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Lucifer - Traeger des Lichts

Titel: Lucifer - Traeger des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Webb
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in dem kleinen roten Kabriolett hatte seine Stereoanlage voll aufgedreht, um die klassische Musik der Familie in dem großen grünen Volvo - eine Ehefrau mit geblümtem Seidenschal, ein Vater mit Krawatte und zwei herausgeputzte Kinder mit mürrischem Gesichtsausdruck, die vielleicht einmal Anwälte oder Richter werden würden - zu übertönen.
    Thor glaubt, ich hätte Freya getötet. Oder vielleicht auch nicht; vielleicht benutzt er das nur als Vorwand, um mit mir ein Hühnchen zu rupfen. Er hasst mich. Warum? Ich habe ihm nie etwas getan.
    Es gibt auch keine Beweise gegen mich. Sie haben nichts in der Hand.
    Die unvermeidliche Gegenstimme meldete sich. Thor will nichts beweisen. Er will nur ein Geständnis aus allem herausprügeln, was sich bewegt, und ich habe mich schon zu lange bewegt.
    Er hatte sein erstes Ziel erreicht. Eine Seitenstraße mit einem Gewirr von Marktständen aus Metallgestellen und Plastikplanen, dahinter Imbissstuben, Do-it-Yourself-Shops und Blumenläden, die echte Plastikblumen verkauften, für ein Pfund das Stück. Diese von Abfall gesäumte Gasse voller Lärm und Farben hatte Charme, wenn auch von der zwielichtigen Art, auf der Schattenseite des Gesetzes, mit zweifelhaften Uhren und DVDs mit seltsamen Covern, die irgendwie zur gleichen Zeit wie die Filme selbst auf den Markt gekommen waren.
    Hier kaufte Sam einen billigen grünen Anorak und eine Baseballkappe, mit der Überlegung, dass wohl keiner von ihm erwarten würde, solche Sachen zu tragen. Er hatte einen gewissen Stil und genug Geschmack, um sich nicht zu kleiden wie ein Trainspotter. Hi, ich bin der Fürst der Finsternis, ist das wirklich ´ne Castles-Class-Lok von 1923? Wow, lassen Se mich mal die Seriennummer sehn! Er bahnte sich seinen Weg zurück zur Hauptstraße und nahm den erstbesten Bus, den er finden konnte. Er hatte ein bestimmtes Ziel vor Augen, aber die Absicht, sich viel Zeit zu nehmen, um dorthin zu gelangen.
    Der Bus fuhr die Caledonian Road entlang mit ihren schäbigen Apartmentblocks, heruntergekommenen Reihenhäusern, Tierläden, ihrem Hallenbad und Gefängnis. Aber auch hier gab es so etwas wie Leben. Ein paar Häuserblocks nach Osten lagen grüne Parks und private Gärten und luxuriös sanierte Häuser, in denen sich Bankiers, Steuerberater und Politiker einträchtig in bürgerlicher Eleganz zu übertreffen suchten.
    Keiner von ihnen sagte, dass sie nahe der Caledonian Road wohnten; sie waren aus Islington. Ihre Kinder hatten adrette Frisuren und spielten mit sauberem, neuem Spielzeug. Die Straßen, in denen sie lebten, waren zugeparkt mit Mittelklassewagen, mit denen sie zur Schule gebracht wurden. Und dies keine halbe Meile von den elenden Straßen um das Pentonville-Gefängnis entfernt. Es war, als ob Gott in all seiner Weisheit genau auf dem Mittelstreifen der Straße eine soziale Grenze gezogen hätte, über die hinweg sich der örtliche Pub und die neue Weinstube gegenseitig belauerten und die nur die Tollkühnen zu übertreten wagten.
    Bei Kings Cross wechselte Sam den Bus. Der Bahnhof war ein schmuddeliges Gebäude, das durch eine Plaza voller Fast-Food-Läden und Hinweistafeln, welcher Zug heute wieder Verspätung hatte, noch schäbiger wirkte.
    In Schrittgeschwindigkeit ging es mit dem nächsten Bus die Euston Road hinab. Von dort bog die Route ab zum Tavistock Square und einem Gebiet von Hotels, Büros und unterirdischen Parkhäusern. Am Russell Square gab es Schatten von hohen Bäumen und Universitätsgebäuden, deren Seminarräume sich bis in die hohen georgianischen Reihenhäuser ausgebreitet hatten. Sam sprang an einer Ampel ab und ging zu Fuß bis Holborn, von wo ein dritter Bus ihn bis zum Fluss brachte. Während er das Embankment entlang ging, nahm er sich viel Zeit. Er war immer noch auf der Hut vor Verfolgern, ob magischer oder irdischer Natur, auch wenn er sich inzwischen ziemlich sicher war, dass es keine gab.
    Außerdem musste er sich Gedanken darüber machen, was er sagen sollte. »Hi, du warst mal Spion und hattest Zugang zu einem Netzwerk, das ich brauche. Wo ist es?«
    Die Antwort lag auf der Hand: »Aber das ist sechzig Jahre her, und du warst es, der beschlossen hat, das Mondgespinst-Netzwerk stillzulegen.«
    Warum hatte er das getan? Hatte er sich selbst überzeugen wollen, dass er es nicht mehr brauchte und ein nettes friedlichen Leben ohne seine Hilfe fuhren konnte? Ein übereilter Entschluss, gelinde gesagt.
    Jedoch nicht so übereilt, als dass er jede Tür hinter sich zugeworfen

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