Luc - Fesseln der Vergangenheit
danke dir.« Impulsiv legte Jasmin ihm eine Hand auf den Arm und entschuldigte sich sofort für die vertrauliche Geste.
Statt empört zu reagieren, fasste Mahmut seinerseits nach ihrer Hand. »Es ist nicht entscheidend, was die Leute über einen sagen, sondern was man tut. Pass auf dich auf, Madam Doktor. Du kannst jederzeit herkommen. Wir werden dich vor jeder Gefahr schützen.«
Das ernst gemeinte Angebot, obwohl Mahmut mit seinem Schlagstock den vermutlich bewaffneten Männern hoffnungslos unterlegen war, rührte sie. Sie räusperte sich, bis sie ihrer Stimme wieder traute. »Ich danke dir ein weiteres Mal, mein Freund. Und ich werde gut aufpassen.«
Die nächste Stunde feilschte Jasmin wie ein Teppichhändler um jede Ampulle Antibiotika. Erst als der Klinikchef verzweifelt die Hände hob und einlenkte, war sie zufrieden. »Du wirst das Geld morgen auf deinem Konto haben«, versprach sie
»Und ich werde heute Abend eine weitere Bestellung für unser Haus vorbereiten müssen. Jasmin, deine Bitten haben den Charakter eines Überfalls. Als kleinen Ausgleich für die Nerven, die mich deine Besuche kosten, warten vier Patientinnen auf dich, die nicht bereit sind, mit einem männlichen Arzt offen zu reden. Wenn ich nicht wüsste, dass du nur das Wohl deiner Patienten im Sinn hast, würde ich dir Hausverbot erteilen, aber so bin ich für jeden deiner Besuche dankbar.« Er fuhr sich über seine ausgeprägte Stirnglatze. »Auch wenn mich das die letzten verbliebenen Haare kosten wird. Möchtest du noch ein Glas Tee?«
Da es in dieser Klinik nur selten vernünftige Patientenakten gab, war das die perfekte Gelegenheit, mehr über ihre wartenden Patientinnen zu erfahren. »Gerne, dann erzähle mir doch bitte, was mich gleich erwartet.«
Vier Stunden später verließ Jasmin erschöpft, aber zufrieden die Klinik. Der Kofferraum ihres Wagens war gut gefüllt und der silberne Volvo nirgends zu sehen. Auf der Rückfahrt zu ihrer Wohnung blieb ihre innere Alarmanlage still. Vielleicht hatte Mahmuts Auftritt ihre Beschatter tatsächlich überzeugt, dass sie die falsche Frau im Visier hatten. Trotzdem würde sie die nächsten Tage extrem wachsam sein. Ein Vibrieren an ihrer Hüfte erinnerte sie an ihr Satellitentelefon, das sie so gut wie nie nutzte. Es verstummte, ehe sie es aus der Hosentasche holen konnte. Dann war es vermutlich nur wieder eine Text-Nachricht ihres Providers, der sie über eine weitere Tarifänderung informierte. Nach einer kurzen Pause meldete sich ihr Handy erneut. Angespannt zählte sie die Anzahl der Vibrationen. Vier Stück, danach eine Pause und erneut zwei. Und sie hatte gedacht, der Tag würde sich zum Besseren wenden.
Kalil hatte ihr das teure Satellitentelefon aufgedrängt und keinen ihrer Einwände gelten lassen. Eigentlich war es die reinste Geldverschwendung, denn lediglich die Brüder kannten und nutzten ihre Telefonnummer. Andererseits war es eine gewisse Beruhigung, im Notfall eine Warnung oder einen Hilferuf an ihre selbsternannten Brüder absetzen zu können und auch für sie erreichbar zu sein, falls etwas Unvorhergesehenes geschah. Bisher hatte Kalil das vereinbarte Notsignal jedoch nur ein einziges Mal testweise benutzt. Instinktiv ahnte Jasmin, dass es jetzt ernst war. Die abgestimmte Reihenfolge bedeutete, dass sie schnellstmöglich mit Kalil übers Internet Kontakt aufnehmen sollte. Ihr fiel kein vernünftiger Grund ein, warum er nicht persönlich mit ihr sprach. Nach dem fünften Klingeln wäre sie rangegangen und sie hätten direkt miteinander reden können. Sie beschleunigte den Wagen und drückte gleichzeitig auf die Hupe. Für defensives Verhalten im ohnehin chaotischen Verkehr fehlte ihr die Geduld, und nachdem sie bereits Erfahrung mit Beschattern gemacht hatte, war Unauffälligkeit nur ein frommer Wunsch. Das Lenkrad fest umklammert und das Gaspedal fast bis zum Anschlag durchgetreten, raste sie durch das Gewirr von Fahrzeugen und zählte die Minuten, bis sie erfuhr, was geschehen war.
Statt ihren Wagen in der gemieteten Garage zu parken, stellte sie ihn direkt auf dem Fußweg ab. Der Inhalt des Kofferraums war durch Decken notdürftig vor neugierigen Blicken geschützt und die Kriminalitätsrate in diesem Wohnviertel lag bei fast null, so dass sie es riskieren konnte, die wichtigen Medikamente und Ausrüstungsgegenstände für einige Minuten aus den Augen zu lassen. Sie sprintete die Treppe hoch und trat die Wohnungstür hinter sich zu.
Ungeduldig kaute sie auf der
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