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Luciano

Luciano

Titel: Luciano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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band.
      »Sie sind verrückt«,
sagte er. »Wissen Sie das?« Ihr Lächeln war
bezaubernd. »Ich war noch nie im Leben so hungrig.«
      »Dann wollen wir zurück ins Haus und frühstücken.«
      Sie schüttelte den Kopf.
»Das Frühstück muß noch warten. Im Dorf ist eine
kleine katholische Kirche. Ich gehe zur Früh messe. Und
Sie?«
      »Sehe ich aus wie ein Kirchgänger?«
      »Keiner weiß, ob er nicht auf den Knien endet, auch nicht Lucky Luciano.«
      Er lachte. »Okay, dann machen
wir's doch so: Ich begleite Sie hinunter zur Kirche und warte
draußen auf Sie. Ist das ein Vorschlag?«
      »Es ist ein Anfang.«
      Seite an Seite gingen sie den Pfad
entlang. Eine leichte Bri se, die über den See herüberwehte,
brachte den dunklen nassen Geruch faulenden Laubs mit sich. Maria blieb
stehen und lä chelte.
    »Ist es nicht herrlich? Muß man sich an einem solchen Tag nicht freuen, daß man lebt?«
      Sie raffte ihren Bademantel hoch und
lief voraus, und Lucia no sah ihr nach. Plötzlich fror er trotz
der Sonne, als wäre je mand über sein Grab geschritten. Wie
in seiner sizilianischen Kindheit machte er instinktiv mit Daumen und
zwei Fingern das uralte Zeichen, das den Bösen abwehrt, und lief
ihr nach.

    8

    Die Avro Lancaster war der erfolgreichste Bomber
der Alli ierten im Zweiten Weltkrieg. Eine solche Maschine hatte unter
anderem das schnelle deutsche Panzerschiff Tirpitz versenkt. Erst drei Wochen zuvor hatten Lancasters des 617ten Ge
schwaders einen der gewagtesten Angriffe geflogen, die Ruhr dämme
zerstört und damit das wichtigste deutsche Industriege biet unter
Wasser gesetzt.
      Es war kurz nach zehn Uhr abends, als nun die Lancaster S Sugar von
der Startbahn in Hovingham abhob und sich dem Strom schwerer Bomber aus
allen Stützpunkten der Midlands und Ostenglands anschloß.
      Als sie sich über der Nordsee
sammelten, bildeten sie einen hundertsechzig Kilometer langen
gestaffelten Pulk von mehr als sechshundert Maschinen. Ziel waren die
Docks von Genua, so daß sie Frankreich und die Alpen
überfliegen müßten, aus genommen die S-Sugar, die
an einer bestimmten Stelle aus dem Verband ausscheren und Kurs auf
Nordafrika nehmen sollte. Es war bitter kalt in der engen Kabine und
das Dröhnen der vier gewaltigen Kolbenmotoren fast
unerträglich. Carter und seine Gruppe waren mit schweren
Fliegeranzügen und Schlafsäcken ausgestattet worden, und sie
drückten sich im Rumpf des Flugzeugs dicht aneinander.
      Carter schaute nach oben zum
Bordschützen im Mittelaufbau genau über seinem Kopf, dann
warf er einen Blick auf Maria, die ihm gegenüber saß und
anscheinend schlief. Langsam schlug sie die Augen auf, und Luciano
beugte sich vor.
      »Alles okay?«
    »Prima«, lächelte sie.
    Was eine glatte Lüge war, denn jetzt hatte sie wieder Angst.
    Nicht nur vor der drohenden Gefahr, sie
fürchtete sich mehr noch vor dem Wiedersehen mit ihrem
Großvater. Bei dem Ge danken an das, was dann aus ihr
hervorbrechen mochte, ver krampfte sich ihr Magen. Sie sehnte sich von
ganzem Herzen nach der Geborgenheit des Klosters zurück.
      Luciano legte sich zurück und
kroch tief in den Schlaf sack; er fühlte das Vibrieren des
Flugzeugrumpfs, hörte das Donnern der Motoren und fror
erbärmlich. Was in Gottes Namen habe ich hier zu suchen! frag te er sich im stillen, schloß die Augen und versuchte zu schlafen.
      Aus einiger Entfernung beobachtete ihn Detweiler mit eisi gem, haßerfülltem Blick.

      Das Franziskanerkloster der
Dornenkrone Christi lag acht Kilometer außerhalb von Bellona. Die
einstige Sarazenenfe stung thronte auf einem Felsvorsprung
dreihundertfünfzig Me ter über dem Tal und bot einen Ausblick
auf die gesamte Um gebung, dreißig Kilometer in der Runde. Noch
immer glich das Kloster mit seinen mehr als dreißig Meter hohen
glatten Um fassungsmauern eher einer Festung.
      Vito Barbera brauchte eineinhalb
Stunden, um auf seinem Maulesel über den vielfach gewundenen
Bergpfad von Bellona hier heraufzukommen. Der einstige Wassergraben am
Fuß der Wälle war noch immer da, wenn auch nur noch mit
Unkraut und Abfällen gefüllt. Barbera ritt über die
Holzbrücke, die den einzigen Zugang bildete, und zügelte sein
Tier vor dem schwe ren Eichentor.
      Er stieg nicht ab, sondern beugte
sich im Sattel vor und zog an der Eisenkette, die neben dem Tor hing.
Er hörte den fernen, in der Nachmittagshitze unwirklichen Klang
einer Glocke und wartete müde, während sein Blick

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