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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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beruhigend über seinen Rücken und löste vorsichtig den festen Griff um meine Schulter.
    »Versprichst du mir das?«
    Ich spürte seine Angst und nickte ihm aufmunternd zu,
    Als wir dann endlich die Türe öffneten und eintraten, geschah genau das, was mich mittlerweile grundsätzlich erwartete, wenn ich irgendwo in der Öffentlichkeit auftauchte.
    Leute starrten mich an, steckten ihre Köpfe zusammen, tuschelten oder zeigten sogar auf mich. Nicht alle, aber diejenigen, die es taten, lösten üblicherweise eine Art Kettenreaktion aus. Eigentlich hatte ich mich bereits daran gewöhnt, aber heute... Ich konnte es nur schwer ertragen. Wir durchmaßen den Raum mit raschen Schritten Richtung Küche, vorbei an Tischen und Stühlen voll greifbarer Neugier und an verblüfften Kellnern, die ich noch nie zuvor gesehen hatte.
    »Und jetzt...?«
    Wir standen unschlüssig vor der Küche. Ich merkte, wie sich mein Brustkorb zusammenschnürte.
    »Was soll’s...«, sagte ich endlich, stieß die Pendeltür auf, und wir gingen hindurch.
    Irgendwie versetzte mir der Anblick, der sich bot, schon einen Stich. Rosalina fiel mir zuallererst ins Auge. Als sie uns sah, stieß sie einen spitzen Schrei der Freude aus. Pietro schien seine Rimini-Pläne wohl aufgegeben zu haben. Er hatte den Pasta-Tisch zugewiesen bekommen, strahlte überrascht, als er uns sah, klopfte sich das Mehl von den Händen und kam zaghaft, aber mit offenen Armen um seine Arbeitsplatte herum, um uns zu begrüßen.
    Ganz anders jedoch die Reaktion von Tomaso. Offensichtlich leitete er die Küche. Seine Augen blieben kalt, aber es lag auch Unsicherheit in ihnen.
    »...Der verlorene Sohn und der Herr Fernseh star ... sieh an...«, sagte er tonlos.  
    »Hallo Tomaso...«, versuchte ich es freundlich. Renzo nickte nur.
    »Wir sind wegen Mutter hier...«
    »Tja, in der Küche wirst du sie wohl kaum finden...«
    Kopfschüttelnd schob sich Rosalina an ihm vorbei, griff nach meiner Hand und nickte.
    »Ich bringe euch zu ihr«
    Wir folgten ihr dankbar.
    Sie kniff mir liebevoll in die Wange. »Keine Folge habe ich bisher verpasst...«, sagte sie mit stolzem Lächeln. »Nicht eine...«
    Sie rührte mich, aber ich war zu angespannt, als darauf jetzt eingehen zu können. Eure Mutter wird sich ja so freuen, euch zu sehen...«
    »Wie geht es ihr?«, fragte ich vorsichtig.
    »Die Therapie macht ihr sehr zu schaffen... Und das sieht man auch, darum seid nicht allzu überrascht...«
    »Überrascht...?«
    »Ja. Sie hat sehr abgenommen.«
    »Und Rebecca, wo ist sie ?«, schaltete sich Lorenzo ein.  
    »Ihr hättet eigentlich vorne an ihr vorbeikommen müssen. Aber vielleicht ist sie auch bei ihr. Sie kümmert sich rührend, wisst ihr...«
    Renzo und ich sahen uns schuldbewusst an. Wir konnten es uns vorstellen.
    Und dann öffnete Rosalina die Türe...
     
    Wenn ich etwas gelernt habe in diesen Jahren, dann, dass Zeit relativ ist. So wenig, wie sich das Umfeld um das D'Agosta verändert hatte, so sehr traf das auf unsere Mutter zu. Wobei mich ihr Anblick kaum erschreckte als vielmehr überraschte. Für mich war sie schöner geworden, deutlich hagerer zwar, aber sehr viel feiner in ihren eh schon klaren Zügen und irgendwie weicher. Das war zumindest das Erste, was mir durch den Kopf ging, als ich sie sah.
    Da Rebecca unseren Besuch angekündigt hatte, zeigten ihre Augen weniger Überraschung als vielmehr so etwas wie Freude und ein für mich unbekanntes Interesse an uns.
    Geschwächte Freude, geschwächtes Interesse...
    Wir sprachen nicht viel. Weder sie noch wir.
    Wir setzten uns einfach neben sie auf das Sofa, auf dem sie lag und nahmen sie, wie es uns möglich war, in den Arm.
    Und so verharrten wir. Schweigend...
    Irgendwann strich sie mir über die Stirn, sah mich fest an und zeichnete mit ihren Fingern vorsichtig die Linie meiner linken Augenbraue nach...
    Ich begann still zu weinen...
    Bald darauf gingen wir zu Bett...
     
    » Wieso hast du es aufgehängt?«  
    »Nun ja, also, ich...«
    Antonio und ich standen vor einem prächtigen Goldrahmen, in welchem sich mein Werbeplakat von Canale 5 befand, jenes mit dem Messer. Und es hing so im Speisesaal, dass es von allen Seiten gut einsehbar war.
    Es verletzte mich nicht, es widerte mich vielmehr an. In gewisser Weise missbrauchte mich meine Familie, um das Geschäft am Laufen zu halten. Es hatte sich nichts verändert.
    »Nimm es ab!«
    »Na, hör mal...«
    » Nimm es ab!«, sagte ich in schärferem Tonfall. »...Oder ich tue es!«

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