Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
Vom Netzwerk:
aus.
    Es waren wunderbare, ausgelassene Momente nach einem wirklich schlimmen, traurigen Tag.
    Was dann am nächsten Morgen blieb, war ein gutes, ein freies Gefühl, Zuversicht und eine alles umfassende Bettschwere, wie ich sie kannte, nach solchen Nächten.
    - Genova -
    Darauf würden wir uns jetzt konzentrieren. Nach vorne blicken, eine Zukunft aufbauen.
    Shiro und Luca...

9.  
     
    Zunächst zerreibt man Kräuter mit Nüssen, Pinienkernen, Pistazien oder mit den Schalen von Zitrusfrüchten. Dann wird - ganz wichtig - reichlich Knoblauch hinzugefügt, und zum Ende folgen dann geriebener Parmesan und ein erstklassiges Olivenöl.
    So erhält man das, was wir Italiener Pesto nennen, eine hocharomatische Paste, die sich beinahe universell einsetzen lässt.
    Supereinfach! Supergenial!
    Nun lebten wir also in jener Stadt, die dem wohl populärsten Rezept dieser Region, dem Basilikum-Pesto, ihren Namen gab - was mir gefiel - weil ich es mochte.
    Und schon nach kurzer Zeit stellten wir fest - Speise und Stadt passen ganz ausgezeichnet zusammen.
    Hochgradig intensiv waren sie beide, ein Extrakt quasi, wobei die essbare Variante eben aus den gerade beschriebenen, ungemein aromatischen Zutaten, die urbane hingegen aus dem rastlosen Leben unterschiedlichster Kulturen besteht. So etwas hatte ich bis dahin noch nicht erlebt.
    Wir waren schlicht überwältigt von der Gewaltigkeit dieser Stadt und ihrem Puls.
    Genova schlief nie.
    Zwar kannte ich das abgemildert aus Fano - Touristen orientieren sich nicht am Sonnenstand - aber Genova, Genova atmete und vibrierte rund um die Uhr.
    Die Stadt war überaktiv, stand unter Strom, knisterte vor Energie.
    Dadurch, dass der Apennin zur einen und das Meer zur anderen Seite unüberwindliche Grenzen vorgegeben hatten, zog sie sich, einem schillernden, lärmenden Band gleich, schier endlos die Küste entlang.
    Ich fand sie wunderschön und erschreckend zugleich.
    Schön, weil sie aufregend war, weil mich ihre unglaubliche Größe, ihr Rhythmus faszinierte und vor allem, weil sie jetzt unsere Stadt war.
    Erschreckend, weil ich zeitweise das Gefühl hatte, von einem Moloch verschlungen zu werden. Ich tappte wie blind durch die unzähligen Straßen und Gassen, immer in der Angst, mich nicht nur nicht zurechtzufinden, sondern ganz einfach verloren zu gehen, wie ein Kind, das für einen Moment die Hand seiner Mutter losgelassen hat.
    Shiro ging es da komplett anders.
    Was ich als Unruhe empfand,wertete er als lebendig. Er genoss den rastlosen Rhythmus, den Lärm, ja sogar den Dreck, der allgegenwärtig war. Shiro liebte das. Was ich als das 'Anonyme' bezeichnete, schätze er als das 'Unbeobachtete'. Für ihn war die Stadt vollkommen.
    Unser Zimmer lag im Westen Genovas, am achtspurigen Corso Aldo Castaldi in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universität, zum Bahnhof und zum Hafen.
    Zwei schmale Betten über Eck, ein abgenutzter, mit Panini-Fußballbildchen überklebter Schrank, zwei Kunststoff-Klappstühle in verschossenem Rot und ein einfacher Holztisch bildeten das Mobiliar. Das ganze befand sich auf einem gelblich grauen Teppichboden, der einerseits zu kurz, und andererseits zu breit geraten war.
    Das einzige Fenster gab Blick und Gehör auf besagten Corso frei.
    Vorteil des Zimmers: der innere Antrieb, nach einer Alternative zu suchen, wurde beim Betreten des Raumes augenblicklich in Gang gesetzt.
    Ein Antrieb, der nach der ersten Nacht zu einem innigen Versprechen wurde.
    Dabei hatten wir versucht, es uns nett zu machen - so nett es eben ging zumindest.
    Zunächst einmal schoben wir die Betten zusammen, was erst nach einigem Hin und Her klappen sollte, da sie, warum auch immer, dreibeinig konzipiert und am Boden festgeschraubt worden waren.
    Zwar gab es Fensterläden, aber die Riegel, die sie im geöffneten Zustand an der Wand hielten, waren dermaßen verrostet, dass sie sich auch nach zahllosen Versuchen nicht bewegen ließen, und so etwas wie Vorhänge gab es nicht. Dadurch blieb der Raum auch in der Nacht taghell, denn das Flutlicht, das den Corso und Teile der Gleisanlagen in Licht tauchte, machte auch vor unserem Fenster nicht halt. Schlaf zu finden war also gar nicht so einfach. Um zumindest etwas Atmosphäre zu schaffen, organisierten wir Kerzen, die den Einsatz der einzigen Deckenlampe überflüssig machten. Und wir besorgten uns eine Topfpflanze, die uns später in unsere neue Bleibe folgen sollte. Viel besser wurde es dadurch nicht.
    Hinzu kam: Eine Küche gab es auch nicht. Also

Weitere Kostenlose Bücher