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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Moment, in dem in mir tatsächlich die Hoffnung wuchs, dass er dieses Fest nun vielleicht auch ein wenig mit meinen Augen sehen konnte. Es wäre so schön...
     
    Es sollte sich zeigen, dass dem nicht so war.
    Sicher - er hatte verstanden, wie immens wichtig dieser Abend für mich gewesen war - zweifellos. Doch all meine ungebremste Freude, all mein Glück waren so sehr von ihm nachempfundenen worden, dass er damit begonnen hatte, sich Fragen zu stellen. Fragen, die er sich besser nicht gestellt hätte.
    Wir befanden uns schon im Bett, als ich merkte, wie er dabei war, sich ernst und bedrückt in seine Gedankenwelt zurückzuziehen. »Verkapseln« nannte ich diesen Zustand still für mich. Es kam nicht sehr oft dazu, doch wenn, dann war es ratsam nachzufragen, so meine Erfahrung.
    »Nichts weiter...«, antwortete er schließlich zögernd Richtung Zimmerdecke. »...Ich habe heute einfach nur gesehen, was du alles aufgegeben hast...«
    Alarmiert setzte ich mich auf und registrierte den abwesenden Ausdruck in seinen Augen.
    »...Ich spür doch, dass du hier unglücklich bist...«, fuhr er fort. »...Du willst nicht in dieser Stadt sein, in dieser Wohnung... All das hier...« Er brach ab und drehte sich zur Seite.
    Tatsächlich fiel mir so schnell keine passende Antwort ein. Zumindest keine, die es geschafft hätte, ihn wirklich zu beruhigen. Denn er hatte ja auch Recht mit dem, was er sagte. Behutsam begann ich damit, über seinen Rücken zu streichen. Ich wusste, er liebte das. Es war jene Form von Nähe, mit der wir einander unsere tiefe Vertrautheit zum Ausdruck brachten. Nach einer Zeit dann gab es tatsächlich nur noch ihn und mich. Meine Hand, die sanft ihren Weg über seinen blanken Rücken fand, ihm liebevolle Aufmerksamkeit schenkte, ihn neu erforschte - und Shiro, der jede meiner Berührungen aufsog, so als seien sie überlebenswichtig für ihn.
    Nach einer halben Ewigkeit löschte ich das Licht und schmiegte mich neben ihn, an Rücken und Po.
    Ich hatte mir selbst so etwas wie ein Versprechen gegeben, während der letzten stillen Momente in dieser Nacht.
    Da, wo Shiro sich glücklich fühlte - so mein Übereinkommen - da sollte das auch mir gelingen. Ein Gedanke, der mich mit Zuversicht erfüllte, denn im Einhalten von Versprechen war ich eigentlich ziemlich gut.
     
    Am nächsten Morgen hatte Shiro es übernommen, den Fremdenführer zu mimen. Irgendwie war es 'verkehrte Welt'. Sah man überall japanische Touristengruppen, die von sprachgewandten Italienern durch die Gegend bugsiert wurden, so klärte uns drei Italiener ein Japaner über die Schönheit dieser Stadt auf. Überraschend zielgenau lotste er uns durch die verwirrenden Altstadt-Gassen, verweilte an Sehens- und Wissenswertem, wie der uralten Laterna, dem Leuchtturm Genovas oder dem Palazzo Ducale, dem kulturellen Herz der Stadt. Er wusste von spannenden Anekdoten zu berichten, welche von Kolumbus bis zur Erfindung des Focaccia-Brotes reichten, und schließlich führte er uns in ein Hafen-Caffè, von dem ihm schon im Vorfeld klar gewesen sein musste, dass wir es lieben werden. Das 'Gallo' strahlte adriatisch-heimischen Charme aus, was wohl einfach daran lag, dass es mich mit seinem schwarz-weiß gesprenkelten Terrazzo-Boden und der blankpolierten, Messing gerahmten Resopal-Theke an mein geliebtes 'Central' erinnerte, in dem wir in Fano häufig unsere Nachmittage verbracht hatten.
    Ich war verblüfft, wie vertraut Shiro mit dieser Stadt bereits war, mit welcher Selbstverständlichkeit er sich für Richtungen und Zielorte entschied, und wie viel er zu erzählen wusste.
    Meine Geschwister zeigten sich beeindruckt von der Größe und dem Reiz der Stadt. Aber Shiros Leidenschaft war es vor allem, mit der er uns in seinen Bann zog.
    Was mir die ganze Zeit jedoch nicht gelingen wollte war, den Gedanken an unseren bevorstehenden Abschied auszuklammern.
    Schon in wenigen Stunden musste ich Renzo und Rebecca wieder ziehen lassen. Das nahm mir all das Unbeschwerte. Meine Leichtigkeit, die ich tags zuvor noch gespürt hatte, war dahin.
    Sicher, wir gehörten zusammen, keine Frage und nun, nach all dem vielleicht mehr denn je, aber darum ging es gar nicht. Die räumliche Nähe zueinander, die hatten wir unwiderruflich verloren, und das Wissen darum schmerzte.
    »Hast du damals eigentlich großen Ärger bekommen wegen dem Geld?«, fragte ich Renzo beim Abschied. Wir hatten nie darüber gesprochen. Er schüttelte lächelnd mit dem Kopf und legte beruhigend seine

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