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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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vorzustellen, was sie und Sebastian in dieser Zeit durchgemacht hatten. Drei lange Monate hatten sie kein Sterbenswort von mir gehört.
    »Schon gut, Becky.« Suses Stimme klang wieder fest. »Ich bin einfach nur so verdammt happy, dass du jetzt anrufst. Dass sich deine Stimme nach dir anhört. Hast du denn irgendwas von . . .«
    »Nein.« Ich schnitt Suse das Wort ab, ehe sie den Satz zu Ende bringenkonnte. »Nein, ich habe nichts gehört. Und von meiner Mutter weiß ich auch nicht mehr als ihr.«
    »Scheiße«, sagte Suse. »Ich könnte sie umbringen.« Ja, dachte ich. Ich auch.
    »Hey.« Suse fing plötzlich an zu kichern. »Sheila Hameni war neulich im Fernsehen. Rat mal, in welcher Sendung.«
    Ich grinste erleichtert. Normalerweise war ich für Themenwechsel zuständig und der hier war genau richtig. »Germany’s Next Topmodel?«
    »Falsch.«
    »DSDS?«
    »Falsch.« Suse prustete los. »Es war Verstehen Sie Spaß. Sheila Hameni hat einen Schimpansen geküsst.«
    »Sie hat was? Ach komm, du spinnst doch.«
    »Nei-hein«, kreischte Suse, »es ist echt wahr! Die haben sie und ungefähr zehn andere Mädels und Frauen auf der Straße abgegriffen und in eine Parfümerie geführt, nach dem Motto Marktforschungstest für Lippenpflege. Auf einem Hocker saß ein männliches Model, das die Versuchspersonen küssen sollten, allerdings mit Augenbinde, angeblich, um die unterschiedlichen Produkte besser beurteilen zu können. Als sie die Augen verbunden bekommen hatten, wurde der Typ gegen einen dressierten Schimpansen getauscht. Und Sheila hat ihn auf den Mund . . .« Suse konnte nicht weitersprechen.
    »Ich glaub’s nicht«, keuchte ich und merkte, dass ich gerade zum ersten Mal seit drei Monaten richtig gelacht hatte.
    »Aber sie war cool, das muss man ihr lassen«, sagte Suse, die immer noch kicherte. »Die anderen Mädels haben meist wie blöd gekreischt, als sie die Binde abgenommen haben. Sheila hat nur kurz gequiekt und dann gesagt, so groß wäre der Unterschied zu den meisten Typen eigentlich gar nicht.«
    Ich lachte wieder. »Das war ja geradezu intelligent.«
    Dann erzählte Suse noch ein bisschen von der Schule, dass Frau Donner im sechsten Monat schwanger sei, dass sie in Englisch seit einer Woche Vertretungsunterricht hatten und dass sie mit dem Französischkurs im April für eine Woche nach Paris fliegen würden.
    »Meinst du«, fragte Suse schließlich, »dass ich in den Frühlingsferien zu dir kommen könnte? Mein Vater zahlt mir den Flug.«
    Ich sagte ihr, dass ich mit Dad darüber sprechen wollte und dass ich mich morgen auf der Pali High anmelden würde, derselben Schule, von der mir Suse auch in ihrer Mail geschrieben hatte.
    Meine Freundin seufzte. »Das ist . . . das ist doch Klasse, Becky.« Ihr Lachen klang traurig, aber sie gab sich Mühe. »Ich wette, in Englisch kriegst du diesmal super Noten.« Sie räusperte sich. »Becky, meldest du dich auch bei Sebastian? Er ist seit deiner Mail irgendwie noch fertiger als vorher.«
    Ich biss mir auf die Lippen. »Ich . . . ich kann nicht«, entgegnete ich hilflos. Es war die Wahrheit. Und fügte zögernd hinzu: »Du hast ihm doch nichts von . . .«
    »Kein einziges Wort«, unterbrach mich Suse bestimmt und ich hätte sie küssen können für ihr Verständnis.
    »Drück Sebastian von mir, okay?«, bat ich sie. »Sag ihm, ich melde mich . . . demnächst. Und tust du mir noch einen Gefallen?«
    »Jeden.«
    »Rufst du Spatz für mich an und richtest ihr aus, dass ich sie lieb habe? Ich möchte nicht zu Hause . . .«
    »Klar«, sagte Suse.
    »Danke«, erwiderte ich. »Auch für die Geschenke. Für alles. Du bist die Beste, Suse. Ich ruf dich bald wieder an.«
    »Becky?« »Ja?«
    »Viel Glück in der Schule morgen!«

VIERUNDZWANZIG
    Dad und ich fuhren am nächsten Morgen in die Schule. Nach dem Gespräch mit Suse war ich gleich ins Bett gegangen und hatte mich eine Weile lang an der Schimpansengeschichte festgehalten, doch irgendwann mischten sich die anderen Gedanken dazwischen und wirbelten wie wild in mir herum, bis ich irgendwann wegdämmerte. Aber zumindest von meinem Albtraum war ich verschont geblieben, die zweite Nacht in Folge.
    Die Schule war nur zehn Autominuten von unserem Haus entfernt. Schon der riesige Parkplatz vor der Tür machte mir klar, mit welchem Verkehrsmittel die Schüler hier zum Unterricht kamen.
    Dad schlug vor, dass ich so schnell wie möglich den Führerschein machen sollte. »Du wirst dich wundern, wie fix das hier geht«, sagte

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