Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
Vom Netzwerk:
Bist du das? Bist du das wirklich?«
    Suse fing an zu weinen und auch ich hatte plötzlich mit den Tränen zu kämpfen. Ihre Stimme zu hören, die so vertraut war, die so nah klang, zog an mir wie an einem Bumerang, der zurück in seine alte Richtung wollte.
    »He Klara«, sagte ich und räusperte mich. »Hör auf zu heulen, sonst fang ich auch noch an und dann haben wir wieder kein Wort gesprochen.«
    »Du Pissnelke«. Suse kicherte und schnäuzte sich lauthals. »Erzähl! Erzähl, wie es dir geht!«
    »Gut«, sagte ich fest. »Mir geht es gut. Dank dir, dank euch. Deine Mails waren galaktisch. Und du hattest recht: Venice Beach ist superschön.«
    »Du warst da? Wann? Mit wem?«
    Ich zögerte. »Mit Faye«, sagte ich. »Vals Kindermädchen. Heute hab ich sie kennengelernt. Sie ist wirklich cool.«
    »Echt? Ach, Becky, das . . .« Suse hielt inne. Für ein paar Sekunden war nur ein unangenehmes Knacken in der Leitung zu hören. Ich fühlte, wie unsicher sie plötzlich war. Es war so vertraut, mit ihr zu sprechen und gleichzeitig so . . . anders.
    »Erzähl du doch mal«, bat ich sie. »Wie ist es dir ergangen? Wie ist es mit deinen Eltern? War es schlimm für dich mit der Scheidung?«
    Ich hörte Suse seufzen. »Schon«, sagte sie. »Aber irgendwie war esauch gut. Als es durch war, hat mich mein Vater von der Schule abgeholt und ist mit mir essen gegangen. Richtig schick, wir waren am Hafen. Erst hatte ich totalen Schiss, dass ich ihn jetzt irgendwie trösten müsste oder so was, aber es war genau umgekehrt. Er hat sich total auf mich eingestellt. Wir haben uns stundenlang unterhalten und am Ende hab ich . . .« Suse schluckte. ». . . hab ich ihm sogar die Sache mit Dimo erzählt. Nicht ganz so ausführlich wie dir, aber eben im Ansatz. Er war echt süß, Becky.« Sie kicherte. »Er hat sich die Gabel geschnappt und wie ein zorniger Neptun damit in der Luft herumgefuchtelt. Die Leute am Nebentisch haben total blöd geglotzt. Er hat mir ständig versichert, ich wäre so vollkommen, wie ein Mensch nur sein kann, und dann hat er dasselbe gesagt wie du auch. Dass solche Typen wie Dimo Ausnahmearschlöcher sind.«
    »Er hat mir gemailt«, sagte ich.
    »Wer?« Suse klang erstaunt. »Mein Vater?«
    »Nein. Dimo. Er hat mir geschrieben, dass er sich bei dir entschuldigt hat.«
    »Wow.« Suse holte Luft. »Das hätte ich nicht gedacht. Aber es stimmt. Silvester stand er plötzlich vor meiner Tür. Ich wollte gerade mit Sebastian los, als er klingelte.«
    Als ich Sebastians Namen hörte, zuckte ich zusammen, auf eine Art, die mich selbst überraschte. Es war wie ein winziges Stolpern in der Brust. »Wie hast du reagiert?«
    Suse klang, als ob sie den Kopf schüttelte. »Komisch, Becky, jetzt wo du fragst . . . es war irgendwie gar kein großes Ding. Vorbei ist vorbei, und das hab ich ihm auch gesagt und auf seinen Wollen-wir-Freunde-bleiben-Scheiß bin ich auch nicht weiter eingegangen. Zum Glück hat Sebastian in meinem Zimmer gewartet, da hatte ich eine gute Ausrede.«
    Wieder das Stolpern.
    »Wie geht es ihm?«, fragte ich.
    »Ganz gut . . . glaube ich.« Jetzt klang Suses Stimme verhalten. Ich hörte, wie sie Luft holte.
    »Becky, es geht ihm ziemlich mies. Hör zu, ich weiß irgendwie nicht, was ich sagen kann und was nicht, aber uns ist diese ganze Sache mit dir ziemlich an die Nieren gegangen. Du bist so beschissen weit weg, wir sind so beschissen weit weg, das hat alles noch schlimmer gemacht. Vor allem weil wir nichts von dir gehört haben. Manchmal hab ich geglaubt, ich träum das alles nur und irgendwann werd ich wach und du sitzt auf meiner Hollywoodschaukel. Und manchmal hat es sich angefühlt, als wärst du . . . als . . .«
    Suse brach die Stimme weg.
    Meine Hand krallte sich um den Hörer und ich musste mich beherrschen, um nicht aufzulegen. Verdammt, ich war wohl doch noch nicht so weit, wie ich gehofft hatte.
    »Es tut mir leid«, sagte ich und es klang wie ein Piepsen. »Es tut mir so leid, dass ich euch solche Angst gemacht habe. Ich konnte einfach nicht . . .« Meine Hände krallten sich noch fester um den Hörer. Ich merkte, dass ich Suse nicht würde erzählen können, was mit mir los gewesen war. Es war so seltsam. Mit Faye darüber zu sprechen, war mir fast leichtgefallen, gerade weil sie fremd war und mit der Sache überhaupt nichts zu tun hatte. Suse dagegen war meine beste Freundin, sie hatte bis zu meinem Abflug alles live miterlebt. Und ich konnte es plötzlich gar nicht aushalten, mir

Weitere Kostenlose Bücher