Lucifer - Traeger des Lichts
genug, um gegen uns zu gewinnen.«
»Ich habe sie geliebt.« Sam sagte es ebenso um seiner selbst willen wie aus irgendwelchen anderen Gründen. »Aber ich sehe jetzt« - er warf einen scharfen Blick auf Seth — »dass jemanden wirklich zu lieben seltener ist, als selbst mir klar war.«
Seth beachtete ihn nicht. Er machte einen Schritt auf Sam zu, der instinktiv zurückwich. »Warum setzt du das Licht nicht frei, jetzt? Baldur würde dir vergeben. Du bist sein Erbe, praktisch sein Sohn, wenn auch nicht von seinem Blut. Also lies meinen Geist und dann zerstöre ihn. Das ist es doch, was du wirklich willst, nicht wahr?« Sein Lächeln war unerschütterlich. »Komm. Kämpfe. Du hast immer gekämpft, warum nicht jetzt?«
Sam sagte nichts.
»Ah.« Seths Lächeln wurde breiter. »Aber du kämpfst bereits, nicht wahr?«
Sams Augen blitzten, aber er zeigte immer noch keine Reaktion.
»Nur bin ich es nicht, gegen den du kämpfst«, flüsterte Seth. »Du kämpfst gegen Chronos. Du glaubst, er will, dass du mich vernichtest. Und darum tust du es nicht. Du kämpfst gegen das Unvermeidliche. Aber du wirst diesen Kampf verlieren. In Wahrheit hast du immer verloren. Wie Freya.« Sams Hände, die schlaff an seinen Seiten hingen, ballten sich zu Fäusten. »Weißt du«, hauchte Seth, »es war Jehova, der sie getötet hat. Natürlich hat er erst seinen Spaß mit ihr gehabt. Na, wie findest du das?«
Warte, bis wir uns zu einer anderen Zeit begegnen, an einem anderen Ort...
Der Ausdruck in Sams Gesicht entging Seth nicht. »Wie wäre es mit Gift? Viel effizienter. Oder mit dem Licht? Verbrenn mich zu Asche, spüre, wie dein Geist in ein Meer von tausend anderen Geistern hineingezogen wird, vergiss deinen Namen, vergiss deine Sorgen, vergiss...«
Sams Hand zuckte hoch, und der silberne Dolch lag darin. Die Spitze kam einen Fingerbreit vor Seths Gesicht zum Halten. Seths eigener Dolch war ebenfalls gezückt, zielte auf Sams Unterleib. Das Wasser um Baldurs Sarkophag erzitterte in konzentrischen Kreisen. Funken knisterten in der Luft um ihre Waffen. Keiner konnte seine Hand auch nur einen Millimeter weiterbewegen.
»Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort.« Sam sprach
es laut aus. Er lächelte grimmig. »Außerdem gibt es da noch Dinge, die ich wissen muss.«
Sie behielten einander im Auge, als beide Dolche verschwanden. »Woher willst du dein Wissen bekommen?«, fragte Seth. »Es ist niemand mehr übrig.«
»Doch, da gibt es noch jemanden.« Freyas Tagebuch. Gail. Erinnerst du dich an mich, Freya? Ich bin der, der durch die Welt zieht um die Kämpfe anderer Leute auszutragen. Vermisst du mich, Freya? Ich bin netter, als ich aussehe.
»Aber vielleicht bin ich eher da als du«, sagte Seth. »Und ich fürchte, wenn du dich aus dieser Sache nicht schleunigst heraushältst, wirst du nie wieder irgendetwas erfahren.«
»Nein. Du irrst dich«, sagte Sam. »Du solltest wissen, dass ein Mann, der nichts zu verlieren hat, zehnmal härter kämpft. Ihr legitimen Kinder der Zeit habt das wahre Ausmaß meiner Macht nie wirklich gekannt oder verstanden. Magie wurde nie zu einer offiziellen Königin des Himmels gekrönt, weil die anderen Königinnen sie fürchteten; sie war eine von jenen Mächten, welche der Zukunft die Stirn bieten konnten, indem sie die unwahrscheinlichste, die winzigkleinste Möglichkeit zum Leben erweckte. Wunder waren immer ein unvorhersehbarer Faktor, der sich über alle Planungen und Prophezeiungen hinwegsetzt - das ist der Grund, weshalb man meiner Mutter nicht die Ehre erwies. Und das ist es, warum du mich furchtest!«
Diesmal war von Seths glatter Art nichts mehr zu sehen. Seine Augen brannten, doch sein Gesicht war so ausdruckslos wie ein Visier.
»Vergiss eines nicht: Ich bin derjenige, der als Gott der Zerstörung verehrt wird.« Er wandte sich ab, bevor Sam etwas erwidern konnte, und schritt zur Tür. Doch ehe er sie erreicht hatte, hielt er noch einmal inne und drehte sich um wie ein Schauspieler, der die Bühne verlässt. »Als Träger des Lichts, der allein kämpft, magst du interessant sein. Aber mehr auch nicht.«
Er verschwand in der Dunkelheit, und Sam starrte ihm nach in die Leere.
Du hast ihr nichts bedeutet.
»Sebastian?«
In der Sekunde, als er sie sprechen hörte, wusste er, was sie sagen würde. »Sebastian« hatte ihm alles gesagt.
»Lucifer. Ich heiße Lucifer«, antwortete er ruhig, auch wenn er wusste, dass es vergebens war. »Nenn mich bei meinem richtigen Namen, bitte.«
Er
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