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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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hinterherschmeißen würde.
    »Doch!«, fuhr ich ihn an. »Doch! Ich sage die Wahrheit, verdammt! Kannst du dein ätzendes Misstrauen mal für einen Moment zurückhalten? Du glaubst der falschen Person, das ist dein Problem!«
    »Der falschen Person?« Lucians Stimme war jetzt kalt. Mit verschränkten Armen stand er an der Tür. »Dann sag mir doch mal, wie du davon erfahren hast, dass deine Mutter meine Therapeutin ist.«
    Ich fühlte mich wie die Angeklagte in einem Prozess.
    »Ich hab es mir zusammengereimt«, murmelte ich. »Nachdem du mich nach meinem ersten Schultag gefragt hast, habe ich erst mal nach unserem Fotoalbum gesucht, um herauszufinden, welches Kleid ich zu meiner Einschulung getragen habe. Das Album lag nicht mehr an seinem Platz, aber selbst da hab ich nicht geschaltet. Ich habe Janne – meine Mutter – und ihre Freundin belauscht. Zufällig. Sie sprachen über den Maskenball. Darüber, dass Sebastian dir mit der Polizei gedroht hat. Und immer noch hab ich nichts gerafft. Ich dachte, meine Freunde hätten mich bei meiner Mutter verpetzt. Erst als
    Sebastian mir klarmachte, dass er deinen Namen gar nicht kennen konnte, hat es bei mir geklickt. Das hier«, ich tippte auf Jannes Buch. »Das hast du auf dem Flohmarkt abgestaubt, stimmt’s? Kurz nachdem wir uns begegnet sind.«
    Lucian runzelte die Stirn. »Stimmt«, sagte er.
    »Und dann, ein paar Tage später, bist du zu ihr gegangen. Richtig?«
    Lucian schnaubte. Er sah aus, als ob er sich selbst ohrfeigen wollte für seine Blödheit. »Richtig«, knurrte er und machte einen Schritt auf mich zu. »Du hattest ja wirklich Erfolg bei deinem kleinen Detektivspiel. Bist du jetzt zufrieden?«
    Wieder gewann die Wut die Oberhand. »Wie redest du eigentlich mit mir?«, fauchte ich und sprang vom Bett auf. »Wer hat denn angefangen mit dem Rätselspielchen, du oder ich?« Ich tippte auf meine Sonne, die wie Feuer auf meiner Brust brannte, und äffte Lucians Stimme vom Flohmarkt nach: » Seize the day – nutze den Tag, das heißt es doch, oder? Was glaubst du, hat diese Frage in mir ausgelöst, als mir klar wurde, dass die Worte in die Innenseite meines Anhängers eingraviert waren? Ich weiß nicht, wer ich bin, hast du mir am Falkensteiner Ufer gesagt. Und dann auf dem Maskenball, deine ach so geheimnisvollen Fragen nach meinem Schulkleid. Was hast du denn von mir gedacht, Lucian? Dass ich ins Bettchen gehe und mir die Antworten zurechtträume? Ich habe jeden gottverdammten Tag und darüber hinaus auch noch die Nächte dazu genutzt, Antworten zu finden!« Am liebsten hätte ich jetzt etwas durch das Zimmer geworfen. »Wenn du mir vertraut hättest anstatt meiner Kackmutter, dann hätte ich mir diese ganze Scheiße mit der Praxis sparen können. Ich bin da heimlich eingebrochen und wäre um ein Haar erwischt worden. Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich war nicht zufrieden, als mir klar wurde, dass meine eigene Mutter mich wochenlang hintergangen hat. Als ich ihre Aufzeichnungen gefunden habe, bin ich fast durchgedreht.« Meine Stimme überschlug sich, doch ich hatte sie gleich darauf wieder unter Kontrolle. »Es war nicht gerade die Lektüre, die ich erwartet habe, aber das Schlimmste war, dass ich es auf diese Weise erfahren musste und nicht«, ich funkelte ihn an, »von dir.«
    »Verdammt!« Lucian ballte seine Hände zu Fäusten. Er schlug gegen die Tür, hart, fest, monoton. »Verdammt, verdammt, verdammt.«
    Dann sah er mich an. »Du solltest es überhaupt nicht erfahren!«, knurrte er. »Ich hätte wissen sollen, dass es eine Scheißidee war, mich überhaupt jemandem anzuvertrauen. Was hast du gelesen? Was hat deine Mutter sonst noch aufgeschrieben, außer der Sache mit dem Vogel?«
    Ich schwieg einen Moment. In der Wohnung unter uns rauschte eine Wasserspülung, dann drang Kindergeschrei zu uns herauf.
    »Sie hat es nicht aufgeschrieben«, sagte ich leise. Meine Wut war jetzt draußen, dafür stieg die Angst wieder in mir hoch. »Sie hat es aufgenommen. Auf Tonband.«
    »Sie hat . . . was?« Lucian starrte mich entgeistert an.
    »Sie hat nur die ersten Sitzungen aufgeschrieben«, murmelte ich. »Den Rest hat sie aufgezeichnet. Ich hab alles gehört. Deine ganzen Träume. Über mich.«
    »Diese miese . . .« Lucian beendete den Satz nicht. Sein schmales Gesicht war ganz verzerrt, so viel Hass lag darin und ich konnte ihn verstehen. Er hatte Janne vertraut und sie hatte ihn noch hinterhältiger getäuscht als mich. Meine verständnisvolle

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