Lucifer - Traeger des Lichts
dir?«
Sie lachte. »Ich heiße Annette. Wie heißt du?«
»Ich sagte es schon. Lucifer.«
Aber Annette lachte nur.
Warum musstest du sterblich sein?, dachte er müde und drehte sich auf die andere Seite, um Schlaf zu finden, der ihm wie die Wirkung von Drogen, Alkohol und Zigaretten verwehrt zu sein schien. Und wenn du schon sterblich bist, warum kannst du nicht einfach sterben und mich meinen Erinnerungen überlassen? Warum bist du immer noch da?
Das Geräusch der Post, die auf die Türmatte fiel, weckte ihn. Die Sonne drang bereits durch seine fadenscheinigen Vorhänge, und ein rascher Blick auf die Uhr bestätigte ihm, dass es schon heller Tag war. War es wirklich schon so spät?
Sam schaffte es, sich in wenig mehr als zehn Minuten zu waschen und anzuziehen. Er nahm seine Post mit in die Küche und las sie bei einer Schüssel Cornflakes, wobei es ihm völlig gleich war, ob das Papier dabei Milch- oder Kaffeeflecken bekam.
Nachdem er drei Sendungen geöffnet hatte - eine Rechnung; einen Werbebrief, der ihm versicherte, dass sein Haus perfekt für eine bestimmte Immobilienfirma sei, sollte er je deren Dienste benötigen; und eine weitere Rechnung —, kam er an einen Brief, der in einem verschlossenen braunen Umschlag steckte und in Adams Handschrift an Luc - nein, das war durchgestrichen: an Sam Linnfer adressiert war. Er fragte sich, was Adam so schnell herausgefunden haben konnte.
Es war ein einziges Blatt darin, auf das in Eile eine Botschaft gekritzelt war: »Der alte Hammer hat Euch gefunden. Die Walküren haben alle Adressen, die ich kenne. Macht, dass Ihr wegkommt. Adam.« Der Brief war von Hand überbracht worden.
Er starrte eine lange Zeit darauf, las ihn wieder und wieder, als könnte er es nicht ganz glauben. Dann wurde er aktiv. In Windeseile durchsuchte er sein Apartment, holte Pässe hervor, Schlüssel, Kleidungsstücke, Karten - alles, was er in einem Rucksack verstauen konnte. Er konnte es sich nicht leisten, sich zu belasten.
Während er hin und her lief, versuchte er, sich zu erinnern, wie viele Adressen Adam kannte. Drei, vielleicht vier? Alle außer einer in England. Was sonst wusste Adam? Kontaktpersonen, geheime Treffpunkte, alternative Namen. Gehen wir davon aus, dass »Sam« und »Luc« bekannt sind. Wie weit reicht Thors Einfluss — wird er auch Spione in der Passkontrolle haben? Oder bin ich der Einzige, der sich die Mühe gemacht hat, richtige Netzwerke aufzubauen? Wird er einfach die Walküren auf mich hetzen, oder ist das selbst für Thors kleinen Verstand zu schlicht?
Wie viele Adressen können sie bis jetzt überprüft haben? Eine ganze Menge , sagte er sich. Er schulterte sein Gepäck, schlug die Tür hinter sich zu und sauste die Stufen hinunter. »Mrs Dinken! Wenn jemand kommt und in meine Wohnung will, aus welchem Grund auch immer, lassen Sie keinen rein, ja? Oh - und haben Sie was zum Schreiben?«, fragte er noch, als er in seinen Taschen nichts fand, während sie vor ihm auf dem Flur stand und mit eifrigem Nicken ihre Zustimmung zu Worten bekundete, die ungesagt blieben. Sie watschelte zurück in ein Zimmer. Eine Ewigkeit später kam sie mit Papier und Stift wieder zum Vorschein. Sam kritzelte eine hastige Notiz, sprang die Stufen wieder hinauf und heftete sie an seine Tür.
»Mr Sam Linnfer ist zurzeit aus geschäftlichen Gründen in Oxford. Bitte wenden Sie sich an seinen Assistenten.« Er hatte keinen Assistenten, aber das war nicht der Punkt.
Auf der Straße starrten ihn aus jedem Auto Augen an, und der Himmel kam ihm voller Raben vor. Er versuchte, sich an das zu erinnern, was er über das Aufspüren von Verfolgern wusste. Achte auf Autos, suche nach Details, an denen du sie identifizieren kannst. Achte auf Gesichter in Autos. Achte auf Fußgänger, die zu viel Zeit damit verbringen, in dieselben Schaufenster zu schauen wie du. Erinnere dich, zu welchen anderen Kontaktpersonen Adam Zugang hatte, von welchen anderen er wusste.
Sam ging mit forschem Schritt die Straße hinab, vorbei an Bushaltestellen und endlosen Läden mit Sonderangeboten. Dieser Ort, anders als Holcombe, hatte alle Persönlichkeit verloren. Teenager drückten ihre Nasen gegen das Fenster von GAP, und Geschäftsleute tranken überteuerten Kaffee mit Fantasiebezeichnungen wie »Espresso grande« oder »Mocca Spezial«. Die Hauptstraße war ein einziger großer Supermarkt, durchschnitten von einem Fluss von Autos und Lastwagen, die aggressiv dem jeweiligen Ende der Straße zustrebten. Der Mann
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