Luciano
Großvater?«
»Antonio Luca«, sagte sie. » Capo mafia von ganz Sizilien. Herr über Leben und Tod. Erlaubt die Kirche mir, einen sol chen Menschen zu lieben?«
»Mein liebes Kind«, sagte
Padre Giovanni, »nicht Ihr Groß vater hat Ihre Mutter
getötet. Das taten böse Menschen, die seinen Tod geplant
hatten.«
»Aber er gab den
Anstoß«, sagte sie, »durch das, was er war. Wenn Sie
ihn in Schutz nehmen, dann nehmen Sie die Mafia in Schutz. Wie
können Sie, ein Priester, diese Organisation in Schutz
nehmen?«
»Das tue ich nicht«,
erwiderte er gelassen. »Ich nehme nie manden in Schutz. Ich nehme
mich nur der menschlichen See len an, wie es unser Herr Jesus Christus
in den Evangelien be fohlen hat.«
Ehe Maria antworten konnte, ging drunten im Hof das Tor auf, und Carter und Barbera ritten auf Mauleseln herein.
Barbera sagte: »Soviel wir
wissen, wurde Detweiler festge nommen und in die Kaserne von Agrigento
gebracht.«
»Wie haben sie ihn aufgestöbert?« fragte Savage.
»Ein Denunziant. Wir werden uns um ihn kümmern.«
Sie saßen an einem der Tische
im Refektorium, wo die Mahlzeiten eingenommen wurden; Savage, Rosa und
Barbera auf der einen Seite, Luciano, Carter und Maria auf der anderen,
Padre Giovanni am Kopfende. Er goß Rotwein in sein Glas und
reichte die Flasche an Luciano weiter.
»Selbst wenn Major Meyer nicht
bereits weiß, wer Detweiler in Wahrheit ist, so befürchte
ich doch, daß der Sergeant brutal sten Verhören unterworfen
wird«, sagte der Prior. Er wandte sich an Savage. »Für
wie widerstandsfähig würden Sie ihn hal ten, Captain?«
»Er ist ganz schön
zäh«, erwiderte Savage. »Einmal ist er bei einem
Spezialeinsatz in Frankreich dreißig Kilometer mit einer Kugel im
Rücken bis zu unserem Treff marschiert.«
Barbera sagte: »Bei den meisten
Menschen kommt einmal der Moment, in dem sie zusammenbrechen. Sobald
Detweiler den Mund aufmacht, läuft die Suche nach uns an.«
»Das bedeutet, daß wir Luca so bald wie möglich sprechen müssen«, sagte Carter.
Bruder Filippo trat ein. In der Hand
hielt er eine Taube. Er streichelte den Vogel beruhigend, während
Padre Giovanni die winzige, am linken Bein befestigte Kapsel abnahm. Er
brach sie mit dem Fingernagel auf, nahm das Papier heraus, das da
rinsteckte, und entrollte es. Er warf einen Blick darauf und lä
chelte.
»Morgen früh, meine
Freunde«, verkündete er. »Er will Sie morgen früh
empfangen.«
Anstelle von Mori und Russo waren
zwei andere Männer in den Bezirksausschuß gewählt
worden. Sie warteten im Wohn zimmer hinter dem Aufbahrungsraum, als
Barbera mit Harry Carter und Luciano hereinkam. Barbera besorgte die
Vorstel lung.
»Harry, das ist Hochwürden
Collura, er vertritt, wie Sie wis sen, die Christdemokraten. Mario
Verga, unser Gastwirt, spricht für die
Separatistenbewegung.«
»Hochwürden.« Carter
schüttelte ihm und Verga die Hand. »Signor Verga, ich freue
mich, Sie wiederzusehen.« Er trat zu den beiden Neuen. »Und
diese Herren?«
»Zizzo und Valachi«,
sagte Barbera, »von der Kommunisti schen Partei. Hier hat ein
Wechsel stattgefunden.«
Zizzo, ein kleiner dunkler Mann mit
Jägergamaschen und Kordanzug, sagte ärgerlich:
»Laß die Schönrederei, Barbera. Pietro Mori wurde in
seinem eigenen Haus ermordet, und Etto re Russo, unser Obmann, ist wie
vom Erdboden verschwunden. Ein direkter Angriff auf die ganze
kommunistische Bewegung, und wir kennen den Schuldigen.«
»Ihr geht mir auf die
Nerven«, sagte Carter. »Einer wie der andere. Es ist jetzt
fast zwei Jahre her, seit ich zum erstenmal nach Sizilien kam, und
keiner hat sich geändert, kleine Jungen, die einander auf dem
Nachhauseweg von der Schule mit Stei nen bewerfen und selber nicht
wissen, warum. Mir ist es völlig egal, wer nach dem Krieg auf
Sizilien regiert. Das könnt ihr untereinander ausmachen. Im
Augenblick geht es nicht darum, ob ihr Mussolini und die Faschistische
Partei loswerden wollt. Es geht darum, ob ihr die Deutschen loswerden
wollt.«
Hochwürden Collura sagte milde: »Ich
stimme Colonel Carter zu. Zuerst müssen wir unsere Feinde
loswerden. Da nach, wenn Sizilien wieder frei ist, wollen wir unter
uns, auf demokratische Weise, über unsere Zukunft
entscheiden.«
Die beiden Kommunisten gerieten in
Harnisch. »Schöne Worte, die nichts bedeuten«, sagte
Valachi. »Warum sollen wir überhaupt auf Carter hören?
Ist er einer der
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