Luca's Rezepte
er Ihnen gedroht, ihrem Sohn etwas anzutun, falls sie nicht zu ihm zurückkehren? War es das?«
Ayumi Comero sackte in sich zusammen, und wir alle erkannten mit einem Mal entsetzt, dass Sie damit voll ins Schwarze getroffen hatte. Es war Ayumi anzusehen.
Shiros Wut verpuffte so plötzlich wie sie gekommen war. Mit hängenden Armen stand er einfach nur so da und starrte hilflos auf seine Mutter. Tränen liefen seine Wangen hinab.
»Gut!«, sagte Rebecca ruhig. »Denn jetzt wissen wir, was zu tun ist.« Und sie sah erleichtert aus. »Das war das letzte Mal, dass er ihnen und Shiro etwas angetan hat. Das verspreche ich ihnen.«
Und damit stand sie auf und verließ den Raum.
Ayumi Comero setzte sich tatsächlich zu Wehr. Sie gab eine umfassende Anzeige bei der Carabinieri auf, in der sie alle Einzelheiten des letzten Zusammentreffens mit ihrem Mann schilderte. Seinen Anruf konnte sie durch ihr Handy belegen, und da hatte er ihr massiv zugesetzt. Rebeccas Vermutung traf zu: Alessandro Comero hatte unverhohlen damit gedroht, Shiro etwas anzutun, sollte sie sich nicht bereit erklären, zu ihm zurückzukehren.
Und sie sagte nicht nur zu der aktuellen Attacke aus, sondern beschrieb in allen Einzelheiten die Übergriffe in ihrer achtzehnjährigen Ehe. Ein Arzt bescheinigte die massiven, zum Teil jahrealten Verletzungen, die sowohl Ayumi als auch Shiro davongetragen hatten. Eine darauffolgende Befragung ihrer Nachbarn, und die Aussage von Lucia Bellanti untermauerten schließlich die Anschuldigungen von Mutter und Sohn.
»Hoch gepokert und verloren nennt man das wohl«, sagte Tomaso befriedigt, als wir erfuhren, dass sich Alessandro Comero in Untersuchungshaft befand.
»Ein Tag zum Feiern!«, beschloss Antonio fröhlich, und dann kündigte er das an, was bei uns Lauros nur - il grande eccesso - genannt wurde, das große Schlemmen. Wir gingen essen. Und zwar auswärts.
Zwischen Ayumi und Rebecca hatte sich eine Freundschaft entwickelt und in den letzten Tagen, die ihr in Fano verblieben, gab es sogar Momente, in denen man Shiros Mutter lachen hören konnte. Am Abend vor ihrer Abreise nach Japan überreichte sie dann meiner Schwester ein Geschenk. Es handelte sich um eine Kette, die Ayumi einst von ihrer Mutter bekommen hatte. Weiße Perlen mit einer weißgoldenen Fassung.
»Es ist nur ein kleiner Ausdruck meiner tiefen Dankbarkeit.«, sagte sie in ihrer etwas umständlichen, japanischen Art, und Rebecca hatte genug über die Empfindsamkeit ihrer Mentalität gelernt, um das Geschenk ohne Widerspruch anzunehmen.
»Sie ist hinreißend!«, sagte sie dankbar. »Ich werde immer an dich denken, wenn ich sie trage. Und ich habe vor, das oft zu tun.«
Die Frauen lachten einander an und umarmten sich herzlich.
»Abschiede sind meist wie ein kleiner Tod...«, stellte Matteo sinnierend fest, als wir etwas abseits beobachteten, wie Ayumi Shiro auf dem Flughafen ein letztes Mal in die Arme schloss. »...aber ich denke, nicht in diesem Fall.«
Er hatte Recht, fand ich. Trauer und Glück hielten sich hier die Waage, wobei das Glück im Ganzen gesehen doch die Oberhand hatte.
»Er wird sie besuchen.«, sagte ich zuversichtlich. »Es war schon immer sein Traum, einmal nach Japan zu reisen.«
»Es ist schön zu sehen, wie gut ihr euch versteht, Kleiner.«
Würdest du das auch noch sagen, wenn du wüsstest, wie gut - dachte ich und hob den Arm zum Winken, als Ayumi durch die Absperrung verschwand.
Ich sah Shiro, und es versetzte mir einen Stich, zu sehen, wie er dastand, alleine, und einer Mutter nachsah, die schon längst nicht mehr zu sehen war. Ich versuchte mich in ihn hineinzuversetzen.
Als er zu uns kam, lächelte er tapfer. »So! Der Vater im Knast, die Mutter auf dem Weg nach Japan...«, überspielte er seinen Abschiedsschmerz. »...Was machen wir jetzt?«
Zu meiner Überraschung nahm Matteo ihn in seine Arme und klopfte ihm sanft auf den Rücken. Die Geste berührte mich.
»Ich würde ja vorschlagen, dass wir hinter Rimini irgendwo Halt machen, gemeinsam einen Caffè trinken und dann nach Hause fahren. « , sagte er. »Aber vielleicht habt ihr beiden ja auch eine bessere Idee?«
Die hatten wir nicht. Also folgten wir Matteos Vorschlag, machten auf der Rückfahrt an der Küstenstraße bei einer kleinen Bar halt, setzten uns mit dem Blick zum Meer und tranken still unseren Espresso. Ich hätte in diesem Moment gerne einfach Shiros Hand genommen oder nur meinen Arm um seine Schulter gelegt, um ihm zu
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