Luc - Fesseln der Vergangenheit
der ich immer war. Wenn das für dich wie wirres Zeug oder eine Umprogrammierung klingt, dann ist es eben so.«
»Niemand, der dich kennt, käme auf die Idee. Allerdings balancierst du auf einem schmalen Grat. Typen wie dieser Melton könnten sehr schnell von Stockholm-Syndrom oder Schlimmerem reden, wenn sie deine Einstellung gegenüber Hamid und Kalil kennen würden. Du musst verdammt vorsichtig sein. Und ganz ehrlich: Was würdest du tun, wenn du morgen den Befehl bekämest, sie festzusetzen oder auszuschalten?«
Luc hatte sich das oft genug selbst gefragt und bisher keine Antwort gefunden, deshalb hob er lediglich eine Schulter und schwang die Beine aus dem Bett. »Leg dich noch einen Augenblick hin. In zwei Stunden geht’s los und ich kann sowieso nicht mehr schlafen.«
19
Es reichte, dass Luc einige Stunden Schlaf fehlten, er musste nicht noch zusätzlich hungern. Obwohl ihn die Angst um seinen Bruder weiter beherrschte, bereitete er ein Frühstück für sich und Scott vor. Seine Männer hatten es in diesem Moment wesentlich unbequemer, aber wenn ihre Einschätzung stimmte, würden sich die Vorzeichen bald umdrehen.
Scott bewies erneut seinen untrüglichen Instinkt für alles Essbare, als er frisch geduscht die Küche in dem Moment betrat, in dem der Speck die optimale Bräune angenommen hatte. »Das lass ich mir gefallen.« Der Anblick des Pfanneninhalts brachte seine Augen zum Leuchten.
»Gewöhn dich gar nicht erst dran.«
»Mist, dachte ich mir.«
Sie wechselten ein flüchtiges Grinsen und vernichteten Toast, Eier und Speck in neuer Rekordzeit. Mit sichtlichem Bedauern musterte Scott die Kaffeemaschine. »Den zweiten Becher verschiebe ich besser auf später. Hast du schon mit den Jungs geredet?«
»Ja, ein auffällig unauffälliger Van steht direkt neben der Zufahrt zum Haus. Statt zu warten, bis die loslegen, ergreifen wir die Initiative. Chris hat seinen Wagen vor dem Haus meiner Nachbarn geparkt. Dazu dein Pickup, das muss reichen.«
»Hoffentlich geht der Plan auf und sie führen uns zu Jay.«
Luc verbot sich darüber nachzudenken, dass sie sich geirrt haben könnten. Für ihn war die Sache klar: Jays Recherchen hatten wie geplant die Ratten aus ihren Löchern getrieben. Wenn ihre Vermutungen zutrafen, würde er in den nächsten Minuten auf einige CIA -Agenten unter dem Kommando von Melton stoßen. Wahrscheinlich war sein Bruder nicht schnell genug gewesen, um sich abzusetzen, aber die Verbindung zwischen Lucs Afghanistan-Einsatz und der geheimnisvollen Ärztin, nach der Jay sich erkundigt hatte, war so offensichtlich, dass jeder darüber stolpern musste. Sonst würden sich kaum ungebetene Gäste in der Nähe seines Grundstückes herumtreiben. Es war gängige Praxis von Polizei und Geheimdiensten, in den frühen Morgenstunden zuzuschlagen, aber Lucs Team würde den Spieß umdrehen und am Ende hatten sie hoffentlich genug in der Hand, um offiziell gegen Melton vorzugehen. Nach allem, was Luc bisher über ihn wusste, bezweifelte er, dass das Verhalten des Mistkerls typisch für die CIA war.
Luc überprüfte ein letztes Mal seine gut versteckten Ausrüstungsgegenstände und öffnete dann die Fahrertür seines Porsches. »Ich bringe die Kerle um, wenn meinem Kleinen was passiert.«
»Meinst du den Wagen oder Jay?«
Scott wich mit einem eleganten Sprung Lucs Fußtritt aus. »Du warst auch schon mal schneller.«
»Ich brauche dich heute noch, sonst hätte ich Ernst gemacht. Sag Chris, dass wir loslegen.«
»Sekunde, Luc.«
Alarmiert über den Ton, drehte er sich noch mal um. »Was ist?«
»Es könnte rau werden und dich an Warzai erinnern. Kommst du damit klar?«
»Erstens haben wir keine andere Wahl, zweitens bin und bleibe ich ein SEAL . Reicht das?«
»Muss es ja. Denk dran, wir sind knapp hinter dir. Wenn es dir aus welchem Grund auch immer zu heiß wird, gib das Signal. Wir holen dich sofort raus.«
Scotts offen gezeigte Sorge ließ Luc nicht kalt, trotzdem winkte er lässig ab. »Wir sollten über deine Aufgabenbeschreibung reden. Kindermädchen gehörte meines Wissens nicht dazu.«
»Mensch, hau ab, ehe ich zuschlage.«
Das ließ sich Luc nicht zweimal sagen. Er startete den Motor und gab Gas. In wenigen Minuten würde sich zeigen, ob er wirklich auf Meltons Männer treffen würde. Deutlich schneller als sonst jagte er den Sandweg entlang und nahm auf die Schlaglöcher keine Rücksicht.
Am Ende der Zufahrtsstraße berührten die Räder seines Porsches kaum den Asphalt, als ein
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