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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Man hat uns erwischt... Es war... schlimm... sehr...«
    Ich sah ihn von der Seite an und sah hilflos zu, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten.
    »Und nun...«, fuhr er fort, »Nun, nun bin ich... hier, hier bei dir.« Er versuchte ein Lächeln. »Und darüber bin ich sehr froh.«
     
    Die Zugfahrt von Fano nach Perugia dauerte rund anderthalb Stunden. Wir saßen uns gegenüber und hingen, jeder für sich, unseren Gedanken nach. Das Buch, das ich mir mitgenommen hatte, lag ungelesen auf meinem Schoß und obwohl ich aus dem Fenster sah, zog die Landschaft an mir vorbei, ohne dass ich sie überhaupt wahrnahm.
    Mit jedem Kilometer, den wir uns unserem Ziel näherten, wurde ich innerlich unruhiger. Ich würde Ayumi Comero treffen, ich würde ein Stück von Shiros früherem Leben sehen. Seine Stadt, seine Mutter...
    Shiro hatte sich ausgestreckt und seine Füße auf meinen Sitz gelegt. Aber die entspannte Haltung täuschte. Ich sah an seinem Gesicht, dass er sich Sorgen machte, und das sicher nicht zu unrecht. Es war noch überhaupt nicht klar, ob seine Mutter sich darauf einlassen würde, uns zu begleiten. Dann ständen wir vor einem Problem, denn er würde mit Sicherheit nicht einfach wieder zurückkehren, ohne dass eine sinnvolle Lösung für sie gefunden wäre.
    Als der Zug in den Bahnhof von Perugia einfuhr, entstand die übliche Unruhe, von der ich mich eigentlich immer anstecken ließ. Aber Shiro sah nur aus dem Fenster und beobachtete das Treiben auf den Bahngsteigen, das so anders war als bei uns in Fano. Dies war eindeutig kein Urlaubsort. Geschäftsleute, Studenten, Soldaten, ein bunter Mix an Reisenden, doch niemand trug Shorts, Sonnenhüte oder Strandspiele unter dem Arm. Erst als der Zug zum Stehen gekommen war, stand er auf, und wir folgten dem Strom.
    Auf dem Bahnhofsvorplatz nahmen wir uns dann ein Taxi. Shiro sagte dem Fahrer die Adresse. Die Fahrt dauerte etwa eine Viertelstunde, und der Wagen hielt vor einem einfachen, vierstöckigen Mehrfamilienhaus aus den 70er Jahren, wie es tausende in den Vororten größerer Städte gibt.
    Lucia wohnte im dritten Stock.
    Als Shiro die Türe zu dem Laubengang aufziehen wollte, der zu ihrer Wohnung führte, hielt ich ihn am Arm zurück. »Ist es vielleicht besser, wenn du erst mal alleine mit ihr sprichst?«
    Er lächelte. »Du brauchst keine Angst zu haben. Sie wird dich schon nicht fressen«
    »Das ist es nicht...«, log ich. »...Ich dachte nur, es wäre vielleicht besser.«
    »Komm mit...«, sagte er, während er die Glastür aufzog. Also folgte ich ihm.
    Die Frau die uns öffnete, war klein, rund und hatte erstaunlich große, leuchtende Augen. Sie war über und über mit Schmuck behängt und sie hatte ihre Lippen in einem unglaublichen Violett geschminkt. Das musste dann wohl Lucia sein. Sie strahlte uns an und umarmte Shiro herzlich»Ihr kommt genau richtig...«, verkündete sie im breiten Akzent des Südens. Mir reichte sie einladend ihre beringte Hand und zog mich fast in die Wohnung. »Ayumi ist auf dem Balkon. Sie freut sich...«
    »Das ist Luca.«, stellte er mich vor und ging dann zielstrebig durch den schmalen dunklen Flur.
    »Luca also?« Sie hielt meine Hand noch immer fest umschlossen und musterte mich von oben bis unten.
    »Luca Lauro«, sagte ich mit einem eigenartigen Krächzen in der Stimme.
    »Oh, ein doppel L. Wie nett. So wie Marilyn Monroe oder Greta Garbo...«
    »Genau so«, bestätigte ich und tippte auf einen Hollywood-Fimmel. Sie rollte mit ihren gigantischen Augen und lachte breit. »Dann komm mal rein, Luca Lauro und mach es dir bequem.«  
    Wir kamen in einen Raum, der durch eine riesige Polsterlandschaft dominiert wurde, in der scheinbar vor allem Puppen das Vorrecht hatten, darauf sitzen zu dürfen. Unzählige Regale an den Wänden waren angefüllt mit Figürchen aus Glas, Plastik und Porzellan. »Meine Kinder...«, erklärte sie prompt, als sie meinen Blick bemerkte, und ich lächelte unsicher zurück. Dann sah ich Ayumi Comero. Sie stand auf dem Balkon und sie umarmte Shiro, wie wohl nur eine Mutter umarmen kann. Sie war, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
    Für eine Japanerin schien sie recht groß, und sie war sehr schlank. Ihr langes, blauschwarzes Haar hatte sie hochgesteckt, was ihre Größe noch unterstrich. Und als sie mir ihr Gesicht zu wandte, lächelte mich Shiros Mund an. Ihre Gesichtszüge waren jedoch noch feiner als die seinen, ihre Augen jedoch schmaler. Ich trat nach draußen.
    »Ich freue mich wirklich sehr,

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