Luca's Rezepte
natürlich Recht. Ich hatte ja selbst gerade gesagt, dass es nicht darum ginge.
»Ob es jemals anders werden wird?«, fragte ich mehr mich selbst.
»Wenn, dann, weil Antonio und Valentina was begriffen haben. Einen anderen Weg gibt’s da, glaube ich, nicht.«
Er hatte Recht.
Es war wohl besser, ich gewöhnte mich an den Gedanken.
10.
»Du weißt, was du uns da heute Abend serviert hast, Luca?«, rief Luisa Marone leicht angetrunken aus ihrer Küche.
Sie hatte gerade die letzten Gäste verabschiedet, kam nun mit zwei Gläsern zurück und setzte sich mir gegenüber. »...Ein Chasselas aus der Schweiz, probier mal...«
Ich trank einen Schluck und stutzte.
»...Das macht der Boden. Diesen kantigen Geschmack produzierst du nur an den Hängen rund um Lausanne. Gut, nicht?«
»Absolut...«
»So wie dein Diner, Luca...« Sie lächelte glasig, um mich dann einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen.
»Da kommst du so daher, du Pimpf, ein Schlacks mit wirrem Haar und flacher Brust, noch keine achtzehn Jahr und dann das...« Sie stieß mit ihrem Glas an das meine. »...Die Selleriemousse, wie hast du die... aromatisiert?«
»Limette und Lorbeer...«
»Lorbeer, das war’s.« Sie nickte bestätigend. »Und die zarte Note Wacholder im Anschluss...? Wacholder ist so heikel...«
»Schmeckt schnell nach Gin.«, stimmte ich ihr zu. »Butter und ein halbes Karamellbonbon heben da den Geschmack und stützen die Trüffel...«
»Karamellbonbon...«
Ich nickte, und erst in diesem Moment fiel mir auf, dass das wirklich eigenartig klingen musste. Dabei handelte es sich nur um einen Bequemlichkeits-Trick, um mir das Karamellisieren zu ersparen.
»Der Granatapfel-Honig-Gelee?«
»Granatapfel, klarer Zitronenhonig, eine Spur Ingwer, aber wirklich nur eine Ahnung. Dann Chilli, Meersalz und als Säure Apfelessig...«
»Agar-Agar?«
»Gelatine.«, gab ich zu.
Der Abend war wirklich fabelhaft verlaufen. Ich hatte den Tag zuvor beinahe das gesamte Menu in 'trockenen Tüchern' und brauchte eigentlich nur noch den Fisch, die Filet-Rouladen und die Wirsingtaschen vor Ort zubereiten.
Und dann griff die Portion Glück, die mir in solchen Momenten zu eigen war. Es stimmte einfach alles. Die Gäste waren wohlgesonnen, die einzelnen Gerichte gelangen auf den Punkt, gaben sich stimmig im Geschmack und sahen traumschön aus. Ein Top-Auftritt.
Ich war zufrieden mit mir - die Gäste waren es auch.
»Du kannst davon ausgehen, dass du schon morgen eine Festanstellung als Koch hast, Luca...« Luisa verteilte den Rest der Flasche auf die beiden Gläser.
»Cesare hat da so was durchblicken lassen...«
Ich konnt’s kaum glauben. Cesare gehörte das gleichnamige Restaurant in Castelletto. Allererste Adresse. Dass ich ihm gefallen hatte, war mir nicht entgangen, aber eine Einstellung... Cesare hatte ich noch nicht mal in meine Liste aufgenommen, so hoch oben war der im Ranking platziert.
»...Du kannst aber auch weitermachen wie geplant!«
Auf Cesare verzichten? Unvorstellbar. Das konnte sie nicht von mir verlangen.
»Cesare läuft dir nicht weg«, sagte sie prompt, als könne sie meine Gedanken lesen. »Aber gehst du zu Cesare, wird alles, was du kochst - Cesare - sein und nur Cesare, verstehst du? Nicht Luca Lauro.«
»Aber ich könnte viel von ihm lernen.«, wandte ich ein.
»Das sei mal dahingestellt. Fakt ist - folgst du weiterhin dem Ursprungsplan, so kannst du deinen Gästen deine Küche präsentieren. Von Luca Lauro werden sie sprechen - und das werden sie. Und nicht von Cesare.«
War sie nun nur betrunken, oder meinte sie tatsächlich, was sie sagte?
»Mein Angebot...«, fuhr sie fort. »Ich richte dir eine Küche ein, in der es sich gut arbeiten lässt. Du verstehst schon. Profiherd, Spültisch, Spülmaschine und was man sonst noch so braucht. Du erarbeitest sechs Menüs in unterschiedlichen Preisklassen. Fisch, Fleisch, vegetarisch und die ganz exklusive Nummer. Und dann startest du durch...«
Ganz schlüssig war das Ganze für mich nicht.
»Und wenn’s nicht läuft?«
»...Zwei Anfragen seit dem Abend bei den Casteliers. Gut - da habe ich den Hauptteil zubereitet. Aber weißt du, was am besten angekommen ist, na?«
Ich hob fragend die Schultern.
»Die Leber und das Amuse Gueule.« Sie sah mich durchdringend an und kippte den Rest Wein in einem Schluck hinunter. » Noch Fragen?«
»...Und was springt für dich dabei heraus?«
»Oh, mach dir keine Sorgen. Ich mach einen guten Schnitt. Aber eins kann
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