Lucky - Nur eine Frage der Zeit
Befehl gebe, dann sagen Sie: ‘Ja, Sir.’“
“Ja, Sir.”
Er lächelte. “Wir haben also eine Abmachung?”
“Ja, Sir.”
“Sie müssen offensichtlich noch den Unterschied zwischen einer Frage und einem Befehl lernen.”
Syd schüttelte den Kopf. “Nein, muss ich nicht.”
“Okay”, fragte Syd, “bei zehn gegen einen – würden Sie kämpfen oder fliehen?”
“Kämpfen, eindeutig kämpfen.” Petty Officer Rio Rosetti sprach mit Brooklyn-Akzent, mal mehr, mal weniger, je nachdem, mit wem er sich unterhielt. Gerade jetzt war sein Akzent sehr ausgeprägt – wie immer, wenn er mit Syd zusammen war. Dann gab er gern den harten Kerl.
Lucky stand vor seinem provisorischen Büro und lauschte dem Gespräch. Jetzt mischte Lieutenant Michael Lee sich ein: “Hängt ganz davon ab, wer diese zehn Leute sind”, sinnierte er. “Und was sie bei sich tragen. Bei zehn japanischen Elite-Nahkämpfern würde ich mich womöglich auf eine andere Regel besinnen und Fersengeld geben: Überlebe, um an einem anderen Tag zu kämpfen.”
“Was mich interessieren würde”, warf die volltönende Stimme von Ensign Thomas King ein, “wäre: Was tue ich in einer solchen Situation ohne mein SEAL-Team?”
Syd passte hervorragend in die Gruppe. In den letzten beiden Tagen hatten sie, Lucky und Bobby rund um die Uhr gearbeitet, um etwas zu entdecken, was der Polizei vielleicht entgangen war. Syd arbeitete mit den Informationen, die sie über die Opfer hatten. Bobby und Lucky ackerten sich durch Stapel von Personalakten und suchten nach Hinweisen, dass einer der derzeit in Coronado stationierten Offiziere oder Mannschaftsgrade irgendetwas mit Sexualverbrechen zu tun hatte.
Admiral Stonegates handverlesenes Trio von SEAL-Anwärtern half in seiner Freizeit. Sie waren ein eingeschworenes Team aus guten, verlässlichen Männern, obwohl sie von Stonegate abkommandiert waren.
Nach nur zwei Tagen hatte Syd sich mit allen dreien angefreundet, ebenso mit Bobby.
Sie lachte, sie lächelte, sie machte Witze, sie fluchte auf die Computer. Nur Lucky gegenüber verhielt sie sich sehr korrekt und reserviert. Da kam nur ein “Ja, Sir” oder “Nein, Sir” und ein viel zu höfliches, leicht gezwungenes Lächeln, sogar wenn sie nachts um eins immer noch arbeiteten, allein …
Lucky hatte es geschafft, ein Waffenstillstandsabkommen mit ihr zu schließen. Sie verstanden sich gut, aber er hätte es viel lieber gesehen, wenn sein Plan, sie mittels Liebe im Sturm zu erobern, funktioniert hätte. Natürlich hätte das später zu erheblichen Problemen geführt. Aber vorerst hätte ihm das deutlich mehr Spaß gemacht.
Zumal er nach wie vor an nichts anderes denken konnte als an jenen Kuss.
“Und noch eine Was-wäre-wenn-Frage”, hörte er Syd sagen. “Sie sind eine Frau …”
“Waas?”, johlte Rio. “Ich dachte, Sie wollten was über SEALs erfahren?”
“Diese Frage hat mit unserem Auftrag zu tun”, erklärte Syd. “Lassen Sie mich einfach ausreden. Sie sind eine Frau. Sie drehen sich um und entdecken mitten in der Nacht einen Mann, der sich einen Nylonstrumpf übers Gesicht gezogen hat, in Ihrer Wohnung.”
“Ich sage ihm: ‘Nein, mein Schatz, diese Farbe passt einfach nicht zu deiner Kleidung.’“ Rio lachte über seinen Witz.
“Soll ich ihn töten oder knebeln?”, fragte Thomas King.
“Rosetti, ich meine das absolut ernst”, sagte Syd. “Genau das ist elf Frauen passiert. Das ist kein bisschen lustig. Vielleicht verstehen Sie das nicht, weil sie eben keine Frau sind, aber ich persönlich finde den Gedanken zutiefst beängstigend. Ich habe diesen Kerl gesehen. Er war groß, ungefähr so wie Thomas.”
“Fliehen”, antwortete Mike Lee.
“Und wenn das nicht geht?”, fragte Syd zurück. “Wenn Sie nirgendwohin laufen können? Wenn ein Vergewaltiger Sie in Ihrer eigenen Wohnung festhält? Wehren Sie sich? Oder fügen Sie sich?”
Schweigen.
Sich fügen. Allein der Gedanke war schon zu viel für Lucky. Er betrat den Raum. “Natürlich würde ich mich wehren”, erklärte er. “Etwas anderes, als sich zu wehren, kommt doch überhaupt nicht infrage.”
Die drei anderen Männer nickten. Rio nahm hastig die Füße vom Tisch und setzte sich gerade hin.
Syd schaute zu Lucky auf. Ein Schatten huschte über ihre Augen.
“Aber wir sind keine Frauen”, stellte Rio in plötzlicher Erkenntnis fest. “Wir sind nicht einmal mehr Männer.”
“Nun mal langsam! Sprich nur für dich”, entgegnete Thomas.
“Ich meine,
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