Lucifers Lady
Ruhe finden.
Sie legte die Papiere dorthin zurück, wo sie sie gefunden hatte. Wenn es falsche Papiere gab, die die Schuld ihres Vaters bewiesen, musste es auch welche geben, aus denen seine Unschuld hervorging. Lucian hatte gesagt, er wollte sie ihr zeigen, wenn er sie zu ihrem Vater zurückschickte. Das bewies, dass sie existierten. Aber wo sollte er die Unterlagen verstecken?
Bei einer hastigen Durchsicht der anderen Schubladen stellte sie fest, dass sie dort nicht lagen. Sie sah sich um. Wo dann? Wo würde sie wichtige Papiere verstecken, die niemand finden sollte?
Falsch, dachte sie dann. Wo würde Captain Lucifer Papiere verstecken, die niemand finden sollte?
Das Zimmer war voller Verstecke. Wohin Catherines Blick auch traf, überall hätte sie gern nachgesehen. Bücherregale, Kisten aus Bambus oder hellrotem Lack und Kommoden mit Schlössern, wo um alles in der Welt sollte sie anfangen?
„Suchen Sie etwas?“
Catherine fuhr zusammen, erschreckt durch Zeenas Stimme. Sie war erleichtert, dass es nicht Lucian war, der sie beim Stöbern in seinem Arbeitszimmer ertappt hatte, obwohl Zeenas Entdeckung ebenfalls ein Problem werden könnte.
Rasch fiel ihr eine vernünftige Antwort ein. „Ich suchte etwas zum Lesen. Etwas Unterhaltsames.“
Zeena zog die Brauen hoch. „Sie können lesen?“
Catherine lächelte. „Ja, in meiner Heimat können alle Frauen meines Standes lesen.“
„Das ist ein bemerkenswerter Fortschritt“, sagte Zeena. „Die Frauen hier können das nicht.“
Catherine spürte, dass die andere ihr nicht glaubte, und warf daher von deren Forderung nicht überrascht.
„Beweisen Sie es mir.“ Zeena ging zu einem Regal und ließ die Hand über eine Reihe von Büchern gleiten. Dann zog sie einen schmalen Band heraus und reichte ihn Catherine.
Sie nahm das Buch, schlug es auf und schüttelte den Kopf. „Das ist Latein. Latein kann ich nicht lesen.“
Zeena lächelte boshaft.
Catherine achtete nicht darauf. Sie stellte das Buch an seinen Platz zurück und suchte ein anderes aus. Dann zog sie es hervor, schlug es auf und begann: „Im Jahre des Herrn . ..“ Zeena sah sie staunend an, während sie den Abschnitt zu Ende las. „Ich habe nie eine Frau lesen sehen“, gab sie zu, als Catherine geendet hatte.
„Mein Vater hat es mich gelehrt.“ Sie fühlte etwas wie Bedauern. Sie hatte ihren Vater enttäuscht. Sie hatte sich in einen Mann verliebt, der ihn verachtete, und sie hatte dem Mann eine gefährliche Waffe in die Hand gespielt, die ihm half, ihren Vater zu vernichten.
„Ihr Vater muss ein besonderer Mann sein, wenn er Ihnen solchen Reichtum bietet.“
Es machte Catherine stolz, dass Zeena so schnell die Qualitäten des Marquis erkannte. „Er war für mich immer etwas Besonderes. Er ermutigte mich zu lernen und half mir, als ich dachte, ich würde es nicht schaffen.“
„Nur wenige Männer haben Geduld mit Frauen. Sie halten uns für einfältige Geschöpfe, deren einzige Aufgabe darin liegt, ihnen zu gefallen und ihnen Kinder zu gebären.“
„Unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Heirat und Mutterschaft.“
„Lenken und Erziehen“, korrigierte Zeena sie mit einem Lächeln. „Kluge Frauen wie wir sind zu überlegen, um uns mit Heirat und Mutterschaft zu begnügen. Wir nehmen unsere Lebensaufgaben ernst und nutzen unsere Weisheit, um unsere Männer zu lenken und unsere Kinder zu erziehen. Keine leichten Aufgaben, aber sie sind es wert.“
Die Vorstellung, dass Zeena sie als weise betrachtete, erstaunte Catherine, und sie brachte das auch zum Ausdruck. „Ich habe mich nie als weise angesehen.“
Zeena zuckte die Achseln. „Die meisten Frauen erkennen nicht ihren eigenen Wert. Sie haben für einen so jungen Menschen viel erreicht. Ihre Weisheit wird mit Ihnen wachsen. Sie sind dazu bestimmt, eine sehr weise Frau zu werden.“
Catherine seufzte. „Ich könnte ein wenig von dieser Weisheit jetzt gebrauchen.“
„Verbergen Sie sich nicht vor der Wahrheit, sehen Sie ihr ins Gesicht“, mahnte Zeena.
„Wie erkenne ich die Wahrheit?“
„Ihr Herz wird sie erkennen.“
„Es ist nicht mein Herz, an dem ich zweifle“, sagte Catherine und schüttelte traurig den Kopf.
Zeena nickte wissend. „Manche Herzen müssen heilen, ehe sie wieder lieben und vertrauen können.“
„Und wenn ein Herz verbittert und vernarbt bleibt?“
„Dann war es keine wahre Liebe. Vergessen Sie nicht, suchen Sie die Wahrheit. Suchen Sie immer nach der Wahrheit . . . für ihn genauso wie
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