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Lucifer - Traeger des Lichts

Titel: Lucifer - Traeger des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Webb
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hätte. Du hast sie ein Stück in das Netz eingeführt, für den Fall, dass sie einmal dessen Hilfe brauchen würde. Und weil sie eine Hintertür hat, hast du auch eine. Vielleicht warst du gar nicht so naiv.
    Der Fluss stand hoch, da Flut war, und die Spur einer Meeresbrise blies die Schwaden des Ufernebels fort; es war sogar möglich, den Lärm des Verkehrs zu überhören, der sich auf Westminster zubewegte. An einem kleinen Park neben einem der großen Hotels, die diesen Teil von London okkupierten, bog Sam ab und stieg zwischen riesigen Gebäuden voller Staatsbediensteter eine Treppe hinauf, wobei er zwei Stufen auf einmal nahm. Die Treppe endete in einer Seitenstraße, leer bis auf ein Postauto. Er ging jetzt schneller, da sein Ziel in Reichweite war, schlüpfte durch weitere kleine Straßen, wo das Sonnenlicht selten über die hohen Gebäude spitzte, bis der Straßenverkehr zu einem fernen Dröhnen abgeebbt war, weniger als eine Minute und doch eine Welt von dem Ort entfernt, an dem er sich befand.
    Das Haus, nach dem er suchte, hatte zwei Messingschilder neben der Tür. Auf einem stand zu lesen, dass im Erdgeschoss die Kanzlei Noble & Transton residierte, Anwälte der sehr Reichen und Trivialen, Betteln und Hausieren verboten. Ein sehr viel kleineres Schild, verwittert und an den Kanten grün angelaufen, wies die Wohnung von Mrs Annette Wilson aus.
    Er drückte die Klingel, und aus dem Lautsprecher drang eine kurz angebundene Stimme mit einem leichten französischen Akzent: »Ja, bitte?«
    »Ich bin's. Luc.«
    Ein langes Schweigen folgte. Luc versuchte, sich auszumalen, was sie jetzt wohl tat. Wahrscheinlich starrte sie im Schock auf die Sprechanlage, versuchte, sich zu überzeugen, dass ihre ertaubten Ohren nicht gehört hatten, was sie gehört hatte, rieb ihre verwelkten kleinen Hände aneinander und streckte ihren gebeugten Rücken, um den Türöffner zu drücken. Hatte sie nicht eine Haushälterin? Er erinnerte sich: ein Mädchen mit wässrigen Augen, das kaum ein Wort Englisch sprach und sich um Annette kümmerte, als wäre es eine Strafe für ihre Sünden in einem früheren Leben.
    Schließlich summte die Tür, und er drückte sie auf. Die Eingangshalle war marmorverkleidet und kalt. Er lief die Stufen hinauf, um nach der Februarkühle, die draußen herrschte, ein wenig Wärme in sein System zu kriegen. Eine schwere Tür mit Paneelen öffnete sich, und jene besagte Sünderin blickte auf ihn herab und fragte mit einem schweren Akzent: »Mr Luc?«
    Er nickte, und ohne ein weiteres Wort ließ sie ihn ein.
    Der Teppich war so dick, dass Sam das Gefühl hatte, von ihm verschluckt zu werden. Er hatte vergessen, was für einen Sinn für Luxus Annette hatte. Sie war keineswegs eine arme Frau - die französische Regierung hatte sie gut belohnt für ihre Tätigkeit in der Résistance, und sie hatte eine Sammlung reicher Ehemänner hinter sich gebracht, wie ein Kind seine Lieblingsbonbons auflutscht, eins nach dem anderen. Plastiken, seltsame Dinge aus verdrehtem Holz, schmückten die Winkel des Raumes, und Lampen mit gebogenen Stielen beleuchteten zahlreiche Gemälde, darunter einige von ihr. Als Künstlerin war Annette gut gewesen. Mindestens ein Regal war voller Bücher über ihre Lieblingsbeschäftigung - Weben. Arme Annette. Können deine Hände heutzutage überhaupt noch etwas halten?
    Und da war sie. Gekrümmt saß sie in einem großen Sessel voller Kissen. Selbst jetzt war in ihrem alten, runzligen Gesicht noch zu lesen, wie hübsch sie einst gewesen war. Ihre Augen, immer noch schrecklich hell vor Intelligenz, musterten ihn kritisch, als sie die Sünderin mit einer vagen Handbewegung aus dem Zimmer schickte. Schließlich ergriff sie das Wort.
    »Es ist wahr. Du wirst nicht älter, stimmt's? Warum kannst du nicht alt werden, Luc? Warum konntest du nicht sein wie meine Ehemänner? Sobald ich sie geheiratet hatte, vergaß ich warum, weil sie plötzlich alt und leblos waren. Warum konntest du nicht sein wie sie?«
    »Wie geht es dir?«, fragte er, hockte sich zu ihren Füßen nieder und nahm ihre Hand, ihre kalte, schlaffe Hand. Sie lächelte zufrieden bei seiner Berührung.
    »Du wirst nie alt«, murmelte sie müde. »Wie viele Herzen hast du gebrochen, weil du nicht sterben wolltest wie der Rest von uns?«
    »Ich brauche Hilfe. Ich muss Verbindung mit ein paar alten Freunden aufnehmen. Sehr alten Freunden. Ich weiß, wir haben das Netzwerk stillgelegt, als der Krieg vorbei war, aber ich brauche nun wieder

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