Und um deine nächste Frage vorwegzunehmen: Die Jungs sind seit einer halben Stunde in Position und sie sind oben nicht die Einzigen, die die Zufahrt zum Haus beobachten. Beschwer dich nicht darüber, dass sie mit dabei sind, sondern mach dir klar, was sie mit dir gemacht hätten, wenn du sie übergangen hättest. Sie würden für dich durchs Feuer gehen, und wenn du sie jetzt ausschließt, beleidigst du sie. Wir machen uns immer noch genug Vorwürfe, dass Warzais Leute vor unseren Augen mit dir entkommen sind.«
    Scharf nach Luft schnappend setzte Luc sich auf. Anscheinend war die Stunde der Wahrheit gekommen. »Das ist doch Schwachsinn.«
    »Wir sehen es anders, Boss. Und das ist auch unser gutes Recht. Der Gedanke hat mich verrückt gemacht, dass ich dich im Stich gelassen habe, als du mich gebraucht hast.«
    »Du weißt, dass es so nicht war.«
    »So sehe ich das jedenfalls, basta. Und jetzt rede endlich über das, was dir diese Alpträume verursacht, Luc. Ich bin kein beschissener Psychologe, aber ich weiß, dass es falsch ist, dass du das alles mit dir selbst ausmachst.« Er beugte sich vor und sah Luc durchdringend an. »Komm schon. Du hast mit mir auch über Jasmin gesprochen. Wo ist da der Unterschied? Glaubst du, ich kann mir die Wahrheit aus deinen Prellungen und Abschürfungen nicht zusammenreimen?«
    »Warum sollte ich das dann noch großartig auswälzen?« Scotts Augen waren wie zwei helle Punkte auf ihn gerichtet und Luc kannte die Sturheit seines Freundes nur zu gut. Wenn er nicht nachgab, saßen sie noch Stunden später hier, und sie hatten wahrlich andere Sorgen. Zunächst widerstrebend, dann flüssiger erzählte er Scott von dem Gefühl der Hilflosigkeit und der Wut, die an ihm genagt hatte und die letztlich in einem Kampf ums reine Überleben geendet hatte. Am Ende fühlte er sich tatsächlich erleichtert und hatte erfolgreich eine gewisse Distanz zu seinen Erfahrungen aufgebaut.
    Obwohl er sich um eine beherrschte Miene bemühte, war Scott sein Entsetzen anzumerken. »Darauf bereitet dich kein noch so fieses Training vor. Das mit Jasmin und den Kazim-Brüdern muss danach das totale Kontrastprogramm gewesen sein. Ziemlich viel, um das in so kurzer Zeit wegzustecken.«
    »Falls du meinst, dass ich mir das mit Jasmin nur einbilde oder, was die Kazims angeht, einer Gehirnwäsche unterzogen worden bin, muss ich dich enttäuschen. Mein Denken funktioniert tadellos.« Statt scherzhaft lässig kam das viel zu ernst rüber und Luc trat sich gedanklich in den Hintern. Rasch versuchte er zu retten, was zu retten war. »Ich bin genauso wenig wie du ein Psychologe, aber das, was du eben Kontrastprogramm genannt hast, hat mir auf irgendeine Art meine Menschlichkeit zurückgegeben. Bei Warzai ging es nur ums nackte Überleben, mehr war da nicht mehr von mir übrig. Die kurze Zeit mit Jasmin, aber auch die Gespräche mit Hamid und Kalil haben mich wieder zu dem gemacht,

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