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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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verlässt sie ihren Mann«, hakte er nach.
    »Nein. Das ist in Japan anders als hier. Wir sind da nicht so.«
    »Aber warum ist sie dann nicht längst zurückgegangen?«
    Manchmal war ich schon verblüfft, in welch einfachen Bahnen mein Vater dachte. Shiro kam mir zuvor.
    »Ich glaube, vor allem meinetwegen.«
    »Und deshalb...«, verkündete Valentina nach kurzem Nachdenken mit Entschiedenheit in die entstandene Stille hinein, »...sollten wir deine Mutter jetzt erstmal hierher holen. Du gehörst an ihre Seite. Ihr braucht jetzt einander. Und dann sehen wir, was wir weiter tun können.«
    Matteo, der bislang geschwiegen hatte, nickte nun und trank in einem Zug seinen Rotwein leer. »Eine gute Entscheidung, Valentina.«, murmelte er mehr zu sich selbst. Dann stand er auf und ging zu Bett.
     
    Die Nacht war gewissermaßen ein déjà-vus.
    Wir lagen Seite an Seite auf Shiros Bett, hörten Wagners Tannhäuser und redeten. Nur, dass ich jetzt mit ihm verbunden war. Er war nicht mehr allein mit seinen Gedanken, und nicht nur ich, sondern meine ganze Familie stand ihm nun zur Seite, von Lorenzo vielleicht mal abgesehen.
    Der Plan, den wir nach Matteos Abgang zu viert ausgearbeitet hatten, sah vor, dass Shiro und ich am kommenden Tag mit dem Zug nach Perugia fuhren, Ayumi Comero bei ihrer Freundin abholten und im Anschluss zu dritt hier zu uns nach Fano zurückkehrten. Keine große Sache also. Dass ich Shiro begleiten wollte, stieß anfangs auf Proteste, aber ich setzte mich schließlich durch.
    Irgendwie fand ich es unglaublich, dass meine Eltern einfach nicht blickten, was zwischen uns lief. Soweit der Plan.
    »Meine Mutter wird dich mögen.«
    »Meinst du?«
    »Ich bin mir ganz sicher.«
    »Wie kommst du drauf?«
    »Du bist nett zu mir.«
    Ich lachte. »Weiß sie...«
    »... Wie nett?« Er nickte.  
    »Sie weiß von uns?« Ich sah ihn entsetzt an.
    »Nicht von uns, aber von mir. Und sie ist nicht dumm. Wenn sie uns sieht, zählt sie eins und eins zusammen.«
    Ich war fassungslos. »Ja, aber... Wenn sie hier ist... die Familie...«
    »Sie ist nicht dumm«, wiederholte er. »Sie hat kein Problem damit.« Und als er mein Zweifeln spürte, fügte er noch hinzu: »Sie ist Japanerin, Luca.«
    Er sagte das so, als würde das alles erklären, aber es beruhigte mich nicht wirklich.
    »Und dein Vater?«
    Er sah mich fragend an.
    »Weiß er es?«
    Er nickte wieder. »Er hat versucht, es aus mir rauszuprügeln.«
    Ich schob mich an der Wand hoch, trank einen Schluck Wasser und versuchte mir ein Leben wie das, was er in Perugia gelebt hatte, vorzustellen. Doch es gelang mir nach wie vor nicht. Da waren bislang nur vereinzelte Bilder, die ich zusammenfügen konnte, noch kein gesamtes. Und so war in mir einfach nur eine große Betroffenheit, die es mir schwer machte, die richtigen Worte zu finden.
    Schon sehr lange beschäftigten mich Fragen zu Shiros Vergangenheit, zu meinem 'Vorgänger' oder 'Vorgängern', die es ja scheinbar gegeben haben musste, aber ich hatte immer den Wunsch, dass er es von sich aus erzählte.
    Jetzt war es jedoch an der Zeit, nachzufragen.
    Und Shiro erzählte.
    »Es gab da einen Franco, zwei Klassen über mir, aus dem Tessin. Blond war er. Ich begriff am Anfang überhaupt nicht, was der von mir wollte, und als ich es schließlich kapierte, ließ ich mich einfach darauf ein. Ich fand ihn ganz nett. Er stand, glaube ich, vor allem auf diesen Asien-Touch. Na gut, er war auch ganz in Ordnung, aber die ganze Sache bedeutete einfach nichts.«
    Er zog seine Beine an den Körper und legte den Kopf auf die Knie.
    »Sie erwischten uns in der Umkleidekabine in der Sporthalle. Ganz peinliche Nummer. Und dann kam mein Vater... Du verstehst?«
    Ich nickte betreten.
    »Später begegnete ich Daniele. Wir wohnten im selben Block. Das mit der Umkleidekabine hatte sich natürlich rumgesprochen, und so wussten die Jungs, woran sie bei mir waren.«
    Ich hatte so eine Ahnung, was er damit sagen wollte.
    »Es war schrecklich. Wie ein Schwein durchs Dorf gejagt haben sie mich. Auslachen war noch das harmloseste. Es tat oft weh, auf die eine oder andere Weise... Wieso sind italienische Männer so?«
    Er schwieg für einen Moment, ganz in seiner Erinnerung.
    »Aber da war eben auch Daniele. Der süße Daniele. Und weil er es von mir wusste, traute er sich, mich anzusprechen.«
    »Du mochtest ihn?«
    Er lächelte
    »Oh ja, sehr. Er hat mein Herz berührt.«
    Shiros Offenheit versetzte mir einen Stich.
    »Und dann?«
    »Selbes Spiel.

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