Luca's Rezepte
letzten Monate nicht mitbekommen, aber es ärgerte mich einfach. Sie bewegte sich mit einer Selbstverständlichkeit in unserem Haus, die ich nicht in Ordnung fand. Ich wusste, Valentina ging es ähnlich, aber sie akzeptierte die Wahl von Tomaso ohne Einspruch und hielt sich mit Kritik zurück.
»Die blöde Kuh...«, sagte Shiro eines Mittags, als wir allein waren. »...Sie hat an meinem Essen rumgemäkelt, dabei war alles okay.«
Das stimmte. Shiro hatte Cannelloni mit Salat für uns alle vorbereitet, und an seiner Zubereitung gab es wirklich nichts auszusetzen. Ein einfaches Essen, aber einwandfrei umgesetzt.
»Was hat sie gesagt?«
»Ich sollte doch beim nächsten Mal darauf achten, dass mir die Pasta etwas luftiger gelänge.« Er äffte ihre Stimme nach.
Ich fing an zu lachen. ' Luftige Pasta!' Sie schoss mal wieder den Vogel ab. »Vergiss es einfach.«
Aber es nagte an mir.
Und als wir am Ende der Woche wieder einmal alle zum Essen zusammenkamen, konnte ich mir eine Retourkutsche in Richtung Giade nicht verkneifen. Wir saßen wie üblich in der Küche, hatten gerade eine Minestrone gelöffelt und redeten über dies und das. Als das Gespräch dann irgendwann auf die Kücheneinteilung der nächsten Woche schwenkte, kam mir die Idee.
»Du, Shiro...«, sagte ich freundlich. »Nimm’s mir nicht übel, aber wenn du jetzt wieder mit Pasta dran bist, dann versuch sie doch bitte mal ein bisschen... ja... luftiger hinzukriegen als die Cannelloni vom Dienstag.«
Alle Augen wanderten zu mir und ihr Blick sagte mir, dass ich ins Schwarze getroffen hatte.
»Luftige Pasta, Luca?«, fragte Antonio in einem Tonfall, als hätte ich sie nicht mehr alle.
»Was soll das sein? Und wie bitte soll das gehen?«
»Die waren doch völlig in Ordnung«, legte Tomaso nach, was mich besonders freute.
Und während die Anderen Shiro weiter versicherten, dass seine Cannelloni gut, ja ganz ausgezeichnet gewesen seien, riskierte ich einen Blick zu Giade. Sie wusste offensichtlich nicht, wie sie reagieren sollte. Scham und Wut schienen sich die Waage zu halten. Sie lächelte statisch vor sich hin, aber ihre Augen sprachen eine andere Sprache. Ich hatte sie vorgeführt, ohne sie bloßzustellen und das nahm ihr jede Chance, darauf zu reagieren. Irgendwann dann traf mich ihr Blick, und ich genoss jeden Moment davon. Ich schenkte ihr mein breitestes Lächeln und als sie wortlos aufstand, um den Raum zu verlassen, lehnte ich mich entspannt zurück und trank einen großen Schluck Wasser. Ich war hochzufrieden mit mir.
Der 18. November war einer dieser typischen Tage. Luftfeuchtigkeit lag über der Küste und kroch vom Meer zu uns in die Stadt herein. Es war einer dieser Tage, wo Wäsche einfach nicht trocknen will, und es einen dauernd fröstelt, obwohl die Raumtemperatur 23 Grad beträgt.
Es war also einer dieser klammen Wintertage, die wir eigentlich nicht so mochten.
Doch dieser Tag versprach Abwechslung.
Da Anna an diesem 18. November bei einer Cousine in der Nachbarschaft übernachtete, beschlossen meine Eltern, übers Wochenende Freunde in Urbino zu besuchen.
Rebecca befand sich bereits in Madrid, Matteo blieb generell in seinen Räumen und Lorenzo und Giade, die die Abende gerne bei uns im Restaurant verbrachten, waren mit dem Renovieren ihrer Wohnung beschäftigt. Also hatten wir das Haus praktisch für uns.
Ein Ereignis mit hohem Seltenheitswert, bedachte man, dass wir eigentlich immer zu siebt aufeinander hockten.
Diesen raren Luxus von Freiraum wollten Shiro und ich uns zunutze machen. Also beschlossen wir, einen besonderen Abend zu kreieren, so richtig mit Kerzenlicht, schöner Musik, außergewöhnlichem Essen und gutem Wein. Wir zwei, alleine, in der Küche. Das war in unserer Vorstellung eine großartige, ja, phantastische Idee, so banal sie auch klingen mag.
Ich schlug ein Schweizer Käsefondue vor. Die Vorteile lagen auf der Hand. Es war wildromantisch, passte perfekt in die Jahreszeit, man stand dafür nicht ewig in der Küche, und es schmeckte einfach sagenhaft gut. Ich hatte erst einmal in meinem Leben an einem Sylvesterabend eines gegessen, und es hatte mich begeistert. Also recherchierten wir im Netz nach einem Rezept, um im Anschluss die Zutaten in der Markthalle in Pesaro zu besorgen. Schließlich erforderte das Gericht Original Schweizer Käse, den wir so nicht verwendeten. Als Wein suchten wir zwei Flaschen Chardonnay aus dem Friaul aus, von dem Antonio immer mal wieder schwärmte. Also musste er
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