Lucky - Nur eine Frage der Zeit
einbricht und die Frauen zu Hause überfällt”, erwiderte Tasha. “Ich bin mit dem Fahrrad unterwegs. Wo siehst du da den Zusammenhang?”
Syd konnte nicht länger an sich halten. “Tatsächlich”, mischte sie sich ein, “neigen Serienvergewaltiger dazu, nach Opfern zu suchen. Das heißt, sie fahren durch die Gegend und halten Ausschau nach einem möglichen Opfer – einer Frau, die allein und wahrscheinlich wehrlos ist – und folgen ihm nach Hause. Es kann durchaus passieren, dass sie einem einmal ausgewählten Opfer mehrere Tage oder Wochen nachspionieren, um herauszufinden, wann und wo es am verwundbarsten ist. Dass alle bisher bekannten Überfälle in den Wohnungen der vergewaltigten Frauen stattfanden, bedeutet noch lange nicht, dass er sein nächstes Opfer nicht irgendwo ins Gebüsch zerrt.”
“Vielen Dank, Stimme der Vernunft”, sagte der junge Mann und warf Tasha einen ernsten Blick zu. “Hast du das gehört, du kleine Wilde? Onkel Luckys Freundin hier klingt, als wüsste sie, wovon sie redet.”
Onkel Luckys Freundin …? “Oh”, warf Syd ein. “Nein, ich bin nicht seine …”
“Und? Was soll ich jetzt tun?” Das Mädchen reagierte gereizt und empört. “Soll ich etwa den ganzen Tag zu Hause rumhängen?”
Tasha und ihr Freund hatten ihren Streit wieder aufgenommen, funkelten einander zornig an und hatten kein Ohr mehr für Syds Protest.
Luke dagegen räusperte sich. Syd wagte es nicht, ihn anzuschauen.
“Ja”, beantwortete der junge Mann Tashas Frage heftig und ohne jedes Zögern. “Bis diese Geschichte vorbei ist, ja! Bleib zu Hause! ”
Sie schaute ihn ungläubig an. “Aber, Thomas …”
“Wie oft in all den Jahren, in denen wir nun schon Freunde sind, habe ich dich jemals um einen Gefallen gebeten, Prinzessin?”, fragte Thomas. Er sprach jetzt leise, aber mit großem Nachdruck. “Jetzt bitte ich dich um einen Gefallen.”
Plötzlich schossen Tasha Tränen in die Augen, und sie versuchte sie hastig wegzublinzeln. “Ich musste dich einfach sehen. Nachdem ich von diesem Tauchunfall gehört habe …”
Sein Gesichtsausdruck wurde ein wenig weicher. “Es geht mir gut, Kleines.”
“Das sehe ich”, gab sie zurück. “ Jetzt. ”
Syd wandte sich ab, als ihr bewusst wurde, dass sie die beiden beobachtete. Hoffentlich sah man ihr nicht an, wie sehr es sie interessierte, in welcher Beziehung die beiden zueinander stehen mochten. Thomas musste etwa Mitte zwanzig sein, Tasha war noch ein Teenager. Er hatte erwähnt, dass sie Freunde waren, aber man brauchte keine große Intelligenz, um zu erkennen, dass das Mädchen sehr viel mehr für den jungen Mann empfand. Allerdings gab er sich Mühe, sie nicht zu berühren, nur von Freundschaft zu sprechen und Abstand zu wahren.
“Was hältst du davon, wenn ich dich anrufe”, schlug er freundlich vor. “Dreimal die Woche, jeweils ein paar Minuten vor neun Uhr abends? Ich melde mich und lasse dich wissen, was ich treibe. Meinst du, das könnte funktionieren?”
Tasha kaute an ihrer Unterlippe. “Sagen wir fünfmal die Woche, und ich bin einverstanden.”
“Ich versuche es viermal”, erwiderte er, “aber …”
Sie schüttelte den Kopf. “ Fünf Mal.”
Er musterte sie, die vor der Brust verschränkten Arme, das trotzig vorgereckte Kinn und nahm dieselbe Haltung an. “ Vier Mal. Aber ich habe nicht jeden Abend frei, weißt du. Deshalb kann es in manchen Wochen auch nur dreimal werden. Dafür besuche ich dich, wenn ich am Wochenende Ausgang bekomme. Einverstanden? Im Gegenzug musst du mir versprochen, allein nirgendwohin zu gehen, solange dieser Kerl nicht gefasst ist.”
Sie gab nach, nickte zustimmend und schaute zu ihm auf, als müsste sie sich jeden seiner Gesichtszüge einprägen.
“Sag es”, forderte er.
“Ich verspreche es.”
“Ich verspreche es auch”, gab er zurück und warf einen Blick auf seine Uhr. “Verdammt, ich muss zurück zu den anderen.”
Er drehte sich um und schaute Luke und Syd an, als würde er sie jetzt erst wahrnehmen. “Hey, Onkel Lucky. Fahr Tasha nach Hause.”
Das war ohne jeden Zweifel ein direkter Befehl. Luke salutierte. “Ja, Sir, Ensign King, Sir.”
Die harten Züge des Jungen entspannten sich zu einem Lächeln, und er sah zum ersten Mal so jung aus, wie er war. “Tut mir leid, Lieutenant”, sagte er. “Ich meine natürlich: Bitte fahren Sie Tasha nach Hause, Sir. Es ist im Moment viel zu gefährlich für ein junges Mädchen, allein durch die Gegend zu radeln.”
Luke
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