Lucifer - Traeger des Lichts
heute noch am Leben wäre, wenn er mein Feind gewesen wäre und nicht du, hätte ich dich wahrscheinlich eingeladen, dich unserer Sache anzuschließen.«
»Oh, wie schön. Und danke, meinem Rücken geht es gut.«
Seths Augen glühten. »Ich wollte dich tot sehen. Aber Jehova hat diesen Narren Michael damit beauftragt. Er hätte daran denken sollen, dass Erzengel keine Erzengel töten, nicht einmal gefallene.«
»Und was bezweckt ihr mit eurer >Sache«
»Sie wird uns frei machen.«
»Ich fühl mich frei genug.«
»Dann hast du nie französische Philosophie studiert. Nirgendwo sonst findest du so Tiefschürfendes über die Isoliertheit des Seins und die Gefangenschaft der Seele.«
»Ich ziehe den guten alten Skeptizismus vor.«
»Hat er dich dahin gebracht, wo du heute stehst?«
»Das war dein Verdienst.«
»Unsinn! Ich habe nur nachgeholfen, in den letzten paar Wochen. Es war Vater, der dich so weit gebracht hat.«
»Ich habe nichts mit ihm gemein«, sagte Sam kalt.
»Aber du bist ein Teil von ihm. Er ist ein Teil von dir. Enger kommt man nicht zusammen.«
»Das gilt für dich genauso wie für mich. Dennoch widersetzt du dich ihm.«
Spott und Verachtung funkelten in Seths Augen. »Das sagst ausgerechnet du, Lucifer? Hast du nicht dein ganzes Leben lang versucht, dich Vater zu widersetzen. Dich seinem Griff zu entwinden, seine Pläne zu vereiteln, etwas zu sein, was du nach seinem Willen nicht sein sollst? Dein ganzes Leben war ein einziger Alleingang. Ich gehe da einfach nur einen Schritt weiter.«
»Wie? Was genau gedenkst du zu tun? Sag's mir!«
»Warum sollte ich? Du hast Freunde, die schöne, starke Schilde konstruieren können und das Spiel kennen, das unsere geliebte Schwester Freya endlich aufgehört hat zu spielen. Man hat dich gejagt, auf dich geschossen, dich zusammengeschlagen, man hat dich zu jeder Musik tanzen lassen außer deiner eigenen - finde es doch selbst heraus! Oder erwartest du ernsthaft, dass ich meinem größten Feind reinen Wein einschenke?«
»Ich habe dir nie etwas getan. Ich habe mich erst eingemischt, als du meine Schwester umgebracht hast.«
Seth blieb ungerührt. »Du würdest mich auf jeden Fall bekämpfen. Chronos wird dich dazu zwingen. Du wirst, fürchte ich, an einer Überdosis sterben. Von Zeit, meine ich.« Er runzelte die Stirn, dann lachte er. »Entschuldige«, sagte er. »Es amüsiert mich, dass ich, ein Sohn der Nacht, der diese ganze Sache geleitet hat, von Freyas Tod an, mit der einen Waffe rede, die mich daran hindern könnte, Freiheit zu erlangen.«
Eine Waffe. Keine Person. »Welche Freiheit?«
»Freiheit von unserem Vater, natürlich. Freiheit von der Zeit. Siehst du, Lucifer, du denkst nur in vier Dimensionen. Das war immer dein Problem. Einfach ein bisschen zu pragmatisch, ein bisschen zu sehr hier-und-jetzt. Vater Zeit mag das Leben sein. Aber er ist auch der Tod.«
»Du kannst dich seiner Macht nicht widersetzen.«
»Du hast es getan. Du solltest der Träger des Lichts sein, Baldurs glorreicher Nachfolger. Aber du hast auf seinen Thron gespuckt und ihm getrotzt, er solle dich doch zwingen, das Licht freizusetzen. Du hast gesagt, du würdest nicht sein Diener sein. Eine riskante Politik, wenn du mich fragst.«
»Glaub mir, ich habe dafür bezahlt Auf die Erde verbannt,
für Tausende von Jahren, noch bevor die Zahnpasta erfunden wurde. Und aufgrund meiner Unbotmäßigkeit hat Vater seinen anderen Kindern nicht Einhalt geboten, als sie mich verbannten, nachdem ich das Eden-Projekt verhindert hatte.«
Seth sagte nichts. Als er dann wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme ernst, beinahe besorgt: »Schließ dich mir an.«
»Nein.« Sam kämpfte den Impuls nieder, diesen heiligen Ort zu entweihen und Seth ins Gesicht zu schlagen. »Du hast Freya getötet.« Sein Gesicht war gerötet vor Zorn und Bitterkeit.
»Was kümmert es dich? Für dich ist sie doch gewiss nur etwas, was du nicht berühren kannst, aus einer Welt, die hinter dir liegt. Was hat sie dir bedeutet?« Seths Ton war leicht, aber er beobachtete Sam genau. Sams Züge waren erstarrt.
»Ich verstehe«, murmelte Seth. »Das ist es. Was hat Freya dir bedeutet? Was würdest du zu ihrem Angedenken tun, jetzt da sie tot ist? Ist es das, wofür du kämpfst?« Er senkte die Stimme, doch der Triumph darin war nicht zu überhören. »Aber sie hat dich verlassen. Sie ging zu Thor. Du hast ihr nichts bedeutet. Hör auf mit diesem unsinnigen Spiel, Lucifer. Nicht einmal du bist mächtig
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