Luciano
Eden.«
»Sehen Sie sich in dieser Rolle? Als einen romantischen Au ßenseiter?«
Als sie den Torbogen durchschritten,
ging ein heftiger Re genguß nieder, und Luciano zog Maria in die
Pergola, um das Schlimmste abzuwarten.
»Und Sie?« fragte er.
»Wie sehen Sie mich? Nein, antworten Sie mir nicht.« Er
legte einen Finger auf die Lippen. »Denn, was immer Sie von mir
glauben, bin ich ganz sicher nicht.«
»Das gilt für uns alle.«
»Aber sagen Sie mir eins«, bat er. »Daß Sie Nonne wurden, wie ist das gekommen?«
»Oh, als ich damals in London
eintraf, hatte ich sehr wenig Geld. Eine Zeitlang arbeitete ich in
einem Laden, und dann wurde ich krank – sehr krank. Ich war
längere Zeit im Armen saal eines Krankenhauses, wo auch
Barmherzige Schwestern als Pflegerinnen arbeiteten.«
»Und da beschlossen Sie, auch
Nonne zu werden? Ein Blitz strahl der Erleuchtung, von Gott geschickt,
als Zeichen, oder was?«
Sie erinnerte sich ganz deutlich an
den letzten Tag ihres No viziats, als sie bei der feierlichen
Profeß vor der Oberin kniete und bat, auf Lebenszeit in den Orden
der Barmherzigen Schwestern aufgenommen zu werden, und die Gelübde
der ständigen Keuschheit, des Gehorsams, der Armut und des
Dienstes an den Kranken ablegte. Noch immer sprach sie nicht gern
darüber, doch nun ließ es sich nicht länger vermeiden.
»Nein, ich glaube, mir
ist jetzt völlig klar, warum ich in den Orden eintrat. Ich suchte
eine Zuflucht. Ich muß hinzufügen, daß ich Gott
gefunden habe, Mister Luciano, aber erst, als IHM die Zeit dafür
reif schien.«
»Und Carter taucht auf wie der
Bösewicht in einem schlech ten Film und sagt, ich bin gekommen, um
dich von alldem wegzureißen.«
»Da könnten Sie recht haben«, sagte sie lächelnd.
»Und im Hintergrund lauert der Teufel?«
»Wenn dieser Teufel Sie sein sollten, wo sind dann die Hör ner?«
»Ach, ich weiß nicht. Wir
enden schließlich alle auf die glei che Weise. Das einzig absolut
Sichere ist der Tod.« Er war plötzlich schwermütig
geworden. Ehe Maria antworten konnte, nahm er ihren Arm. »Kommen
Sie. Wir müssen ins Haus.«
Als sie die Bibliothek betraten,
wurden sie bereits von Carter, Savage und Detweiler erwartet.
»Ah, da sind Sie ja«, sagte Carter und begann, die
Anwesenden miteinander bekannt zu machen. »Schwester Maria
Vaughan – Captain Savage.«
Sie hob die Hand. »Einfach Maria dürfte unter den gegebe nen Umständen besser sein.«
Sie wechselte einen kurzen
Händedruck mit Savage und setzte sich. Als sie den Turban abnahm,
kam dunkles, ganz dicht am Kopf abgeschnittenes Haar zum Vorschein, so
daß sie eher wie ein Junge aussah.
»Allmächtiger!« flüsterte Detweiler verdutzt.
Carter sagte: »Mister Luciano kennen Sie bereits.«
Savage nickte, Detweiler glotzte, und Luciano hockte sich, ohne von den beiden Notiz zu nehmen, aufs Fensterbrett.
Carter sagte: »Darf ich eines
von vornherein klarstellen? Es ist nicht das erstemal, daß ich
ein geheimdienstliches Unter nehmen dieser Art leite, und wie die
Erfahrung zeigt, ändert der Ausgang einer solchen Mission, ob sie
nun erfolgreich ist oder nicht, keinen Deut am Gesamtverlauf des
Krieges.«
Savages Miene verfinsterte sich, wie
nicht anders zu erwar ten angesichts der Erkenntnis, daß für
seine Karriere nichts herausspringen würde. »Glauben Sie
nicht, daß das ein bißchen weit geht, Colonel?«
fragte er.
»Nein, das glaube ich
nicht«, erwiderte Carter. »Allerdings, eins steht fest.
Für unser gegenwärtiges Vorhaben gilt das nicht. Falls wir
alle heil auf Sizilien landen, falls Mister Lucia no und Maria die
Kontakte herstellen können, die wir uns er hoffen, dann werden
Tausende von Menschenleben gerettet. Sollten wir hingegen scheitern, so
wird General Pattons Armee Tausende von unnötigen Verlusten
erleiden. So einfach ist das.«
Alles schwieg. Schließlich sagte Savage: »Wann brechen wir auf, Sir?«
»Morgen nacht, vom
RAF-Flugplatz Hovington in einem Lancaster-Bomber, über Frankreich
und das Mittelmeer direkt nach Algier.«
»Und dann?«
»Sizilien, irgendwann innerhalb
der folgenden vier bis fünf Tage, das kommt auf die
günstigsten Bedingungen für den Ab sprang an. Noch eins,
Captain Savage. Sie und Detweiler wer den bei diesem Unternehmen
Zivilkleidung tragen. Es ist Ihnen klar, was das bedeutet, falls Sie
dem Feind in die Hände fal len?«
»Auf Hitlers
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